EU-ParlamentIn der EU soll es ein Recht auf Reparaturen geben

EU-Parlament / In der EU soll es ein Recht auf Reparaturen geben
Sogenannte Repaircafés, wie sie auch in Luxemburg organisiert werden, sollen unterstützt werden Foto: Editpress-Archiv/André Feller

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Mit großer Mehrheit haben sich die Abgeordneten im Europäischen Parlament (EP) am Dienstag (21.11.) für ein Recht auf Reparaturen ausgesprochen. Damit sollen nicht nur Ressourcen geschont, sondern auch Müllberge abgebaut werden.

Die Zahlen sind erschreckend: Nach Angaben der EU-Kommission fallen in der EU jährlich 35 Millionen Tonnen Abfall mit Produkten an, die weiterhin gebrauchsfähig wären, würde man sie reparieren. Da die weggeworfenen Waren ersetzt würden, entstünden den Verbrauchern Mehrkosten in Höhe von 12 Milliarden Euro jährlich, so weitere Angaben der EU-Kommission. Dem soll mit dem gestern im EP verabschiedeten Gesetz entgegengewirkt werden.

Für eine Reihe von Gebrauchsgegenständen wie Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke, Staubsauger und andere mehr sollen künftig auch nach Ablauf der Garantiezeit Reparaturen möglich sein, wenn es die Verbraucher verlangen. Die EP-Abgeordneten setzten ebenfalls Mobiltelefone, Tablets und Fahrräder auf die Liste, wie der Berichterstatter im EP, der deutsche S&D-Abgeordnete René Repasi, gestern erklärte. Die Liste an Produkten dürfte künftig noch weiter anwachsen, denn wie der EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius gestern während der Debatte erklärte, müssten die Waren auch „reparaturfähig“ sein. Diese Anforderungen würden über eine entsprechende Richtlinie geregelt. Die sogenannte Ökodesign-Richtlinie sieht nicht nur vor, dass Produkte künftig umweltfreundlicher und energieeffizienter, sondern auch leichter zu reparieren sein sollen.

Die EU-Parlamentarier haben den im März von der EU-Kommission vorgelegten Gesetzesvorschlag in einigen Punkten ausgeweitet. So soll für reparierte Produkte eine weitere Ein-Jahr-Garantie eingeführt werden. Wenn eine Reparatur zu lange Zeit in Anspruch nimmt, soll ein Ersatzprodukt angeboten werden. Zudem sollen die Verbraucher die Möglichkeit erhalten, sich direkt an den Hersteller zu wenden, wenn sie eine Reparatur verlangen, so der Berichterstatter weiter. Denn die Verkäufer können oft nicht reparieren oder verfügen nicht über ein Reparatur-Netzwerk.

Dahingehend soll es jedoch Anreize geben. Sogenannte Repaircafés und unabhängige Werkstätten sollen unterstützt werden. So soll etwa der Zugang zu kostengünstigen Ersatzteilen, aber auch zu Informationen über die Produkte und spezielles Werkzeug vereinfacht werden. Im Bereich von Elektronikgeräten wie Smartphones oder Tablets etwa sollen Werkstätten Zugang zur Software erhalten, damit sie Reparaturen an diesen Geräten durchführen können, forderte die schwedische EVP-Abgeordnete Arba Kokalari. René Repasi seinerseits kritisierte vor allem die „exzessiven Preise für Ersatzteile“, die oft vor einer Reparatur eines Produktes abschrecken. Marktbehörden sollten eingreifen können, wenn zu hohe Preise für Ersatzteile gefragt werden, so der S&D-Abgeordnete, der „realistische Preise“ einforderte.

Reparaturgutscheine für die Ärmsten

Viele Menschen seien angesichts eines defekten Geräts oft vor die Wahl gestellt, entweder reparieren oder gar nichts. Deshalb fordern die EP-Abgeordneten, dass die Mitgliedstaaten Reparaturen auch für die Ärmsten in der Gesellschaft erschwinglich machen müssten. Das sollte etwa über Reparaturgutscheine erfolgen, wie es sie bereits in einigen EU-Staaten gebe, wie der Berichterstatter erklärte.

René Repasi sagte, es gehe darum, das Verhalten der Verbraucher zu ändern und einen „Wechsel von der Wegwerfgesellschaft zur Reparaturgesellschaft“ zu vollziehen. In diesem Zusammenhang wurde während der Debatte auf eine Erhebung der EU-Kommission verwiesen, laut der 77 Prozent der EU-Verbraucher ihre Waren lieber reparieren lassen würden, als sie durch ein neues Produkt zu ersetzen.

590 EP-Abgeordnete stimmten gestern dem Standpunkt des Parlaments zu, jeweils 15 stimmten dagegen oder enthielten sich. „Diese Abstimmung sendet eine klare Botschaft an die Mitgliedstaaten, dass wir nicht weniger Recht auf Reparieren, sondern mehr Recht auf Reparieren wollen“, sagte René Repasi im Anschluss. Noch am Mittwoch wollen die EU-Staaten ihre Position zum Recht auf Reparaturen festlegen. Am 7. Dezember sollen EP, der Rat und die EU-Kommission im sogenannten Trilog mit den Verhandlungen über den definitiven Gesetzestext beginnen. Ziel ist es, noch vor Ablauf der Legislaturperiode eine Einigung zu finden.