Gut Ding braucht Weile – Unfertige Gesetze im Luxemburger Parlament

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Vom Rauchmelder bis zu Zeitsparkonten. Vom Waldschutz- bis zum Notar-Gesetz. Eine ganze Reihe von Gesetzesvorlagen wartet darauf, dass die Abgeordneten über sie abstimmen.

In Luxemburg sind Sommerferien und wie gewohnt steht die ganze Politik still. Die Politiker sind im Urlaub und tanken neue Kraft vor den Wahlen, die am 14. Oktober ins Haus stehen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass jegliche Arbeiten beendet und alle Baustellen fertig sowie aufgeräumt sind. Anders als die Politiker kennt die Politik keine Sommerferien. Im Parlament liegen derzeit noch viele Dossiers brach, die nur darauf warten, weiter debattiert und bearbeitet zu werden. Das Tageblatt hat sich einige der unfertigen Gesetzesvorlagen angesehen.

Rauchmelder-Gesetz

In Zukunft soll jeder Haushalt obligatorisch mit Rauchmeldern ausgestattet sein. Die Gesetzesvorlage von Innenminister Dan Kersch (Akz. 7326) wurde erst am 27. Juni im Parlament eingebracht. Wird das Gesetz verabschiedet, müssen alle neuen Gebäude mit mindestens einer Wohnung mit Rauchmeldern ausgestattet sein. Bestehende Gebäude müssen bis 2024 mit Rauchmeldern versehen sein. Dan Kersch sorgte vor einigen Wochen mit einer Aktion für Aufsehen, als er und die Regierung jedem Haushalt in Luxemburg einen Rauchmelder geschenkt haben.

Zeitsparkonten-Gesetz

Arbeitnehmer sollen in Zukunft ungenutzte Überstunden und Urlaubstage ansammeln können. Fallen in einer Periode besonders viele Überstunden an, dann können Arbeitnehmer diese ansparen, um sich über eine längere Zeit freizunehmen, etwa für eine Woche oder ein ganzes Jahr.

Und warum nicht die gesammelte Zeit nutzen, um früher in Rente zu gehen? Die von den Gewerkschaften sehnsuchtsvoll erwartete Gesetzesvorlage von Arbeitsminister Nicolas Schmit (LSAP) wurde am 25. Juni im Parlament eingebracht (Akz. 7326).

Das Dossier wurde an die zuständige Kommission übermittelt, viel mehr ist allerdings noch nicht passiert. Gutachten von den betroffenen Akteuren (z.B. den Berufskammern) liegen noch nicht vor. Bis über das Gesetz abgestimmt werden kann, wird also noch etwas Zeit vergehen.

Reclassement-Gesetz:

Das Gesetz über die berufliche Wiedereingliederung (Akz. 7309) hat Arbeitsminister Schmit im Mai im Parlament eingebracht. Die Arbeiten daran gehen bislang gut voran. Die Arbeitnehmer- und die Handelskammer haben bereits ihre Gutachten angefertigt und hinterlegt. Die Novelle soll die Wiedereingliederung verbessern.

Wiedereingliederung bedeutet, dass ein Arbeitgeber, der nach einer Krankheitsperiode in sein Unternehmen zurückkehrt und seine alte Arbeit nicht mehr ausführen kann, entweder eine andere Beschäftigung im Betrieb erhält oder dass sein Arbeitsplatz an seine Bedürfnisse angepasst wird. Der Betrieb kann dabei finanzielle Hilfe vom Staat erhalten. Wenn das nicht möglich ist, endet sein Vertrag und eine spezielle Abteilung des Arbeitsamts nimmt sich seiner an.

Mit der Novelle sollte nun die Situation für die Arbeitnehmer verbessert werden. Wartezeiten sollten verkürzt werden und es sollte mehr Geld in Um- und Fortbildungsmaßnahmen investiert werden.

Arbeitsminister Nicolas Schmit war im Juli noch davon ausgegangen, dass die Gesetzesvorlage vor der Sommerpause die Instanzen passieren werde. Dem war nun nicht so.

Praktika-Gesetz

Bislang sind Praktika in Luxemburg „wenig geregelt“, wie Nicolas Schmit es ausdrückte. Seine Gesetzesvorlage (Akz. 7265), die dies ändern soll, sieht zwei unterschiedliche „Stage“-Formen vor. So soll künftig zwischen Praktika, die im Rahmen einer schulischen oder universitären Ausbildung gemacht werden müssen, und jenen, die Studierende freiwillig absolvieren, um ihren Lebenslauf zu verbessern und um zusätzliche Berufserfahrung zu sammeln, unterschieden werden.

Die Gesetzesvorlage wurde zusammen mit der Studentenvereinigung ACEL ausgearbeitet. Die Studierendenorganisation UNEL hingegen kritisierte die Gesetzesvorlage u.a. deshalb, weil nicht alle Praktika bezahlt werden müssen.

Die Vorlage hat bereits einige Hürden genommen, Gutachten wurden eingereicht und die Gesetzesvorlage wurde überarbeitet. Das wichtige Gutachten des Staatsrates, ohne das über das Gesetz nicht abgestimmt werden kann, fehlt aber noch.

