Höhere Spritsteuern in LuxemburgDie Empörung ist groß, aber nicht berechtigt

Höhere Spritsteuern in Luxemburg / Die Empörung ist groß, aber nicht berechtigt
Selbst nach den geplanten Akzisenerhöhungen von 2020 und 2021 werden die Spritpreise in Luxemburg noch immer wesentlich niedriger sein als in den Nachbarländern Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wie nicht anders zu erwarten war, ist die Empörung über die Erhöhung der Akzisen auf Kraftstoffe zur Erreichung der Klimaziele groß. Doch nicht alle Kritiken sind berechtigt. Die größte Oppositionspartei CSV will polemisieren, die Arbeitgeberverbände versuchen, möglichst viel Profit dabei herauszuschlagen. Dabei werden die Spritpreise in Luxemburg selbst nach der Akzisenerhöhung noch immer wesentlich niedriger als in den meisten anderen EU-Ländern sein. Die Regierung muss jedoch darauf achten, dass die einkommensschwachen Haushalte angemessen und zeitnah kompensiert werden.

Um den Tanktourismus (und den Dauerstau) in Luxemburg einzudämmen, hat die Regierung Anfang dieser Woche beschlossen, zwischen Februar und April 2020 die Akzisen auf Benzin um 1 bis 3 Cent und jene auf Diesel um 3 bis 5 Cent pro Liter zu erhöhen. Mit der Einführung der CO2-Steuer ist eine weitere Erhöhung um etwa 5 Cent für 2021 geplant. Diese Maßnahmen sollen zur Erreichung der Klimaziele beitragen, die sich die Regierung in den vergangenen Wochen mit dem Klimaschutzgesetz und dem Nationalen Energie- und Klimaplan gesetzt hat. Bis 2030 will Luxemburg seine Treibhausgase um 55% gegenüber 2005 senken, seine Energieeffizienz um 40 bis 44% steigern und den Anteil an nicht fossilen Brennstoffen wesentlich erhöhen. Der Auto- und Lkw-Verkehr ist für rund 65% der CO2-Emissionen in Luxemburg verantwortlich.

Bereits im Mai dieses Jahres waren die Akzisen auf Diesel um 2 Cent und jene auf Benzin um 1 Cent erhöht worden. Große Auswirkungen hatte diese Preiserhöhung nicht. In der zweiten Hälfte dieses Jahres (Mai bis November) gingen die Verkäufe gegenüber dem gleichen Zeitraum 2018 um lediglich 1,1% zurück. Wegen des hohen Anstiegs der Spritverkäufe in den ersten vier Monaten (ein Plus von 11,3% gegenüber 2018) lägen die Verkaufszahlen auf das ganze Jahr 2019 gerechnet voraussichtlich auf dem Rekordniveau von 2012, erklärte Finanzminister Pierre Gramegna (DP) am Montag.

Viel Polemik

Trotzdem ließ die Kritik nicht lange auf sich warten. Die CSV, die bei ihrem letzten Nationalkongress im November noch (fast) einstimmig beschlossen hatte, Klimaneutralität in der Verfassung zu verankern und CO2-Emissionen radikal zu verringern, macht nun Stimmung gegen die Akzisenerhöhung. Dabei ist es nicht einmal der bekennende Greta-Hasser und Klimaskeptiker Laurent Mosar, sondern sein Sidekick aus der Datenbank-Affäre, Gilles Roth, der mit irreführenden Aussagen wie „de Sprit gëtt an noer Zukunft zweemol méi deier (warscheinlech schonn am Januar 2020)“ oder „e schéine Chrëschtkaddo vun der Regierung mat der Annonce, dass de Präis vum Diesel bis 2023 bis zu 15 Cent de Liter klëmmt, ouni dass d’Kilometerpauschal adaptéiert gëtt!“ gegen die Dreierkoalition polemisiert.

