Hatespeech„I’ll kill your family“: Luxemburger Sportler sind Hassnachrichten im Internet ausgesetzt

Hatespeech / „I’ll kill your family“: Luxemburger Sportler sind Hassnachrichten im Internet ausgesetzt
 Montage: Tageblatt/Sandra Hourscht

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Es scheint zur Normalität geworden zu sein, dass sich Sportler im Internet mit schweren Beleidigungen, Drohungen oder Hasskommentare auseinandersetzen müssen. Das große Problem: Weil die Nachrichten oftmals von nicht identifizierbaren Profilen geschickt werden, sind die Sportler machtlos. In Gesprächen mit dem Tageblatt erzählen vier luxemburgische Sportler, wie sie mit solchen Nachrichten und Kommentaren aus dem Netz umgehen. 

Alex Knaff (Tennis):
Alex Knaff bekommt regelmäßig Hassnachrichten in den sozialen Netzwerken, hauptsächlich über Instagram. Dabei kommt es aber auch immer auf die Partie an. „Wenn ich Favorit bin und verliere, bekomme ich mehr Hassnachrichten“, erzählt er. Kürzlich verlor er beim ITF-Turnier in Kuwait gegen den 18-jährigen Belgier Emilien Demanet in drei Sätzen. Im dritten Satz schlug Knaff sogar zum Match auf. „Da habe ich sehr viele Nachrichten bekommen“, sagt er. „Die sind alle schon sehr negativ, es sind krasse Drohungen dabei. ‚I’ll kill your family‘, ‚I’ll break your knees‘ oder ‚I hope you get cancer‘.“ 

Tennisspieler Alex Knaff
Tennisspieler Alex Knaff Foto: Editpress/Luis Mangorrinha

Alle Absender solcher Nachrichten sind laut Knaff frustrierte Wetter. „Ich bin bei weitem nicht der einzige Spieler, der solche Nachrichten bekommt. Jeder Tennisspieler, der auf der ITF- oder ATP-Tour unterwegs ist, muss damit klarkommen.“ Am Anfang der Karriere habe Knaff solche Nachrichten noch schockiert, mittlerweile geht er gelassener damit um. „Es ist zur Normalität geworden, so traurig das auch klingt. Nach Matches sehe ich die Nachrichten und lösche sie einfach. Am Anfang der Karriere habe ich solchen Nachrichten noch geantwortet. Aber das bringt nichts. Auch diese Nachrichten über Instagram zu melden, hat nie etwas gebracht. An dem ganzen Energie zu verschwenden, ist nicht produktiv. Das habe ich mit der Zeit gemerkt.“

Ein großes Problem ist, dass solche Nachrichten oft von Menschen mit Fake-Profilen, die nicht identifiziert werden können, gesendet werden. Die ITF hat reagiert: Weil Spieler massiven Beleidigungen ausgesetzt waren, beendete der Verband seine Zusammenarbeit mit Wettanbietern. Doch wirklich verändert hat sich an der Sache nichts. Hassnachrichten in Bezug auf Sportwetten sind ein großes Problem, gerade im Einzelsport Tennis. Doch Knaff hat sich daran gewöhnt: „Viele Leute wissen nicht, dass das zu einem Teil unseres Lebens geworden ist.“

Für einige Spieler – da ist sich Knaff sicher – stellen solche Nachrichten große Probleme dar. „Du kommst vom Platz, hast verloren und bist sowieso schon schlecht drauf. Dann bekommst du noch 20 Nachrichten, dass jemand Familienmitglieder umbringen will oder dass du scheiße bist. Das hat sicher Auswirkungen auf Spieler. Bei mir hat das zum Glück keinen großen Einfluss. Ich würde mir wünschen, dass die ITF oder ATP was dagegen machen würde, aber ich wüsste nicht, wie.“

Alex Knaff erhält häufig Hasskommentare von frustrierten Wettern
Alex Knaff erhält häufig Hasskommentare von frustrierten Wettern Screenshot: Alex Knaff

Das Problem der Spielmanipulationen im Tennis ist dabei ein bekanntes: Erst im November wurden sieben belgische Spieler wegen Spielmanipulierungen suspendiert – darunter auch Knaffs Teamkollege aus Schifflingen Julien Dubail. „Ich würde nicht direkt sagen, dass ich diese Spieler verstehe. Aber irgendwo ist es nachvollziehbar. Im Tennis verdienen nur die Top 150 gutes Geld. Der Rest hat wirklich Probleme. Du weißt nicht, ob du nächste Woche spielen kannst. Andere Tennisspieler haben zu Hause Kinder und Frau. Und dann kommt jemand und sagt zu dir: Du musst nur einen Satz verlieren und ich gebe dir 10.000 Euro. Bei mir war das noch nie der Fall, dass ich ein solches ‚Angebot‘ erhalten habe. Ich würde mir einfach wünschen, dass in so einem großen Sport wie Tennis mehr Spieler besser verdienen. Aber die Realität ist eben eine andere: Nur wenige Spieler verdienen gut.“