Waldgesetz

In den letzten Wochen und Monaten wurden einige Gesetze verabschiedet, die in den Kernbereich einer grünen Partei fallen. Dazu gehören etwa das neue Tierschutz- und das Naturschutzgesetz. Das Waldschutzgesetz liegt noch auf den Schreibtischen im Parlament. Die Gesetzesvorlage von Umweltministerin Carole Dieschbourg (Akz. 7255) wurde im Februar eingebracht und Anfang März von der zuständigen Umweltkommission des Parlamentes in Empfang genommen.

Bislang ist in dieser Sache jedoch wenig passiert.

Die Gesetzesvorlage soll dem Schutz der Wälder dienen. Sie beschreibt, wie in Zukunft mit den heimischen Wäldern umgegangen werden soll. So verbietet sie z.B. das Anzünden von Feuern im Wald oder das Verursachen von Krach. Wird die Gesetzesvorlage verabschiedet, dann müssen in Zukunft größere Holzfällerarbeiten vorab der Umweltverwaltung gemeldet werden. Außerdem soll es verboten werden, im Wald Pestizide ohne die Genehmigung des Ministeriums zu verwenden oder im Wald Dünger auszubringen. Bis zur Abstimmung kann jedoch noch einige Zeit vergehen.

Notar-Gesetz

Auch der Berufsstand der Notare soll reformiert werden. Justizminister Felix Braz hatte Ende Mai Akz. 7310) vorgelegt. Wegen einer EU-Regel soll der Beruf künftig für EU-Ausländer geöffnet werden. In einem Notarbüro kann künftig ein zweiter Notar („Notaire non-titulaire“) arbeiten.

Auch die Nominierungsprozedur für Notare wird verändert. Bislang gibt es deren 36. Geht ein Notar in Rente, dann wird ein neuer aus einer Liste ernannt. Bislang geschah dies chronologisch. In Zukunft sollen die berufliche Qualifikation und die Laufbahn der Kandidaten berücksichtigt werden.

Die Novelle hat allerdings noch nicht alle nötigen Gutachten – insbesondere jenes des Staatsrats fehlt noch, sodass es noch eine Weile dauern wird, bis dieses Gesetz verabschiedet werden kann.

Denkmalschutz-Gesetz:

Die Vorlage zu einem neuen Denkmalschutzgesetz ist bereits eine lange Zeit in der Pipeline der „Chamber“. Mit dem Gesetz sollen u.a. alte Gebäude, die zum kulturellen Erbe des Landes gehören, geschützt werden. Bislang gilt in dieser Sache ein Gesetz, das noch aus dem Jahr 1983 stammt.

Die Gesetzesvorlage für eine Novelle wurde im Jahr 2000 von der damaligen Kulturministerin Erna Hennicot-Schoepges eingereicht. Der Weg des Gesetzes ist ungewöhnlich holprig. Die Gesetzesvorlage wurde mehrfach überarbeitet und der Staatsrat hat bereits drei Gutachten – ein erstes 2002 und dann weitere nach jeder Änderung – erstellt.

Am 12. Dezember 2013 wurde die Vorlage an die parlamentarische Kulturkommission weitergegeben. Seitdem ist nichts mehr passiert. Dabei hatte sich die rot-blau-grüne Regierung in ihrem Regierungsprogramm 2013 (S. 142) eigentlich dazu verpflichtet, den Denkmalschutz in Luxemburg zu reformieren.

ONS-Gesetz

Luxemburg soll eine nationale Beobachtungsstelle für Gesundheit (fr. „Observatoire national de la santé“, ONS) erhalten. Eine entsprechende Gesetzesvorlage reichte Gesundheitsministerin Lydia Mutsch im Juli an das Parlament weiter. Diese Beobachtungsstelle soll den Gesundheitszustand der Bevölkerung beobachten und analysieren.

Auch das Risikoverhalten der Bürger soll im Auge behalten werden. Ferner soll sie die Gesundheitsministerin beratend unterstützen, wenn es darum geht, Prioritäten in der Biopolitik festzulegen, die darauf abzielen, den Gesundheitszustand der Gesellschaft oder das Gesundheitssystem zu verbessern.

Die Arbeiten an der Gesetzesvorlage sind noch lange nicht abgeschlossen. Es fehlt u.a. noch das notwendige Gutachten des Staatsrats, damit über den Text abgestimmt werden kann.

Bonus: CFL-Streikgesetz

Einige Gesetze werden weniger zügig verabschiedet als andere. Sehr viel Verspätung hat die Gesetzesvorlage mit dem Aktenzeichen 3000 über den Streik bei der Eisenbahn CFL. Sie wurde dem Parlament (laut Datenbank) am 11. März 1986 vom damaligen Transportminister Marcel Schlechter (LSAP) vorgelegt. Drei Monate später stellte der Staatsrat sein Gutachten vor.

Das Gesetz weckt gewisse nostalgische Erinnerungen an eine Zeit, in der noch zwischen Privatbeamten und Arbeitern unterschieden und mit Franken bezahlt wurde.
Ganz verschollen ist das Gesetz nicht. Immerhin wurde es im Laufe der Zeit dreimal weitergereicht: 1997 wurde es an die parlamentarische Transportkommission übergeben und sowohl 2009 und als auch Ende 2013 wurde es erneut an die parlamentarische Kommission für nachhaltige Entwicklung weitergegeben.