Koalitionsverhandlungen„Gleicher Kenntnisstand für alle“: Abgeordnete fordern Transparenz bei Staatsfinanzen

Koalitionsverhandlungen / „Gleicher Kenntnisstand für alle“: Abgeordnete fordern Transparenz bei Staatsfinanzen
Hüter der genauen Staatsfinanzen: Formateur Luc Frieden und sein Sekretär Luc Feller Foto: Editpress/Alain Rischard

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Abgeordnete der LSAP und Piraten fordern Transparenz bei den Staatsfinanzen. Es gehe um eine gemeinsame Verhandlungsbasis, so die Argumentation der Parlamentarier. Die Verantwortung schieben sich mehrere Akteure untereinander hin und her.

Wie sieht es denn nun genau um Luxemburgs Staatsfinanzen aus? Die Frage beschäftigt nach den Wahlen nicht nur die Koalitionspartner CSV und DP, sondern auch Luxemburgs frisch gewählte Abgeordnete. Der LSAP-Politiker Mars Di Bartolomeo hat sich in einem Brief an Chamber-Präsident Michel Wolter gewandt und Zugang zu den Informationen gefordert, die auch den Koalitionspartnern in spe zugetragen wurden.

Formateur Luc Frieden hatte zusammen mit den Verhandlungsdelegationen von CSV und DP Finanzexperten für einen Kassensturz nach Schloss Senningen eingeladen. Die Zahlen sollen sich deutlich von jenen unterscheiden, die den Abgeordneten noch im Juli vorgelegt wurden. „Die Zahlen weichen zum Teil deutlich von denen ab, die die Experten der Chamber noch vor den Wahlen vorgestellt haben“, moniert der LSAP-Politiker Mars Di Bartolomeo in seinem Brief. „Die Chamber, und damit die Abgeordneten, haben als erste Macht ein Anrecht auf zeitgleiche Informationen.“ Deshalb, so Di Bartolomeo, fordere er den Chamber-Präsidenten auf, den Abgeordneten diese Informationen schnellstmöglich zukommen zu lassen. „Umso mehr, weil es im Interesse des Landes ist, dass bei den Debatten jeder den gleichen Kenntnisstand hat“, schreibt Di Bartolomeo in seinem Brief, den er auch auf Facebook veröffentlichte.

Ganz ähnlich sehen es offenbar die Piraten, die bereits am 24. Oktober einen Brief an den damals nur noch kurzzeitig amtierenden Chamber-Präsidenten Fernand Etgen adressierten. In diesem fordern sie, dass ihnen ebenfalls Zugang zu den Dokumenten gewährt wird. „Es geht nicht darum, um hier großartig Polemik zu machen“, sagt Mars Di Bartolomeo gegenüber dem Tageblatt. Man fordere lediglich Evidenzen für die Chamber, damit auch eine künftige Regierungserklärung entsprechend verstanden werden kann.

Am Freitagnachmittag kam dann die Bestätigung aus dem Parlament, dass Parlamentspräsident Michel Wolter die Bitten der Piraten und der LSAP gemäß dem Chamber-Reglement an Premierminister Xavier Bettel weitergeleitet habe. Das Finanzministerium von Yuriko Backes sieht hingegen den Formateur und dessen rechte Hand Luc Feller in der Verantwortung. „Für die Koalitionsverhandlungen hat das „Comité économique et financier“ eine Aktualisierung der budgetären Tendenzen ‚à politiques inchangées‘ ausgearbeitet“, schreibt ein Sprecher auf Tageblatt-Anfrage. „Für die entsprechenden Dokumente wenden Sie sich bitte an den Sekretär des Formateurs, Luc Feller.“ Eine entsprechende Anfrage blieb jedoch bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Finanzministerium reagiert

Ob oder inwiefern die Zahlen im Juli von den nun vorgestellten divergieren, ist unklar. Während Di Bartolomeo von „zum Teil stark abweichenden Zahlen“ spricht, sprechen die Piraten geradewegs von einer „wirtschaftlichen und finanziellen Situation, die konträr zu den Prognosen und Beschreibungen“ sei, wie sie in der Chamber Ende Juni vorgestellt wurden. Überprüfen lassen sich diese Aussagen derzeit nur schwer, weil die bei den Koalitionsverhandlungen vorgestellten Zahlen der Öffentlichkeit noch vorenthalten werden.

