Croix-RougeFür Herausforderungen gewappnet

Croix-Rouge / Für Herausforderungen gewappnet
Bei der Pressekonferenz am Mittwochmorgen stellte Direktor Michel Simonis (links) der Tätigkeitsbericht vor  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Alten- und Krankenpflege, Jugendbetreuung, Immigranten- und Flüchtlingshilfe, Wohnungshilfe, Betreuung gewaltbereiter Personen, Wiedereinschulung von Schulabbrechern – der Luxemburger Zweig des Roten Kreuzes ist auf 53 unterschiedlichen Feldern aktiv. Die Erfahrungen aus der Covid-19-Krise und dem Krieg in der Ukraine haben gezeigt, wo noch nachgebessert werden kann.

„Wenn keiner mehr hilft, dann kommt das Rote Kreuz.“ Was wie ein Klischee klingt, entspricht allerdings den Tatsachen. „Wir fangen diejenigen auf, die durch das Netz der öffentlichen und privaten Sozialhilfen fallen“, nennt es Direktor Michel Simonis bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichtes.

„Wir sind dem Publikum, unseren unzähligen freiwilligen Helfern und nicht zuletzt unseren Sponsoren Rechenschaft schuldig“, so Simonis weiter. Mehrmals betont er dabei, dass das Rote Kreuz keine gemeinnützige Vereinigung und keine staatliche Anlaufstelle ist, sondern seit seiner Gründung im Jahr 1923 eine private Gesellschaft.

Anders gesagt, es muss die Mittel finden, um seine Hilfe zu finanzieren. „Allein deshalb schon ist es wichtig, dass wir klar aufzeichnen, wo es langgeht“, heißt es bei der Vorstellung des Strategieplaners, der bis 2030 reicht. Sechs Gebiete wurden hervorgehoben, auf denen nun vorrangig gearbeitet wird. Es sind die Bereiche Gesundheit, Wohnen, Jugend, Krisenmanagement, Internationales und Freiwilligenarbeit.

Flexibilität und Einsatz

Im Bereich der Gesundheitspolitik gilt das Augenmerk wiederum denjenigen, die durch die Maschen des öffentlichen Systems fallen. Hier wird nicht nur geholfen, sondern auch auf Vorbeugungsmaßnahmen gesetzt, damit es nicht zu akuten Problemen kommt.

Stolz ist man auch auf die Neugestaltung des Gesundheitszentrums in Colpach, das mittlerweile zum Spitalsystem gehört, 2020 aber kurzfristig zum Covidzentrum wurde, um die Krankenhausstrukturen zu entlasten. Diese Flexibilität sei ein Teil der DNA des Roten Kreuzes. Während der ganzen Pandemie wurde keiner der fast 3.000 Mitarbeiter in Teilzeit- oder Heimarbeit entlassen. Alle sind da eingesprungen, wo sie gebraucht wurden.

Gebraucht wird das Rote Kreuz vermehrt bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum. Es ist zwar nicht seine Hauptaufgabe, wird aber angesichts der wirtschaftlichen Lage immer dringender. Deshalb werden alternative Wohnformen wie Wohngemeinschaften unterstützt. Geholfen wird auch bei der Bezahlung einer Garantie an den Vermieter.

Die Betreuung der Jugendlichen ist ebenfalls eine Herzensangelegenheit. Stolz ist man hier auf das Projekt „Hariko“, wo Künstler und Jugendliche kreativ miteinander arbeiten. Jugendlichen Schulabbrechern soll ebenfalls geholfen werden. Und nicht zuletzt hat die Covidkrise gezeigt, wie notwendig eine psychologische Betreuung der jungen Menschen ist. „Eine große Verantwortung für die Zukunft“, sagt Simonis.

Krisenmanagement

Die Erfahrungen haben auch die Bedeutung eines effektiven Krisenmanagements klar gezeigt. Der Krieg in der Ukraine spiegelt sich noch nicht in der 2021er Bilanz wider, die letzten drei Monate haben jedoch seine Bedeutung aufgezeichnet: Die Hilfsgesuche haben sich seit Januar verdoppelt, das Rote Kreuz betreut mehr als 800 Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, davon ein Drittel Kinder mit ihren Müttern. Hier braucht man neben den Auffangstrukturen auch Dolmetscher und Betreuer.

Dabei ist die Ukraine kein unbekanntes Feld, das Luxemburger Rote Kreuz ist dort bereits seit 30 Jahren aktiv, seit acht Jahren ganz besonders im Donbass. „Wir helfen nicht nur mit Geld, wir arbeiten auch mit den Organisationen vor Ort“, sagt der Leiter der internationalen humanitären Hilfe, Remi Fabbri. 130 Tonnen Hilfsgüter wurden kurzfristig in die Ukraine geschickt, wo die Ansprechpartner des Roten Kreuzes weiterhin präsent sind. Die hierzulande bereitgestellten Güter gehen zu 100 Prozent in die Krisenregion, wo 180.000 Menschen direkt geholfen werden konnte, wo aber auch neun Krankenhäuser und zwei Erste-Hilfe-Infrastrukturen wieder funktionsfähig gemacht wurden.

„Die Krise in der Ukraine zeigt uns, dass nichts vorhersehbar ist und Flexibilität und Reaktionsfähigkeit gefragt sind“, kommt Michel Simonis nochmals auf seine 2030-Strategie zurück. Schnelle Hilfe hat Luxemburg im letzten Jahr mit Menschen und Geldern nach dem Erdbeben auf Haiti geleistet, genau wie in den Regionen, in denen es traditionell aktiv ist wie Burkina Faso oder dem Tschad. „Wir wollen uns dort noch mehr investieren“, heißt es bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichtes einstimmig.