EU-ParlamentFinanzierung europäischer Parteien wird vereinfacht

EU-Parlament / Finanzierung europäischer Parteien wird vereinfacht
Der Ko-Berichterstatter und luxemburgische EP-Abgeordnete Charles Goerens während der Parlamentsdebatte über die Finanzierung der europäischen Parteien Foto: European Union 2022 - Source: EP

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Die Finanzierung von europäischen politischen Parteien und deren Stiftungen soll vereinfacht werden. Bereits vergangene Woche hat das Europäische Parlament (EP) seine Position festgelegt, um ab kommender Woche mit dem Rat der EU-Mitgliedstaaten die Details auszuhandeln.

Es sei „keine Revolution“, die hier über die Bühne gehe, für die europäischen politischen Parteien wird es jedoch einige Erleichterungen geben, was die Modalitäten ihrer Finanzgebarung angeht, erklärt uns der luxemburgische EU-Parlamentarier Charles Goerens, der die Gesetzesvorlage gemeinsam mit dem deutschen EVP-Politiker Rainer Wieland im EP bearbeitet hat. Der liberale Politiker der Renew-Fraktion bedauert, dass die EU-Kommission nur eine Umgestaltung und keine Reform des bestehenden Gesetzestextes vornahm, was den EP-Abgeordneten die Möglichkeit nahm, weitergehende Änderungen am Regelwerk zur Finanzierung europäischer politischer Partei vorzunehmen. „Dadurch war für uns der Spielraum nicht so groß, wie wir es uns gewünscht hätten“, bedauert Charles Goerens, der sich etwa mehr Freiheiten bei der Wahlwerbung gewünscht hätte.

Dennoch kommt es für die europäischen Parteien zu einigen Erleichterungen. So sei neben einer Vereinfachung der Buchhaltungsregeln der Kofinanzierungssatz von zehn auf fünf Prozent gesenkt worden. Das bedeute, dass von 100 ausgegebenen Euro die Partei statt zehn künftig nur mehr fünf Euro aus Eigenmitteln aufbringen muss, erklärt Charles Goerens. In einem Wahljahr, wenn die Parteien zu den Europawahlen antreten, soll der Kofinanzierungssatz bei null Prozent liegen.

Europäische politische Parteien sind ein Zusammenschluss gleichgesinnter nationaler Parteien, wie die Europäische Volkspartei (EVP), der die luxemburgische CSV angehört, oder die Sozialdemokratische Partei Europas, in der die LSAP vertreten ist und im EP die Fraktion S&D (Sozialisten und Demokraten) bildet. Diese Parteien werden zum überwiegenden Teil aus dem EP-Haushalt finanziert und dies zu 90 Prozent auf der Grundlage ihrer Fraktionsstärke. Ihre Eigenmittel beziehen die europäischen Parteien bislang aus Spenden sowie Beiträgen von den nationalen Parteien. Künftig sollen sie ihre Eigenmittel ebenfalls aus wirtschaftlichen Tätigkeiten wie Seminargebühren oder dem Verkauf von Publikationen aufbessern können. Allerdings nur bis zu einer Höhe von zehn Prozent ihres Jahresbudgets, wie das EP nun festgelegt hat. Die EU-Kommission hatte in ihrem Vorschlag nur fünf Prozent dazu vorgesehen.

Beiträge von Parteien außerhalb der EU

Ein anderer Punkt, der nach Einschätzung von Charles Goerens allerdings zu größeren Diskussionen mit dem EU-Rat führen würde, sind die Mitgliedsbeiträge von nationalen Parteien aus Ländern außerhalb der EU. Von diesen Parteien sollen die europäischen Parteien künftig ebenfalls Beiträge erheben können, vorausgesetzt die betreffenden Länder sind im Europarat vertreten und genießen dort ihre vollen Rechte, wie Charles Goerens weiter ausführt. Was beispielsweise für Parteien aus Russland nicht mehr der Fall ist. Die EP-Abgeordneten verlangen aber, dass in diesem Fall die Mehrheit der Mitgliedsparteien ihren Sitz in der EU haben. Allerdings wollen sie, dass, anstatt der von der Kommission vorgeschlagenen zehn Prozent, die Beiträge von den Mitgliedsparteien aus Nicht-EU-Ländern 20 Prozent der Gesamteinnahmen durch Beitragszahlungen ausmachen können.

Ferner wurde festgelegt, dass die Parteien Vorschriften über eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in ihren Reihen einführen müssen und die nationalen Parteien neben ihrem Logo auch das Logo der europäischen Partei verwenden müssen. Sollten diese beiden Vorgaben nicht eingehalten werden, sind finanzielle Sanktionen fällig.

Um eine Größenordnung zu geben: In diesem Jahr sind nach Angaben der Generaldirektion für Finanzen des EP für die EVP 12.288.571 Euro an Zuwendungen aus dem EP-Budget vorgesehen, für die SPE sind es 8.566.650 Euro, die liberale ALDE 5.273.953 Euro und die Grünen 4.477.434 Euro. Im Jahr 2020 beliefen sich die Mitgliedsbeiträge der EVP auf 1.048.526 Euro, jene der SPE auf 694.700 Euro, der ALDE auf 331.250 Euro und die der Grünen auf 467.878 Euro.

Die Verhandlungen zwischen dem EP und dem Rat über die vorgesehenen Änderungen sollen kommende Woche beginnen und Anfang 2023 abgeschlossen sein, damit sie rechtzeitig vor den nächsten Europawahlen im Jahr 2024 in Kraft treten können.