StatecDurchschnittsgehalt der Frauen ist in Luxemburg wieder höher als das der Männer – aber …

Statec / Durchschnittsgehalt der Frauen ist in Luxemburg wieder höher als das der Männer – aber …
Luxemburg ist das einzige Land in der ganzen Europäischen Union, in dem der GPG zugunsten der Frauen ausfällt Foto: Pixabay

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Verdienen Frauen in Luxemburg inzwischen mehr als Männer? Diesen Schluss könnte man aus den neusten Daten zum Gender Pay Gap ziehen. Ganz so einfach ist es jedoch nicht, wie Statec berichtet.

Die Gender Pay Gap (GPG) schlägt in Luxemburg das zweite Jahr in Folge zugunsten der Frauen aus. Das geht aus einer neuen Statec-Studie vom Donnerstag hervor. Mehr noch: Der Abstand beim durchschnittlichen Stundenlohn von Männern und Frauen hat sich von 2021 auf 2022 um 0,5 Prozent zugunsten der Frauen vergrößert. Somit liege der Unterschied bei -0,7 Prozent*. 2006 lag der GPG hierzulande noch bei 10,7 Prozent.

Allerdings falle der Unterschied der Jahresgehälter mit 4,5 Prozent weiterhin zugunsten der Männer aus. Dies sei einerseits auf einen kleinen Prozentsatz an Männern zurückzuführen, die sehr hohe Gehälter sowie höhere Boni beziehen, und andererseits auf die Tatsache, dass Frauen mehr Teilzeit arbeiten. „Ohne diese Boni besteht jedoch auch bei den Jahresgehältern nahezu Lohngleichheit“, schreibt Statec. In diesem Fall liege der GPG bei 0,1 Prozent.

Luxemburgs Resultat sei einzigartig innerhalb der Europäischen Union, wo der Stundenlohn von Männern immer noch höher ist als jener von Frauen. Der GPG liegt laut Statec im europäischen Durchschnitt bei 12,7 Prozent. Neuesten Schätzungen zufolge liegt der GPG in Deutschland bei 17,7 Prozent, in Frankreich bei 13,9 Prozent und in Belgien bei 5,0 Prozent.

Reiche Männer

Hinter diesen Zahlen verstecke sich allerdings ein großes „aber“. Der GPG wird auf der Grundlage des Durchschnittslohns berechnet. Somit kann das Ergebnis von sehr hohen Löhnen eines sehr kleinen Prozentsatzes von Personen beeinflusst werden. Und das seien in diesem Fall eher Männer, schreibt Statec. Darum lohne sich auch ein Blick auf die Lohnverteilung. Um diesen Effekt der „Großverdiener“ zu bereinigen, könne man den GPG auf der Grundlage eines Medianlohns berechnen.

Bei dieser Methode werden Arbeitnehmer in zwei gleich große Gruppen eingeteilt: 50 Prozent der Menschen verdienen mehr, 50 Prozent verdienen weniger als der Medianlohn. Auf dieser Grundlage verschiebt sich der GPD sogar noch stärker zugunsten der Frauen: -11,3 Prozent. Im letzten Perzentil, also unter den 1 Prozent, die hierzulande am meisten verdienen, fällt der GPG hingegen mit 27 Prozent deutlich zugunsten der Männer aus. Da hohe Löhne und Boni den Median nicht beeinflussen, ergebe sich beim durchschnittlichen Jahreslohn ein ähnlicher Unterschied (-11.9 Prozent) wie beim Median-Stundenlohn.

Bruttostundenlöhne (in Euro) und Abweichungen (GPG, in %) von den einzelnen Perzentilen der Lohnverteilung
Bruttostundenlöhne (in Euro) und Abweichungen (GPG, in %) von den einzelnen Perzentilen der Lohnverteilung Grafik: Statec

Arbeitsstunden berücksichtigen

Die Tatsache, dass Frauen im Durchschnitt weniger Arbeitsstunden leisten als Männer, wird in diesen Rechnungen jedoch nicht berücksichtigt. So herrsche zwar bei den Stunden- und Jahresverdiensten auf Vollzeitbasis ohne Bonuszahlungen nahezu Lohngleichheit. Bei den durchschnittlichen effektiven Jahresverdiensten ohne Bonuszahlungen bestehe hingegen ein Unterschied von etwa 10 Prozent.

Dieser Unterschied lasse sich dadurch erklären, dass Frauen im Durchschnitt auch 10 Prozent weniger Stunden arbeiten als Männer. Dies sei auf Teilzeitverträge zurückzuführen, die 36 Prozent der arbeitenden Frauen und 8 Prozent der Männer besitzen.

Statec hält zusammenfassend fest, dass, „unabhängig vom verwendeten Ansatz, eine Entwicklung in Richtung einer Verringerung des bestehenden Unterschieds zugunsten von Männern beziehungsweise einer Vergrößerung des bereits erreichten Unterschieds zugunsten von Frauen zeigt“.

Deutliche Geschlechterverteilung

Ein nicht unwesentlicher Punkt wird in dem Statec-Bericht jedoch nicht weiter ausgeführt: die Verteilung der Geschlechter nach Wirtschaftsbereichen. Neue Zahlen dazu würden erst zu einem späteren Zeitpunkt publiziert werden, heißt es in den Fußnoten des Berichts. Die Verteilung der Geschlechter hat allerdings einen Einfluss auf die Gehälter und damit auch auf die GPG-Statistik. Ältere Statec-Daten aus dem Jahr 2018 zeigen, dass der Bildungs- und Gesundheitssektor vor allem von Frauen dominiert wurde – Sektoren mit tendenziell hohen Gehältern. Wohingegen Arbeitsplätze in der Industrie und der Transport zu mehr als 80 Prozent von Männern besetzt wurden.

So arbeiteten 2018 insgesamt 29 Prozent aller berufstätigen Frauen hierzulande im Gesundheits- und Bildungswesen – gegenüber 8 Prozent der Männer. Andererseits arbeiteten 40 Prozent der berufstätigen Männer im Bau, der Industrie oder im Transportwesen, wohingegen es bei den Frauen nur 9 Prozent waren. Zudem war der Anteil der weiblichen Beschäftigten mit Universitätsabschluss 2018 deutlich höher als jener der männlichen: 44 Prozent gegenüber 35 Prozent. 


Die Prozentzahl wird immer aus Sicht der Männer angegeben.