Sanktionen gegen SittenpolizeiEU-Außenminister könnten wegen Drohnen aus Teheran weitere Strafmaßnahmen beschließen

Sanktionen gegen Sittenpolizei / EU-Außenminister könnten wegen Drohnen aus Teheran weitere Strafmaßnahmen beschließen
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn (M.) im Gespräch mit seinem italienischen Amtskollegen Luigi Di Maio (r.) und dem kroatischen Außenminister Gordan Grlic Radman (l.) im EU-Ratsgebäude auf Kirchberg Foto: AP/dpa/Virginia Mayo

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Die EU-Außenminister haben am Montag bei ihrer Tagung in Luxemburg aufgrund des brutalen Vorgehens gegen die Proteste im Iran Sanktionen unter anderem gegen die dortige sogenannte Sittenpolizei verhängt. Wegen der jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Krieg könnten jedoch weitere, schwerere Strafmaßnahmen gegen das Regime in Teheran folgen.

Seit über einem Monat protestieren die Menschen im Iran gegen das theokratische Mullah-Regime, nachdem die junge Kurdin Mahsa Amini nach ihrer Festnahme am 13. September durch die iranische Sittenpolizei gestorben ist. Seitdem seien nach Berichten von Nichtregierungsorganisationen über 100 Menschen bei den Protesten ums Leben gekommen, wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag nach der Ratssitzung erklärte. Angesichts der Gewalt gegen die Menschen setzten die EU-Staaten nun ein Zeichen. Insgesamt wurden elf Personen sowie vier Organisationen mit Sanktionen belegt, die ein Einreiseverbot sowie das Einfrieren von Vermögenswerten umfassen. Damit einher geht auch ein an EU-Bürgerinnen und -Bürger sowie Unternehmen gerichtetes Verbot, diesen Personen und Organisationen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Insgesamt stehen mittlerweile 97 Personen und acht Organisationen im Iran auf der EU-Sanktionsliste.

„Die Menschen (im Iran) wollen nicht mehr eingesperrt sein. Sie wollen Sauerstoff haben, vor allem die jungen Menschen, die Frauen“, kommentierte am Montag der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. „Dieses Regime hat vielleicht funktioniert in den letzten 40 Jahren, aber es funktioniert jetzt nicht mehr.“

Nach dem Brand im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis am Wochenende würde die EU die Situation dort genau beobachten, sagte Josep Borrell. Die EU-Außenminister riefen den Iran unter anderem dazu auf, die während der Proteste gefangen genommenen Menschen sofort freizulassen, das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten einzustellen sowie die Internetverbindungen im Land wiederherzustellen. Unter den sanktionierten Personen ist unter anderem der iranische Minister für Informations- und Kommunikationstechnologie, Issa Zarepour.

Doch die beschlossenen Sanktionen dürften unter Umständen nicht die letzten sein, die die EU gegen das Regime in Teheran verhängt. Denn die 27 Außenminister unterhielten sich am Montag erstmals mit einem Gast, ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba, der ihnen aus einem Luftschutzbunker zugeschaltet war. Der Grund dafür war ein neuerlicher russischer Luftangriff auf Kiew, an dem angeblich auch iranische Kamikaze-Drohnen beteiligt gewesen sein sollen. Kuleba habe die EU aufgefordert, angesichts des Einsatzes der Shahed-136-Drohnen weitere Sanktionen gegen den Iran zu verhängen und den wirtschaftlichen Druck auf Russland zu erhöhen, wie Josep Borrell weiter ausführte.

EU bereit zu reagieren

Die EU-Staaten gehen davon aus, dass der Iran nicht nur Drohnen, sondern auch Raketen an Russland für den Krieg in der Ukraine liefert. Allerdings würde der iranische Außenminister dies „kategorisch“ bestreiten, wie uns Jean Asselborn weiter erklärte. Die EU brauche noch „verlässliche Beweismittel von verschiedenen Ländern, vorrangig von der Ukraine“, ob die von Russland in der Ukraine eingesetzten Drohnen tatsächlich aus dem Iran stammen, sagte Josep Borrell. Doch die EU sei bereit, darauf zu reagieren, so der EU-Außenbeauftragte weiter. Er glaube nicht, dass sich da Mitgliedstaaten querlegen würden.

„Wenn sich das bestätigt, sind wir bei wirtschaftlichen Sanktionen“, meinte Jean Asselborn angesichts des von den Ukrainern behaupteten Einsatzes der iranischen Drohnen. Was dem luxemburgischen Chefdiplomat zusätzlich Sorgen bereitet. Denn das würde ein weiterer Rückschlag für die ohnehin feststeckenden Verhandlungen über ein neues Atomabkommen mit dem Iran bedeuten. Er sehe derzeit „keine Möglichkeiten“, dass es dann noch zu einem Abkommen kommen könnte. Mit diesem Abkommen wollen die EU-Staaten und die USA den Iran vom Bau einer Atombombe abhalten. Ein früheres Abkommen wurde allerdings vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump aufgekündigt.

Geeinigt haben sich die EU-Außenminister am Montag ebenfalls auf eine Ausbildungsmission für rund 15.000 ukrainische Soldaten. Mitte November soll die auf vorläufig zwei Jahre ausgelegte Unterstützungsmission, für die insgesamt 106,7 Millionen Euro bereitgestellt werden, beginnen. Die Ausbildung finde in verschiedenen europäischen Staaten statt und es würden auch nicht alle 15.000 Soldaten auf einmal an diesen Ausbildungen teilnehmen, sagte Borrell. Zudem werden der Ukraine zusätzliche 500 Millionen Euro aus der von den EU-Staaten finanzierten sogenannten „Europäischen Friedensfazilität“ zur Verfügung gestellt. Womit sich die Gesamtsumme aus diesem Instrument zur militärischen Unterstützung der Ukraine auf mittlerweile 3,1 Milliarden Euro erhöht.