Persönlichkeiten 2024Diese Menschen werden im Laufe des Jahres Luxemburgs Politik prägen

Persönlichkeiten 2024 / Diese Menschen werden im Laufe des Jahres Luxemburgs Politik prägen
In der Chamber wird luxemburgische Politik gemacht, aber nicht alle prägenden Figuren sitzen im Parlament Foto: Editpress/Julien Garroy

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2024 läuft die Schonfrist für die neue Regierung aus. Große Herausforderungen müssen angepackt werden, von der Baukrise bis zur Rentenreform. Und wieder wird es ein Superwahljahr im Großherzogtum: Im März stehen die Sozialwahlen an, im Juni folgt die Europawahl. Das Tageblatt hat einen Blick hinter die Kulissen geworfen und ein paar Persönlichkeiten gefunden, die die luxemburgische Politik im neuen Jahr prägen könnten.

Präsident des Mieterschutzes: Jean-Michel Campanella
Präsident des Mieterschutzes: Jean-Michel Campanella Foto: Editpress/Julien Garroy

Jean-Michel Campanella

Seit 2020 gibt es den Mieterschutz in Luxemburg und seit 2020 steht ihm der ehrenamtliche Präsident Jean-Michel Campanella vor. Gegründet in der Corona-Pandemie, setzt sich der Mieterschutz für die Interessen einer auf dem luxemburgischen Wohnungsmarkt oft vernachlässigten Gruppe ein: die Mieter. Und die sind in der Wohnungskrise oft als Erste und am härtesten betroffen. In Zeiten, in denen bezahlbarer Wohnraum zum vielleicht wichtigsten politischen Thema des Landes geworden ist, braucht es deshalb einen Mann wie Campanella. Der erfahrene Sozialarbeiter ist nah bei den Menschen und hat schon in unterschiedlichen Organisationen gearbeitet, aktuell beim „Centre psycho-social et d’accompagnement scolaire“ (CePAS). Während Frieden und Co. zur Lösung der Probleme im Bereich Logement auf den Markt schauen, blickt Campanella auf die Betroffenen – und setzt sich mit lauter Stimme für deren Rechte ein. Auf ihn wird auch 2024 viel Arbeit warten.


Friedens neuer Kabinettschef: Michel Scholer
Friedens neuer Kabinettschef: Michel Scholer Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

Michel Scholer & Florence Könner

Luc Frieden inszeniert sich gerne als Unternehmer, der Regierungschef als CEO des Betriebs Luxemburg, Vorsitzender der Ministermannschaft. Aber auch ein Chef braucht enge und vertraute Mitarbeiter. Zwei davon könnten im neuen Jahr die Politik Friedens in Form und Inhalt mitgestalten. Da wäre zum einen Michel Scholer, Friedens neuer Kabinettschef, die rechte Hand des Premierministers. Scholer hat bislang als leitender Berater für Luxemburg beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington gearbeitet. Zuvor war er als Attaché im Finanzministerium unter der damaligen Ministerin Yuriko Backes tätig. Scholer hat in Großbritannien Politik und Wirtschaft studiert, u.a. an der London School of Economics (LSE). Als Kabinettschef wird er alle wichtigen Dossiers des Premierministers koordinieren – und ist somit einer der höchsten und einflussreichsten Beamten der Regierung. 

In der Hierarchie der Verwaltung weniger hoch angesiedelt, aber auf andere Art und Weise ähnlich einflussreich ist Florence Könner, Luc Friedens Kommunikationsberaterin. Sie ist dafür zuständig, dass dem Premier keine PR-Desaster unterlaufen – wie etwa beim mehr als holprigen kommunikativen Start der Koalition und dem Hin und Her bei der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages. Zuvor arbeitete Könner als „Secrétaire de légation“ im Außenministerium.


Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit: Martine Deprez
Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit: Martine Deprez Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Martine Deprez

In den ersten Wochen der Regierung Frieden im ausklingenden Jahr 2023 sorgten neben Innenminister Léon Glodens Bettelverbot vor allem die Kommissionsitzungen mit der Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit für politischen Gesprächsstoff. Beim LSAP-Abgeordneten Mars Di Bartolomeo klingelten die „Alarmglocken“, auch aus den Reihen der Koalitionsparteien gab es Kritik. Die politische Newcomerin Deprez stand sofort im Rampenlicht. Und wird wohl auch im neuen Jahr nicht so leicht aus dem Fokus der Aufmerksamkeit verschwinden. Zu viele große und vor allem umstrittene Dossiers stehen in ihren beiden Ministerien an. Da ist die Frage der Gesundheitsversorgung, besonders dringlich im ländlichen Raum: Wie geht es weiter mit den „Maisons médicales“ im Osten? Und welche Ärzte sollen dort angesichts des Fachkräftemangels überhaupt arbeiten? Hinzu kommt das große Tabuthema Rentenreform. Im Wahlkampf totgeschwiegen, drängt es nun auf die politische Tagesordnung. Noch gibt es wenig konkrete Ideen oder Pläne, aber die Gemüter kochen schon hoch. Premier Frieden wünscht sich eine breite und grundlegende Debatte. Deprez wird sie 2024 führen müssen.