Der der Handelskonföderation CLC angeschlossene Verband der Transportunternehmer („Groupement Transports“) sieht durch die Akzisenerhöhung die Existenz der kleinen und mittleren Transportfirmen bedroht und zieht schon Straßenblockaden in Erwägung. Um die Mehrausgaben während der Energiewende zu kompensieren, fordern die Transportunternehmen staatliche Unterstützung.

Der Präsident des dem Industriellenverband Fedil angeschlossenen „Groupement pétrolier“, Romain Hoffmann, befürchtete in einem Interview auf Radio 100,7 hohe Einbußen beim Dieselverkauf an Lastwagen und kündigte bereits prophylaktisch einen Rückgang der Investitionen und Personalabbau an. Seine Kritik begründete er mit dem Argument, dass die Akzisenerhöhung dem Klima nicht helfen werde. Wenn der Kraftstoff in Luxemburg zu teuer werde, würden die Auto- und LKW-Fahrer einfach in den Nachbarländern tanken. Weniger gefahren werde aber nicht.

Diese Argumentation, die auch an anderen Stellen zu lesen und zu hören ist, greift jedoch aus mehreren Gründen zu kurz. In kaum einem europäischen Land kostet Diesel weniger als in Luxemburg. Nach der Akzisenerhöhung von 2020 und selbst nach Einführung der CO2-Steuer 2021 werden die Spritpreise in Luxemburg noch immer wesentlich niedriger sein als in den Nachbarländern. So kostet ein Liter Diesel in Luxemburg aktuell 1,11 Euro. Sollten die Akzisen bis 2021 um maximal 10 Cent erhöht werden, läge der Dieselpreis noch immer 20 bis 30 Cent unter den fast 1,50 Euro, die zurzeit in Frankreich (1,48) und Belgien (1,46) verlangt werden. Diese Preise werden selbst dann nicht überschritten, wenn bis 2023 weitere 10 Cent pro Liter fällig werden.

Auch in Deutschland kostet ein Liter Diesel mit 1,25 Euro heute mehr, als er in Luxemburg nach der geplanten Akzisenerhöhung im Jahr 2021 kosten wird. Beim Benzin sind die Unterschiede ähnlich hoch. Lediglich in Belgien können Transportunternehmen sich einen Teil der Kosten rückerstatten lassen, sodass der Endpreis für LKW-Diesel in Belgien seit einigen Monaten leicht unter dem in Luxemburg liegt. Vor dem Hintergrund der europäischen Klimapolitik ist aber fraglich, ob Belgien sein Rückerstattungssystem noch lange aufrechterhalten kann.

In den meisten europäischen Ländern gibt es bereits eine CO2-Steuer oder sie wird ernsthaft in Erwägung gezogen. In Deutschland soll sie, genau wie in Luxemburg, 2021 eingeführt werden und progressiv ansteigen. Mit 25 Euro pro Tonne CO2 wird die anfängliche Bepreisung in Deutschland nach derzeitigem Erkenntnisstand sogar noch 5 Euro höher als in Luxemburg liegen.

Steuerkredit geplant

Ziel der Spritpreiserhöhung ist es schließlich, den Individual-, aber auch den Güterverkehr dazu zu bewegen, auf Fahrzeuge umzusteigen, die nicht mit fossilen Energien betrieben werden. Die Elektromobilität und andere alternative Energien wie Wasserstoff sollen sich mittel- bis langfristig durchsetzen. Der öffentliche Nahverkehr wird massiv ausgebaut. Auf Benzin und Diesel soll möglichst verzichtet werden. Auch im Güterverkehr. Das Geld, das der Staat durch die Akzisenerhöhung einnimmt, soll zur Hälfte für Subventionen im Bereich der Energietransition eingesetzt werden. Mit der anderen Hälfte sollen einkommensschwache Haushalte für ihre Zusatzausgaben entschädigt werden.

