EditorialGemeindefusionen: Lass es uns zusammen machen

Editorial / Gemeindefusionen: Lass es uns zusammen machen
Das Innenministerium will Gemeindefusionen fördern. Ein „Gewusst-wie-Leitfaden“ ist ein gutes Instrument. Darüber hinaus bedarf es aber weiterer Überzeugungsarbeit.  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Innenministerin hegt einen Wunsch. Dank kommunaler Fusionen sollen es am Ende ihrer jetzigen Amtszeit weniger als 100 Gemeinden im Großherzogtum geben. Diesem Ziel ist sie am Sonntag nähergekommen.

Grosbous und Wahl haben beschlossen, zu heiraten. Damit sind wir bei 101 Gemeinden. Nächstes Jahr könnten Bous und Waldbredimus folgen. Dann wären es 100. Weniger werden es bis zu den Wahlen 2023 aber kaum. Es ist nämlich ziemlich illusorisch, anzunehmen, dass die fünf Kommunen Bettendorf, Diekirch, Erpeldingen/Sauer, Ettelbrück und Schieren es bis dahin schaffen, sich auf einen Fahrplan und ein Referendumsdatum für die „Nordstad“ zu einigen.

Das Beispiel von Wahl und Grosbous dürfte der Ministerin deutlich machen, dass auch ein gut geplantes Fusionsprojekt kein Selbstläufer ist. Seit Monaten ist in beiden Gemeinden eine Zusammenschluss-Dynamik zu spüren. Die lokale Politik hat die Bürger von Anfang an mit eingebunden sowie transparent informiert und gehandelt. Trotzdem haben in beiden Gemeinden zwischen 30 und 40 Prozent der Bürger mit Nein gestimmt. Das sind nicht wenige. Es zeigt, dass wohl noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden muss, um andere Gemeinden für den Schritt zu begeistern.

Sollte es wirklich der Wunsch der Ministerin und der Regierung sein, die Zahl der Kommunen nur mit Zustimmung der Einwohner zu reduzieren, dann muss der Bürgerwille etwas stärker stimuliert werden. Eine finanzielle Zuwendung von jetzt 2.200 Euro pro Einwohner kann ein Anreiz sein, darf aber nicht das Hauptargument sein, um zu überzeugen.

Ja, staatliche und kommunale Stellen dürfen nicht müde werden, immer wieder darauf hinzuweisen, dass eine Fusion besonders für kleinere Gemeinden die Antwort auf viele Herausforderungen sein kann. Aber sie sollten sich hüten, nach dem Munde des Volkes zu reden.

In der seit zehn Jahren bestehenden Fusionsgemeinde Schengen wird das jetzt deutlich. Niemand habe die Absicht, die Schulen in den einzelnen Dörfern zu schließen, hieß es damals. Über zehn Jahre später haben sich die Gemeinde und die Anforderungen an das Bildungsangebot aber stark verändert. Dass eine zentrale Schule nun für politisches Geplänkel sorgt, erstaunt nicht. Es reicht aber nicht, um gegen besseres Wissen an überholten Ideen festzuhalten.

Die Dynamik, die eine Zusammenlegung auslöst, sollte man nicht mit großspurigen Ankündigungen und Versprechen einengen. Fusionen sind auch keine „Wünsch-dir-was-Veranstaltung“ oder ein „Nice-to-have“, sondern oft ein notwendiger Schritt, um mit der Zeit zu gehen. Wenn man den Bürger da mit Geschenken überhäufen muss, läuft etwas schief.

Der beste Weg, die Menschen mit an Bord zu holen, ist, ihnen die praktischen Auswirkungen einer engeren Zusammenarbeit täglich vor Augen zu führen. Der Weg hin zu einer Fusion ist da bereits ein Ziel. Das zeigt sich auch bei den „Nordstad“-Gemeinden. In vielen Bereichen arbeiten diese bereits zusammen. Was letztendlich dabei herauskommt, wird man sehen. Unter Umständen etwas ganz Neues und Kreatives.

Claude Oswald
28. Juni 2021 - 11.04

Die Nähe zum Bürger riskiert bei großen Gemeinden verloren zu gehen. Außerdem hält die Parteipolitik Einzug in die Gemeindehäuser, dort wo bislang Politik von Bürgern für Bürger gemacht wurde. Ich finde das nicht gut, wenn die Dorfpolitik auf einmal von den Parteizentralen in der Hauptstadt bestimmt wird.

luc jung
28. Juni 2021 - 8.31

Gemeindefusionen sind ein Must. Alle Fusionsgemeinden haben Vorteile in Sachen Kosten. Weiter so!