FR.A.RT (20)Florence Hoffmann, 1966, Grund

FR.A.RT (20) / Florence Hoffmann, 1966, Grund
Florence Hoffmann in ihrem Atelier Foto: Anouk Flesch

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Seit 24 Jahren arbeitet die Bildhauerin Florence Hoffmann sowohl in Luxemburg als auch international. In ihrem kleinen Atelier in Luxemburg-Grund wird klar, welche Vielfalt an Werken über die Jahre entstanden ist: von großen Installationen aus Metall bis hin zu Statuen aus Büchern und Harz ist alles vertreten. Als junge Frau wollte Hoffmann professionelle Tänzerin werden. Dieser Traum platzte, als sie mit 21 Jahren nach einem Autounfall wieder gehen lernen musste. Nach ihrer Ausbildung zur Innenarchitektin in Paris entdeckte sie die Bildhauerei als Künstlerassistentin in Italien. Seit 18 Jahren organisiert sie das Gare Art Festival, in dessen Rahmen noch bis zum 10. September Skulpturen quer durch Luxemburg-Stadt gezeigt werden.

Tageblatt: Beschreiben Sie sich in drei Wörtern.

Florence Hoffmann: Ich bin eine Stakanoistin, workaholic und kontradiktorisch.

Zu welcher Tageszeit sind Sie am kreativsten?

Im Halbschlaf kommen mir sehr viele Ideen. Und auf der Autobahn, wenn wenig Verkehr ist.

Was wünschen Sie sich, dass Ihre Arbeit im Betrachtenden auslöst?

Das hängt von meinen jeweiligen Werken ab. Der Leitfaden ist immer die Menschheit und zwischenmenschliche Relationen. Ich will zeigen, dass wir alle verschieden sind, uns aber trotzdem gegenseitig brauchen. Beim Gare Art Festival geht es darum, die Passanten für einen kurzen Moment aus ihrem Alltag herauszuholen und sie auf das aufmerksam zu machen, was um sie herum passiert.

Mit welchem/welcher Künstler*in würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten?

Eine Frau, die mich enorm inspiriert hat, ist Frida Kahlo. Wegen meines Unfalls hatte ich jahrelang eine „gebrochene Säule“ und identifizierte mich mit ihr. Ansonsten bewundere ich sehr die Römerin Artemisia Gentileschi. Sie war die erste Frau, die als Malerin berühmt wurde, obwohl die damalige, sehr frauenfeindliche Gesellschaft ihr viele Steine in den Weg legte.

Welchen Teil des Kunstschaffens gefällt Ihnen am wenigsten?

Das Schlimmste ist, Preise für meine Werke festzulegen. Was ich mir sage, ist, dass ich nicht mehr und nicht weniger bin als ein*e Automechaniker*in, und auch nicht weniger verdienen sollte. Der Preis ist eine Rechnung aus den Materialkosten, dem Zeitaufwand und meinem Ansehen. Oft lasse ich meine Preise von einer Freundin bestimmen. 

Wie erfahren Sie die Kunstszene als Frau?

Vor zwei Jahren hatte ich eine MeToo-Erfahrung mit einem Sammler, der mich stark belästigt hat. Außerdem habe ich immer das Gefühl, mich als Frau, als Künstlerin, beweisen zu müssen. 

Was würden Sie sich für die luxemburgische Kunstszene wünschen?

Ich wünsche mir ein Museum, das exklusiv luxemburgische Künstler*innen ausstellt. Wir haben viele gute Künstler*innen, von denen nur ein Bruchteil nach außen gezeigt wird. Zudem würde ich es interessant finden, einen „Salon des refusés du CAL“ („Cercle artistique du Luxembourg“, Anm. d. Red.) zu schaffen. Das soll nicht polemisch sein – aber ich denke, es würde vielen Künstler*innen helfen, ihr Können unter Beweis zu stellen. Drittens wünsche ich mir, dass es weiterhin gemeinsame Ausstellungen vieler Künstler*innen, wie die des Cueva-Kollektivs, geben wird.

Was ist Ihre Lieblingskultureinrichtung in Luxemburg?

Ich mag die Rotondes sehr.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Ich will weiterhin durch die Welt reisen. Allerdings bin ich ein bisschen abergläubisch – da meine Lebenslinie kurz ist, liege ich dann vielleicht schon unter der Erde.

Was würden Sie heute machen, wenn Sie nicht Künstlerin geworden wären?

Ich würde nicht existieren. Als ich mich während der Pandemie finanziell über Wasser halten musste, wurde mir bewusst, dass ich nichts außer Kunst machen könnte. Ohne sie würde ich absterben.

Welche luxemburgische Künstlerin empfehlen Sie?

Corinne Goetz, die in ihrer überdimensionalen Malerei gesellschaftliche Themen aufgreift.

FR.A.RT

Frauen sind in der Kunstwelt nach wie vor unterrepräsentiert. Um dem entgegenzuwirken, stellt die FR.A.RT-Porträtserie Künstlerinnen vor, die eine Verbindung zu Luxemburg haben. Jedes Porträt besteht aus einem Interview und Fotos. Das Projekt schließt diverse visuelle Kunstgenres sowie etablierte Künstlerinnen und Newcomerinnen ein.