Knaff bestärkt seine Aussage: „Man muss dazu sagen, dass ich durch die Armee, den Verband oder meinen Klub in Schifflingen viele Menschen hinter mir habe, die mir finanziell die Möglichkeiten bieten, so oft reisen zu können und Turniere zu spielen. Aber es gibt viele Spieler, die das nicht haben. Viele leben von Woche zu Woche und das macht dir irgendwann finanziellen Druck. Ich kann nachvollziehen, dass man über solche unmoralischen Angebote nachdenkt.“

Tischtennisspielerin Sarah De Nutte
Tischtennisspielerin Sarah De Nutte Foto: Editpress/Gerry Schmit

Sarah De Nutte (Tischtennis):
Auch für Sarah De Nutte sind solche Nachrichten schon zur Gewohnheit geworden. Ähnlich wie Knaff sagt auch die 31-Jährige, dass sie mehr Nachrichten erhält, wenn sie als Favoritin in das Spiel geht und am Ende verliert. „Das sind Leute, die auf unsere Spiele wetten“, sagt sie. „Wenn sie ihre Wetten verlieren, sind sie frustriert. Dann bekomme ich Nachrichten wie ‚du hässliches Affengesicht, du kannst sowieso kein Tischtennis spielen‘. Das geht dann noch. Aber es gibt auch Nachrichten wie ‚ich hoffe, dass deine ungeborenen Kinder vergewaltigt werden‘ oder ‚ich hoffe, deine Mutter stirbt an Krebs‘.

Die Tischtennisspielerin macht sich aus diesen Nachrichten allerdings nicht viel. „Ich bin manchmal für einen kurzen Moment schockiert, aber nahe geht es mir nicht. Ich denke mir, dass irgendein Idiot mit einem Fake-Account das schreibt, dann soll er. Ich bin zum Glück nicht sehr sensibel, deswegen geht es. Aber bei anderen Spielerinnen sieht das ganz anders aus. Wenn du Kinder hast und Drohungen gegen sie bekommst, dann ist eine Grenze weit überschritten. Wenn jemand sagt, du bist hässlich und kannst kein Tischtennis spielen, dann kann man das irgendwo noch als Meinung vertreten.“

Solche Nachrichten sind für Sarah De Nutte zur Normalität geworden
Solche Nachrichten sind für Sarah De Nutte zur Normalität geworden Screenshot: Sarah De Nutte

De Nutte erhält vor allem über ihren Instagram-Account, dem 10,2 Tausend Leute folgen, Hasskommentare. Zwar filtert das soziale Netzwerk Nachrichten, doch einsehen kann sie alle. „Ich habe ab und zu mal jemandem geantwortet. Und einfach ‚danke für deinen Support‘ geschrieben und ein Smiley drangehängt. Der Rest bringt sowieso nichts. Es ist leider zur Normalität geworden. Im Internet gibt es keinen Kontrolleur. Jeder kann dir schreiben, jeder kann dich erreichen. Nachrichten an Instagram zu melden, bringt sowieso nichts.“

Laurent Jans (Fußball):
„Ob das rassistische Beleidigungen sind, persönliche oder andere – ich glaube, dass wir im Fußball sehr betroffen sind“, sagt Laurent Jans. „Ich wurde mit solchen Beleidigungen auch schon konfrontiert. Als ich jünger war, habe ich mir mehr durchgelesen und mir auch Kommentare angeschaut. Mit der Erfahrung habe ich gelernt: Das bringt nichts. Mittlerweile lese ich mir gar nichts mehr durch.“ 

Weder negative noch positive Nachrichten möchte der Kapitän der luxemburgischen Fußball-Nationalmannschaft wahrnehmen. „Ich habe Freunde und Familie, die sich viel durchlesen. Letzte Saison haben Fans aus Mannheim wirklich sehr positive Sachen über mich geschrieben. Jemand hat mir das weitergeschickt und ich habe gesagt: Ich brauche das nicht. Ich weiß, wie schnell es im Fußball geht. Du brauchst nur ein schlechtes Spiel, dann sieht die Welt wieder anders aus.“ 

Fußball-Nationalspieler Laurent Jans
Fußball-Nationalspieler Laurent Jans Foto: Editpress/Gerry Schmit

Die meisten Beleidigungen, die Jans erhalten hat, waren über Instagram. „Das sind dann meistens Fake-Profile. Wenn du jung bist, dann trifft und verunsichert es dich. Es sind manchmal einfach nur Beleidigungen, die ich hier nicht erwähnen möchte. Einem Mitspieler von mir wurde mal eine schlimme Verletzung gewünscht, sodass er nie mehr für den Verein spielen könnte. Das sind persönliche Sachen, das hat nichts mehr mit Sport oder Leistung zu tun. Er hat mir das gezeigt und schien locker damit umzugehen. Aber ich meinte zu ihm, dass es doch sehr ernst sei. Aber er machte den Eindruck, dass es ihm nichts ausmachte.“ 

