Jahresbericht 2023Die CFL ist eine „richtig große Unternehmensgruppe geworden“

Jahresbericht 2023 / Die CFL ist eine „richtig große Unternehmensgruppe geworden“
Blick auf den Hauptbahnhof in Luxemburg Foto: Editpress/Alain Rischard

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Beim Luxemburger Eisenbahnbetreiber CFL gibt man sich zufrieden mit der Bilanz des Jahres 2023. Nachdem die Zahl der Passagiere 2020 infolge der Pandemie heftig eingebrochen war, konnte nun wieder ein neuer Rekord verbucht werden.

Das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 war ein „sehr gutes“ für die CFL, sagte Jeannot Waringo am Montag im Rahmen der traditionellen Jahrespressekonferenz des staatlichen Unternehmens. „Wir sind richtig zufrieden“, so der Verwaltungsratspräsident. Die Zahl der Zugpassagiere hat deutlich zugelegt und übertraf, mit 28,7 Millionen Nutzern, das letzte Rekordjahr deutlich. Damals, 2019, hatte die Gesellschaft – nach 15 Jahren mit ununterbrochenem Wachstum – 25 Millionen Passagiere gezählt. Bedingt durch den Corona-Stillstand war die Zahl der Bahnnutzer dann 2020 auf 14,5 Millionen eingebrochen.

Gewachsen ist 2023 jedoch nicht nur die Zahl der Passagiere: Auch der Umsatz konnte um 5,7 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro gesteigert werden. Damit lag er zum dritten Mal in Folge bei über einer Milliarde. Der Nettogewinn ist um 40 Prozent auf 18,3 Millionen Euro gestiegen.

Alle drei großen Geschäftsbereiche (Passagiere, Fracht und Infrastruktur) hätten zu der positiven Entwicklung beigetragen, so der Verwaltungsratspräsident. Die CFL sei eine richtig große Unternehmensgruppe geworden. Mit 515 Neueinstellungen und etwas mehr als 300 Renteneintritten zähle man mittlerweile 5.125 Mitarbeiter.

Marc Wengler und Jeannot Waringo (v.r.n.l.) bei der Vorstellung der Jahreszahlen
Marc Wengler und Jeannot Waringo (v.r.n.l.) bei der Vorstellung der Jahreszahlen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Auch Geschäftsführer Marc Wengler gab sich sehr zufrieden. Er sprach von einem „Jahr von Rekorden“. Die Bahn habe ihren Platz in der Großregion bestätigt. Man habe rund 30 Prozent mehr Passagiere gezählt als im Vorjahr und 15 Prozent mehr als im letzten Rekordjahr. Zwischen 2005 und 2023 habe sich ihre Zahl verdoppelt. Die Gesellschaft verfügt über ein Schienennetz von insgesamt 630 Kilometern.

Wachstum auf allen Strecken

In der Folge sei man auch 2023 wieder größter privater Arbeitgeber des Landes geblieben, so der CFL-Generaldirektor. Im Jahr 2022 hatte der Eisenbahnbetreiber die Luxemburger Post von dieser Position verdrängt, die Letztere seit 2016 innehatte.

Wachstum habe man derweil auf allen Strecken verbucht, so Wengler weiter. Auf der am meisten genutzten Strecke Luxemburg-Esch/Alzette-Rodange ist die Zahl der Passagiere von 6,7 auf über 9 Millionen Passagiere gestiegen (ein Plus von 36 Prozent). Den stärkten Zuwachs gab es auf der Strecke Luxemburg-Bettemburg-Metz/Nancy. Hier wurde ein Plus von 45 Prozent auf 5,7 Millionen beförderte Passagiere gezählt.

Entwicklung der Passagierzahlen auf den einzelnen Strecken 
Entwicklung der Passagierzahlen auf den einzelnen Strecken  Screenshot: CFL

Um sich für das Wachstum der Zukunft zu wappnen, habe man auch weiter „massiv“ in Infrastruktur und Rollmaterial investiert, so Wengler. 140,5 Millionen Euro waren es 2023, nach 88 Millionen 2022 und 78,5 im Jahr 2021. Allein der Kauf der 34 neuen bestellten Züge „Coradia Stream High Capacity“ von Alstom werde mit 400 Millionen Euro zu Buche schlagen. Bis 2026 soll die Zahl der verfügbaren Sitzplätze damit von derzeit 26.543 auf 38.751 ansteigen.

Neues Abkommen mit dem Staat

Im Bereich der Infrastruktur sei man aktuell die Nummer eins Europas, so Wengler. Doch es gebe immer noch Aufholbedarf. Man müsse sich auf die Zukunft vorbereiten, die Qualität verbessern, indem man die Zahl der Knotenpunkte zwischen den Linien verringert, und die Multimodalität ausbauen. So hofft man, die Pünktlichkeit mittelfristig weiter verbessern zu können. Mit dem Luxemburger Staat wurde derweil ein neues Abkommen über die nächsten 15 Jahre unterzeichnet, um die Investitionen auf einem hohen Niveau halten zu können.