Für Luc Meyer und den Handwerkerverband dürfte vor allem die Baukrise ein entscheidendes Thema sein
Für Luc Meyer und den Handwerkerverband dürfte vor allem die Baukrise ein entscheidendes Thema sein Foto: Editpress/Tania Feller

Luc Meyer

Der Luxemburger Bausektor steckt in der Krise – und mit ihm das Handwerk. Wird weniger gebaut, werden weniger Anstreicher, Elektriker, Installateure oder Dachdecker gebraucht. Als Präsident des Handwerkerverbandes ist Luc Meyer der nationalpolitische Fürsprecher der Luxemburger Handwerker – und steht 2024 vor einem ganz entscheidenden Jahr. Denn: Die Krise im Bausektor ist komplex und nahezu undurchsichtig. Einerseits wird seit Monaten ein Fachkräftemangel im Luxemburger Handwerk beklagt, während auf der anderen Seite die Arbeitslosenzahlen steigen.

Luc Meyer wird mit seinen Vizepräsidenten Michel Reckinger, Laurent Kuhn, Tun di Bari und Alexa Ballmann versuchen, die Wirtschaftspolitik der CSV-DP-Regierung in den kommenden Jahren entscheidend zu beeinflussen. Die Krise im Bau ist dabei vermutlich Priorität Nummer eins der „Fédération des artisans“. Für das Tageblatt sind Luc Meyer und sein Team Persönlichkeiten, auf die es 2024 zu achten gilt.


Paul de Araujo und Michelle Cloos 
Paul de Araujo und Michelle Cloos  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Paul de Araujo, Michelle Cloos

Im Jahr der Sozialwahlen dürften einige Gewerkschafter im Vordergrund stehen – und dabei sicherlich nicht nur die bekannten Führungsfiguren wie Nora Back (OGBL), Patrick Dury (LCGB) und Romain Wolff (CGFP). Durch den ersten Streik bei der Cargolux in deren 53-jähriger Geschichte rückten zum Beispiel Michelle Cloos, beim OGBL für den Bereich der zivilen Luftfahrt, und Paul de Araujo, Verhandlungsführer des LCGB, in den Vordergrund. Schließlich gaben die beiden Gewerkschaften und die Frachtfluggesellschaft, die drei Jahre in Folge Rekordgewinne eingeflogen hatte, Mitte September eine Einigung in dem Konflikt auf eine Lohnerhöhung von fünf Prozent über vier Jahre bekannt. Die Cargolux übernimmt das Cargocenter der Luxair – und die gesamte Belegschaft wird von dem Unternehmen übernommen, hieß es Anfang Dezember. Cloos drängte umgehend auf eine schriftliche Garantie. Der aktuelle Tarifvertrag bleibt erhalten.

Gute Nachrichten gab es kurz vor Weihnachten auch für die Mitarbeiter der Firma Ampacet. Die Direktion des Unternehmens hatte den Kollektivvertrag einseitig gekündigt. Nach 25 Tagen Streik konnte schließlich eine Einigung erzielt werden, was die vollständige Wiederherstellung der Bestimmungen des alten Kollektivvertrages sowie laut Gewerkschaft eine substanzielle Lohnerhöhung, die Einführung einer neuen Lohntabelle und die Auszahlung einer einmaligen Prämie bedeutete. Ein Erfolg nicht zuletzt von den OGBL-Vertretern Stefan Osorio-König und Alain Rolling.


 Luxemburgs EU-Kommissar: Nicolas Schmit
Luxemburgs EU-Kommissar: Nicolas Schmit Foto: chd.lu

Nicolas Schmit

Nicolas Schmit ist Luxemburgs EU-Kommissar. Das Portfolio des LSAP-Politikers umfasst unter Kommissionspräsidentin von der Leyen die Bereiche Arbeit und Soziales. Seine Amtszeit wird sich mit den Europawahlen dem Ende zuneigen – und könnte die EU-Politik der kommenden Monate dennoch entscheidend prägen. Denn: Nicolas Schmits Name zirkuliert seit längerem auf der Liste der möglichen Kandidaten, die die Sozialdemokratische Partei Europas (SEP) bei den kommenden Wahlen als europaweiter Spitzenkandidat anführen könnten.

Bei seiner Kurzvisite in der Chamber vor einem knappen Monat war der Sozialist einer möglichen Spitzenkandidatur gegenüber zumindest nicht abgeneigt. Er würde nicht Nein sagen, so seine Antwort auf die Frage eines Journalisten, was denn seine Antwort auf eine mögliche Anfrage wäre. Auch wenn Nicolas Schmit sich weiterhin nicht aus der Deckung wagt, gehört er definitiv zu den Persönlichkeiten, die die Europawahlen aus Luxemburger Sicht direkt oder indirekt beeinflussen werden.


Romain
8. Januar 2024 - 11.24

Im guten wie im schlechter Weise