Persönlich haben Jans solche Nachrichten zu Beginn seiner Karriere beschäftigt. „Vielleicht gab es einen Verein, bei dem das häufiger vorkam. Das hat mich als junger Spieler schon verunsichert. Sobald ich auf den Platz zum Training oder zum Spiel ging, habe ich aber gar nicht mehr darüber nachgedacht. Wenn ich allerdings alleine zu Hause saß und mir das durchgelesen habe, dann hat es mich schon getroffen. Mir ins Gesicht persönlich hat mir in so einer Form noch nie jemand solche Beleidigungen gesagt. Aber zu Hause vor dem Bildschirm mit einem Fake-Account, das ist natürlich sehr einfach.“

Jans hat seine eigene Herangehensweise mit den sozialen Netzwerken also gefunden. „Man kann die Einstellungen ein wenig ändern, dann kann man sich so weit wie möglich von solchen Nachrichten fernhalten. Aber man muss sagen: Mittlerweile gehört das dazu. Ich habe mit einem jungen Spieler geredet und ihm gesagt: Du schnürst als Fußballer nicht mehr nur die Schuhe und gehst auf den Platz. Nein, soziale Medien gehören dazu, du musst sie nutzen.“ 

Kevin Geniets (Radsport):
„Bei uns ist das dann aber eher gegen das Team als gegen mich persönlich“, sagt Geniets. „Es sind negative Kommentare. Zum einen schreiben sie, dass wir falsche Entscheidungen treffen oder Amateure sind. Dann gibt es aber auch Menschen, die wirklich persönliche Hassnachrichten beispielsweise gegen David Gaudu schreiben.“

Geniets, der bereits zwei Tour-de-France-Teilnahmen sowie eine Vuelta in den Beinen hat, hat seine Schlüsse gezogen. „Ich bin beispielsweise gar nicht mehr auf X (früher Twitter) während einer Grand Tour. David hat in diesem Jahr beispielsweise während der Tour auch keine sozialen Medien genutzt.“

Bereits vor der Tour de France mussten sich die Radsportler den Hassnachrichten stellen. Zwischen den beiden Teamkapitänen David Gaudu und Arnaud Demare brach Streit aus, der in die Öffentlichkeit getragen wurde. „Ich war vor der Tour im Höhentrainingslager mit Valentin Madouas und David Gaudu. Er hat da schon sehr viele Hassnachrichten bekommen, das war sehr schwer für ihn. Da waren wirklich große Wörter dabei. Die Demare-Fans waren gegen ihn und umgekehrt waren seine Fans gegen Demare. Wir haben oft mit David gesprochen, dann hat er mal Kommentare und direkte Nachrichten deaktiviert und dann war er auch schon etwas ruhiger.“

Radsportler Kevin Geniets
Radsportler Kevin Geniets Foto: Editpress/Anouk Flesch

Auch während der Tour mussten sich Geniets und das Team von Groupama-FDJ mit solchen Kommentaren abfinden. „Eine Tour ist so schon sehr schwer. Solche Kommentare dann noch zu lesen, kostet viel Energie. Ich habe dann entschieden, dass ich das komplett sein lasse. Viele Leute haben einfach keine Ahnung. Sie vergessen, dass wir hundert Prozent im Jahr arbeiten. Bei den Leuten, die uns solche Sachen schreiben, würde es mich wundern, wenn sie so viel auf ihrer Arbeit in ihr Leben investieren.“

Geniets, der seit 2019 in der WorldTour, der höchsten Liga im Radsport aktiv ist, hat vor allem in den letzten Jahren mehr Negativität zu spüren bekommen. „Am Anfang entwickelt man sich schneller, dann sind alle zufrieden. Aber im Sport es so, dass man nicht jedes Jahr besser und besser wird. Aber das verstehen nicht alle. Das Problem ist, dass im Internet die Leute ihre Identität verstecken können. Nach einem Rennen ist zum Beispiel noch nie jemand zu mir gekommen und hat mir ins Gesicht gesagt, wie scheiße ich eigentlich bin.“ Im Team stellt Groupama-FDJ einen Mental Coach für die sportliche Seite und einen Psychologen für alle weiteren Probleme zur Verfügung.

de Schéifer vun Ettelbréck
29. Dezember 2023 - 8.14

Wie schrieb Erich Kästner? " Die Dummen werden nie alle ". Nur haben sie jetzt ein Forum auf dem sie anonym ihren Frust, ihre Gehässigkeiten, Frechheiten und Drohungen öffentlich ausdrücken können: das Internet. Im Grunde sollte man sie ignorieren und sich nicht auf sie einlassen, denn sie sind es nicht wert.

Leroy
28. Dezember 2023 - 18.00

Nëmmen traureg a gehierlos Feiglingen. Dat ass e Fakt. Trotzdem muss et schlëmm an déprimant si mat esou dréckegen an idiotesche Message bombardéiert ze gin.

luxmann
28. Dezember 2023 - 17.56

Bei knaff sind es sicher leute die auf seinen sieg gewettet hatten und nun frust ablassen, weil ihr geld weg ist. Eigentlich nicht die aufregung wert...in der folgenden woche drohen die einem anderen spieler aus dem selben grund.