Ein Vorwurf, den das Finanzministerium nicht auf sich sitzen lässt. „Die Finanzministerin Yuriko Backes hat im Juli ganz klar darauf hingewiesen, dass das Defizit zu dem Zeitpunkt schon auf 2,3 Milliarden geschätzt wurde“, so ein Sprecher des Finanzministeriums. Das Stabilitäts- und Wachstumsprogramm sehe ein Defizit von weit über zwei Milliarden Euro für 2023 und 2024 vor und ein Defizit von rund zwei Milliarden Euro für das Jahr 2025.

Neben dem zentralen Szenario sei den Abgeordneten auch ein „negatives Szenario“ vorgestellt worden. In diesem sei vorgewarnt worden, dass „die Staatsverschuldung schneller steigen würde als im zentralen Szenario und im Jahr 2025 die Schwelle von 30 Prozent des BIP erreicht“, schreibt das Finanzministerium. „In diesem alternativen Szenario würde die Staatsverschuldung im Jahr 2027 33,2 Prozent des BIP betragen, gegenüber 29,0 Prozent des BIP im zentralen Szenario.“ 

Budget 2023

Dass die Staatsfinanzen im Argen liegen, war seit vergangenem Oktober bei der Budgetabstimmung im Parlament bekannt. Deutlich höher sollen laut Radio 100,7 jedoch die eingeplanten Defizite beim Zentralstaat sein. Auch über den schrumpfenden Überschuss bei den Sozialversicherungen war bereits bei der Jahresplanung berichtet worden. Hintergrund ist eine Beschleunigung der Renteneintritte, gekoppelt an eine Verlangsamung des Wachstums der Zahl der Beschäftigten. Die Summe der Rentenausgaben steigt folglich schneller als die Summe der Beitragszahlungen.

In der Folge der höheren Defizite soll dann auch die Verschuldungsquote des Landes schneller ansteigen. Nach 2026 soll dann auch die 30-Prozent-Verschuldungsquote überschritten werden – also die Grenze, die von der vergangenen Regierungskoalition als rote Linie definiert wurde. Kein bedeutender Unterschied zu den im vergangenen Oktober vorgestellten Plänen, die eine Verschuldungsquote von 29,5 Prozent vorsahen.

Manche der neuen Zahlen sind besser als bei der Budgetvorlage für 2023 geplant. So soll der Gesamtstaat (Zentralregierung, Sozialversicherungen und Gemeinden) im laufenden Jahr ein Minus von 1,5 Milliarden Euro erwirtschaften – besser als das Minus von 1,8 Milliarden Euro, das eingeplant war. Ähnlich verhält es sich dieses Jahr wohl mit dem Defizit beim Zentralstaat: Er soll bei 2,2 Milliarden Euro liegen. Vorgesehen war derweil ein Minus von 2,8 Milliarden Euro.

plop
1. November 2023 - 16.56

Elo gi mer jo gewuer dass mir faillite sin.Dei Gréng haaptsächlech hun d'Kees eidel gemat (Kéés op an d'Klacken eraus) fir hir wahnwitzeg projets ze realiseieren an sech dobei emmer erem op d'Scheller ze klappen an schein an d'Kamera grinsen.

Egon
29. Oktober 2023 - 17.03

De Mars, fir all Dommheet ze gutt. Z.B. Séit ëmmer war et d'Krankekess an dun huet de Mars fonnt dass et misst eng d'Gesonheetskees sin. Elo ass hien deen (Wichtegen) deen déi Kees ëmbenannt huet, esou wärt et geschriwe stoen. "Kleiner Mann ganz gross".

erbärmlich
29. Oktober 2023 - 16.17

jaja die sozen. sind schon ewig dabei, sagen jetzt die schere zwischen arm und reich wird immer grösser und ohne sie wäre alles noch schlimmer. die roten wussten schon vor den wahlen wie es mit den Finanzen steht. erbärmlich. hoffe mal, dass im Gesundheitsbereich nun endlich ein Fachmann/frau kommt. nach Mars, Lydia und der Paulette.

liah1elin2
28. Oktober 2023 - 21.36

Warum soll es Luxemburg besser ergehen als der EU? Ob Gambia oder andere Regierungen in Europa, die Finanzen haben sich verschlechtert und der Konjunkturaufschwung hat noch ein wenig Pause, leider.

Nomi
28. Oktober 2023 - 14.08

Den Mars, (Deel vun GambiaII) freet elo di nei Regierung, dei' nach net besteht, wei' et mat den Finanzen ass. Besgen pervers, Mars !

luxmann
28. Oktober 2023 - 13.24

Sieht man die schuldenentwicklung ueber die letzten 10 jahre an hat Gambia offensichtlich eine miserable leistung abgeliefert. Und da nutzt auch nicht das ewige verstecken hinter ausreden wie covid oder ukraine.