F91-Spieler Tom Schnell: Auf einmal Kurzzeit-Profi

F91-Spieler Tom Schnell: Auf einmal Kurzzeit-Profi

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Tom Schnell ist einer der wenigen Düdelinger Stammspieler, die nicht Profis sind. So kurz vor dem Duell gegen den AC Mailand (Donnerstag, 21.00 Uhr, im Stade Josy Barthel) wartet der F91-Verteidiger noch auf seine Freistellung durch seinen Arbeitgeber und sieht dem Duell mit dem argentinischen Starstürmer Gonzalo Higuain gelassen entgegen.

Tageblatt: Wie fühlt es sich an, in Kürze Kurzzeit-Profi zu sein?

Tom Schnell: Derzeit arbeite ich ja noch. Eine Einigung wurde erzielt, aber noch ist nichts unterschrieben. Ich warte noch auf die Antwort des Personalbüros. Normalerweise werde ich ab dem 1. Oktober für drei Monate freigestellt.

Wie reagieren die Arbeitskollegen auf die Freistellung?

Es gibt gemischte Reaktionen. Die einen freuen sich, dass ich diese Chance erhalte, die anderen sind nicht so froh, weil ich dann auf der Arbeit fehle. Diese Reaktion verstehe ich auch, denn es ist teilweise zu ihrem Nachteil. Urlaubstage müssen verschoben werden und es fehlt ein Mann.

Sie mussten in den vergangenen Monaten die Europa League, die Arbeit und das Familienleben unter einen Hut bekommen. Ist das problematisch für den Körper?

Eigentlich nicht, denn ich verspüre keine Müdigkeit. Wie die meisten Fußballer bestreite ich lieber Spiele als Trainingseinheiten zu absolvieren.

Wäre es möglich, die Gruppenphase ohne Freistellung zu bestreiten?

Nein, es ist eigentlich nicht möglich, alle diese Partien zu bestreiten und noch einer Arbeit nachzugehen. Alle Urlaubstage dieses Jahres und teilweise auch einige Tage von 2019 würden draufgehen und darüber würde sich meine Familie wohl nicht besonders freuen. Die unbezahlte Freistellung ist die beste Lösung.

Sie haben seit der Verletzung von Jonathan Joubert die Kapitänsbinde übernommen. Hat sich Ihre Rolle innerhalb der Mannschaft verändert?

Ich habe nichts geändert. Ich habe vorher in der Umkleidekabine und auf dem Platz das Wort ergriffen und werde dies auch weiterhin machen.

Überrascht es Sie manchmal, dass Sie nach Jahren auf nationalem Niveau noch immer so gut international mithalten können?

Es ist schon erstaunlich, dass wir als Mannschaft auf diesem Niveau bestehen können. Aber auf der anderen Seite ist es auch eine logische Konsequenz der guten Vorbereitung. Unser Trainer ist sehr anspruchsvoll und alle ziehen mit. In den kommenden drei Monaten wird man dann sehen, was wir erreichen können, wenn alle Kaderspieler sich ausschließlich auf Fußball konzentrieren können, was bisher ja nicht der Fall war. Ich selbst versuche, so weiterzutrainieren wie bisher. Neben den Einheiten mit der Mannschaft absolviere ich Kraftübungen und gehe regelmäßig zum Physiotherapeuten.

Ihr Teamkollege Danel Sinani ist in Topform und derzeit nicht zu bremsen. Muss man ihn trotzdem mit seinen 21 Jahren ab und zu zur Ordnung rufen?

Als er von den Länderspielen mit der Nationalmannschaft zurückgekehrt ist, haben wir ihm spaßeshalber gesagt, dass es jetzt reicht mit den Toren für Luxemburg und dass er sich die Treffer für Düdelingen aufsparen soll. Aber im Ernst: Danel ist mit den Füßen auf dem Boden und wenn er es nicht wäre, dann würde ihn der Trainer wieder schnell dorthin zurückholen. Er ist ein außergewöhnliches Talent und das zeigt er zurzeit immer deutlicher.

Die Wertschätzung im Land wird größer. Haben Sie das erste Mal, seit Sie beim F91 sind, das Gefühl, von einem Großteil der Luxemburger Fußballfans geliebt zu werden?

Wir genießen den Moment, aber es würde uns freuen, wenn auch zu unseren Ligaspielen mehr Zuschauer kommen würden. Leider bevorzugt der durchschnittliche luxemburgische Fußballfan jedoch die Spiele der Bundesliga. Ich hätte mir auch erwartet, dass am Sonntag mehr Leute nach Strassen kommen, um unsere Generalprobe zu sehen. Insgesamt ist das Interesse an uns aber zurzeit riesig. Am Dienstag bin ich zusammen mit Danel Sinani und David Turpel während einer Stunde beim deutschen Sender DAZN im Interview und bei jeder unserer Trainingseinheiten ist ein ausländisches Kamerateam dabei.

Stört dies nicht die Konzentration?

Irgendwann fällt einem das nicht mehr auf. Wir benehmen uns nicht anders, nur weil Kameras vor Ort sind.

Ihr Trainer Dino Toppmöller sagte vor der Partie gegen Cluj: „Das ist das letzte Spiel, in dem wir unter Druck stehen.“ Unterschreiben Sie diese Aussage?

In der Europa League haben wir nichts zu verlieren. Das Hauptziel bleibt aber der Gewinn des nationalen Meistertitels. Das hat der Vorstand uns vergangene Woche noch einmal verdeutlicht. Und dort gibt es dann wieder Druck.

Gegen den AC Mailand werden Sie sich vor allem mit dem argentinischen Stürmerstar Gonzalo Higuain messen. Haben Sie sich bereits mit ihm beschäftigt?

Ich habe mir die Partie des AC Mailand gegen Cagliari am Sonntag angesehen und sein Tor auch. In den nächsten Tagen wird uns der Trainer perfekt auf unsere Gegenspieler einstellen. Besser als Cristiano Ronaldo ist Higuain auf keinen Fall. Gegen den Portugiesen bin ich mit der Nationalmannschaft bereits angetreten, als er noch sehr jung war und noch die Nummer 17 trug (2005, Anm. d. Red.). Ich habe seine ganze Entwicklung miterlebt und es gibt keinen beeindruckenderen Fußballspieler als ihn.