Bevor im Sommer kommenden Jahres die neue EU-Asyl- und Migrationsgesetzgebung in Kraft treten soll, wollen die 27 dem noch einen wichtigen Bestandteil beifügen: die sogenannte Rückführungsverordnung, die nicht in dem im vorigen Jahr verabschiedeten Gesetzespaket verankert war, das die künftige Asyl- und Migrationspolitik der EU regelt.
Es gebe Fortschritte bei den Diskussionen über den von ihm im März vorgelegten Verordnungsvorschlag zu den Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber, sagte der zuständige EU-Innenkommissar Magnus Brunner nach der Tagung, ohne jedoch konkrete Ergebnisse vorweisen zu können. Denn die 27 sind sich derzeit noch nicht einig darüber, ob und inwieweit ein in einem EU-Staat ausgestellter Rückführungsbescheid von allen anderen EU-Staaten als verbindlich akzeptiert werden soll. Damit sollte vermieden werden, dass in einem EU-Land abgelehnte Asylbewerber in einem anderen EU-Staat einen neuen Asylantrag stellen.
„Luxemburg unterstütze die gegenseitigen Anerkennungen für Rückführungen unter der Bedingung, dass man das flexibel anwenden kann“, sagte der luxemburgische Innenminister Léon Gloden. Damit stehe jedem Mitgliedstaat die Option offen, ein eigenes Asylverfahren durchführen zu können.
Für den niederländischen Justizminister David Van Weel bedeutet die gegenseitige Anerkennung eine Vereinfachung des Rückführungsprozesses. Dieser könnte dadurch beschleunigt werden, „da man selbst keine Entscheidung mehr treffen muss“, wenn sich ein irregulärer Migrant im Land befindet, der von einem anderen EU-Staat ein Rückführungsbescheid erhalten habe. Allerdings müsse klargestellt werden, dass nicht doch noch eine Berufung gegen die in einem anderen EU-Staat getroffene Entscheidung eingelegt werden könne, sagte der Niederländer.
Belgien hingegen hat Bedenken: Ihr Land sei hauptsächlich von sogenannter „sekundärer Migration“ betroffen, sagte vor der Ratstagung die belgische Asyl- und Migrationsministerin Anneleen Van Bossuyt. Das bedeutet, dass irreguläre Migranten vorher bereits in einem anderen EU-Land waren, bevor sie nach Belgien kamen. Sollte aber eine gegenseitige Anerkennung von Rückführungsbescheiden die Regel sein, müsste Belgien eine Rückführung durchführen – und vor allem auch die dabei anfallenden Kosten tragen – wenn rückreisepflichtige Migranten ins Land kommen, so Anneleen Van Bossuyt. Es sei leicht, ein Rückführungsbescheid auszustellen, wenn anschließend die Migranten in ein anderes EU-Land ziehen, gab die Ministerin zu bedenken.
Schengen: Gloden wartet auf Gutachten aus Brüssel
Demnach gibt es weiterhin Diskussionsbedarf, auch wenn feststeht, dass die EU-Staaten insgesamt mehr Abschiebungen durchführen wollen. Unter anderem um die Glaubwürdigkeit des Asylsystems zu stärken, wie der dänische Migrationsminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Rasmus Stoklund meinte. Denn derzeit würden nur 20 bis 25 Prozent der rückführungspflichtigen Migranten in der EU auch tatsächlich abgeschoben, wie es am Dienstag in Luxemburg hieß. Ganz abschiebefreudig zeigte sich der österreichische Innenminister Gerhard Karner, der ohnehin „robuster und härter“ gegen illegale Migration vorgehen will. Das bedeute auch „konsequenter“ abschieben, so der Österreicher, der dabei vor allem straffällig gewordene Migranten aus Syrien und Afghanistan im Sinn hat. Dafür ist auch Léon Gloden offen, der damit einverstanden ist, Straftäter etwa nach Syrien abzuschieben.
Doch in Bezug auf Syrien wird derzeit auf eine freiwillige Rückkehr gesetzt. Allerdings läuft das bislang schleppend. Derzeit befänden sich fast 4.000 Menschen, die im Zuge des Krieges aus Syrien geflohen seien, in Luxemburg, sagte der luxemburgische Innenminister. Bislang seien allerdings nur drei freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt. Er unterstütze daher die „See and visit“-Methode, wonach Flüchtlinge nach Syrien reisen können, um herauszufinden, ob für sie dort eine Möglichkeit besteht, ein neues Leben aufzubauen, so Gloden.
Der allerdings noch ein anderes Anliegen mit den Amtskollegen besprechen wollte: die Kontrollen an den Schengengrenzen. Er habe zweimal Beschwerde bei der EU-Kommission wegen der Kontrollen an den deutschen Grenzübergängen bei der EU-Kommission eingereicht, die ihm ein Gutachten zum Vorgehen der deutschen Regierung vorlegen sollte. Gloden geht davon aus, dass die Kriterien, die Deutschland für die Kontrollen anführt, „nicht rechtmäßig sind“. Er zweifelt die „Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit“ an. Der EU-Innenkommissar sagte, er habe mit Gloden gesprochen, die Arbeiten an dem Gutachten dauerten noch an. Aber es habe „Verbesserungen“ gegeben, so Magnus Brunner. Was Gloden bestätigte: Die Kontrollen seien in der Zwischenzeit „flexibler gestaltet worden“. „Aber wir brauchen auch eine Exitstrategie für die Zukunft. Es kann nicht sein, dass temporäre Kontrollen an den Binnengrenzen zu einem leider festen Bestandteil von Europa wird“, so der Innenminister.
Wer es fertig bringt die EU-Grenzen zu schützen bekommt Trumps Nobelpreis nächstes Jahr.
Brueder im Geiste