Denn während die Transportunternehmen und die Mittelschicht die Akzisenerhöhungen, die lediglich eine geringfügige Anpassung der Luxemburger Spritpreise an die der Nachbarländer darstellen, ohne allzu große staatliche Unterstützung verkraften dürften, könnte es für die sozial schwachen Privathaushalte eng werden. Daran wird auch der ab März 2020 kostenlose Bus- und Bahnverkehr nichts ändern. Dessen ist sich die Regierung zwar bewusst, doch konkrete Maßnahmen hat sie bislang noch nicht angekündigt, wie die Gewerkschaften OGBL und CGFP in ihren jeweiligen Mitteilungen beanstanden. Laut Tageblatt-Informationen will die blau-rot-grüne Regierung die Kompensation über den Weg eines Steuerkredits regeln, von dem einkommensschwache Haushalte am meisten profitieren würden. Wie dieser Steuerkredit genau aussehen soll, bis zu welcher Einkommensgrenze er gewährt wird und wann er in Kraft treten soll, ist aber noch unklar. Die Regierung täte gut daran, die Öffentlichkeit zeitnah über ihre Pläne zu informieren. 

Romano
19. Dezember 2019 - 15.34

Et ass héich Zäit gi fir dës Erhéijung, mä si misst vill méi grouss sinn. All déi Groussstadfierschtere mat hiren 2,5 Tonne SUVe hunn dach kee Problem mat deenen Cent-Beträg.

Jek Hyde
19. Dezember 2019 - 11.41

Kéng Angscht. Den Här François Bausch, par la Grâce de Dieu Witzepremier, zoustänneg vir Verteidigung, Mobilitéit & öffentlech Arbechten a Sécherheet, huet dât alles volkommen ënner Kontroll. Hie wärt sech där Saach mat vill Kompetenz unhuelen a Remedur schâfen wann néideg. ;-)

Guy Namenlos
18. Dezember 2019 - 19.51

Es sollte bei Greng schon etwas mehr Originalität vorhanden sein, wenn man etwas gegen CO2-Emissionen tun möchte, anstatt den Menschen in die Taschen zu greifen. Als politisch Verantwortliche sollte Greng den Mut haben, neue Wege zu beschreiten, ohne dass die Automobilität leidet. Fossile Brennstoffe sind begrenzt und produzieren CO2, der automobile Brennstoff der Zukunft heisst Wasserstoff, in Europa hat man diese Technologie verschlafen, in Japan zeigt Toyota mit dem Mirai, in Korea mit dem Nexo, wo's ohne ungeklärte Batterieentsorgungen langgeht. Greng sollte sich für zunächst einmal 3 Tankstellen mit grünem Wasserstoff stark machen: Eine in der Stadt, eine im Süden und eine im Norden bei gleichzeitiger Steuerbegünstigung für diese Fahrzeuge. So könnte bei begrenzten Kosten auch ein Tanktourismus der neuen, nämlich grünen Art, einsetzen. Mut zur Originalität und zu neuem Denken, Greng!

Nomi
18. Dezember 2019 - 19.09

Mei' hei'ch Sprittpriesser fei'eren net zu manner CO2 !!

Mill REIFF
18. Dezember 2019 - 18.29

Wenn man den Tanktourismus stoppen will, geht es auch anders: Eine Vignette wie in der Schweiz (so stoppt man schon viele Autos mit nur einer Person) Die Akzisen auf Diesel ist völlig hirnlos, wenn man weiss, dass ein Dieselfahrzeug über 260.000 km fahren muss um mit den Elektrofahrzeugen die von vornehinein bei der Produktion ohne zu fahren an CO2 verpulvert. Und noch eins keine Croisière erlauben, da diese Schiffe in einem Tag mehr CO2 verpulvert als eine ganze Menge Autos .

Sully
18. Dezember 2019 - 17.42

Wann een 'einkommenschwach' ass, wat der Däiwel mécht een dann mat engem Auto?