Leicht gestiegen ist derweil letztes Jahr die Zahl der Buspassagiere: von 3,4 auf 3,5 Millionen. Die Gesellschaft verfügt derzeit über 80 Busse. Im Bereich des „Flex Carsharing“ ist die Zahl der verfügbaren Fahrzeuge von 113 auf nunmehr 155 ausgebaut worden. Die Zahl der Kunden konnte um 25 Prozent auf 15.812 Abonnierte gesteigert werden. Auch seien letztes Jahr mehr als 2.000 neue Parkplätze (auf insgesamt 8.500) fertiggestellt worden.

Zufrieden gibt sich die Gesellschaft, die 2021 ihren 75. Geburtstag gefeiert hat, auch mit dem Ergebnis aus dem Frachtbereich. „Der Bereich hat sich gut entwickelt“, sagt Waringo. Mit mittlerweile 1.200 Mitarbeitern sei man da in Luxemburg zwar groß, doch international eher klein, so Wengler. In dem Sinne setze man nicht auf großes Volumen, sondern eher auf Nischen, auf maßgeschneiderte Leistungen und auf Partnerschaften mit Kunden.

Bis zur Fertigstellung des traditionellen Unternehmenssitzes neben dem Bahnhof hat die Gesellschaft ihr Zuhause am Boulevard d’Avranches
Bis zur Fertigstellung des traditionellen Unternehmenssitzes neben dem Bahnhof hat die Gesellschaft ihr Zuhause am Boulevard d’Avranches Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Der Umsatz der Sparte, zu der die Unternehmen CFL Cargo und CFL Multimodal zählen, konnte die Gesellschaft letztes Jahr mit 262 Millionen Euro stabil halten. Trotz leichten Rückgängen stehe diese Sparte, die seit 2006 aufgebaut wurde, mittlerweile für 23,1 Prozent am gesamten Umsatz der Gruppe. In diesem Bereich steht die CFL im Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Akteuren. Von Bettemburg aus werden mehrere europäische Länder angefahren.

1.200 Mitarbeiter im Fracht-Bereich

Zum konsolidierten Nettogewinn der CFL-Gruppe hat die Fracht 2023 zwar nur 0,6 Millionen Euro beitragen können, doch Wenger ist zufrieden: Seit 2018 hat die Frachtsparte nun jedes Jahr mit schwarzen Zahlen abschließen können.

Auch hier hat die Gesellschaft 2023 weiter investiert, etwa in neues Rollmaterial und in den Kauf eines Anteils an der Luxport-Gruppe, Betreiber des Hafens in Mertert. „So können wir neben Schiene und Straße nun auch den Transport per Schiff anbieten“, freut sich Wengler. „Da werden sich viele Synergien finden.“

Unter dem Strich konnte die Unternehmensgruppe, die zu 94 Prozent dem Staat Luxemburg, zu vier Prozent dem belgischen Staat und zu zwei Prozent dem französischen Staat gehört, dann mit 18,3 Millionen Euro den zweithöchsten Nettogewinn ihrer Geschichte verzeichnen. Der Großteil des Ergebnisses (10,8 Millionen) ist die auf dem Vertrag mit dem Staat erwirtschaftete Marge. Rund eine Million Euro steuerte das Tochterunternehmen Lorry-Rail bei. Etwas mehr als sechs Millionen kamen aus der Vermietung von Gebäuden, Zügen, mit denen die CFL in Deutschland (Koblenz, Düsseldorf) fährt, sowie aus der Vermietung von Lokomotiven und Zinsen auf Guthaben.

Leichte Verschlechterung bei der Pünktlichkeit

Laut den offiziellen Zahlen waren die Züge der CFL im vergangenen Jahr leicht weniger pünktlich als im Vorjahr. Insgesamt 90,1 Prozent aller Zugfahrten sind letztes Jahr zeitlich gesehen so durchgeführt worden wie vorgesehen. Im Vorjahr waren es, mit 90,5 Prozent, ganz leicht mehr. Als pünktlich gilt ein Zug, der weniger als sechs Minuten Verspätung hat. Dies beinhaltet die 3,2 Prozent der Züge (gleich viele wie im Vorjahr), die komplett ausgefallen sind.
Luxemburg habe nun mal ein relativ kleines Netz, so Geschäftsführer Marc Wengler am Montag. Etwa die Hälfte aller Zugfahrten seien grenzüberschreitend, was angesichts der vielen Streiktage in den Nachbarländern nicht förderlich sei. Hinzu kämen die „vielen Ausbauprojekte“, die ebenfalls gelegentlich für Komplikationen sorgen, auch wenn sie langfristig hilfreich sein würden. Im europäischen Vergleich stehe man mit diesen Zahlen aber gut da.
Auch sei bei dieser Zahl anzumerken, dass es sich um einen landesweiten Durchschnitt handelt. Von April bis Oktober sei die Pünktlichkeit beispielsweise meist besser als in den anderen Monaten. Zudem gebe es spürbare Unterschiede je nach Strecke.
Die betreffenden Zahlen versucht die CFL jedoch nicht zu verstecken: Auf ihrer Webseite (https://www.cfl.lu/en-gb/punctuality) kann sich jeder Nutzer ansehen, wie sich die Pünktlichkeit auf der Strecke entwickelt, die ihn interessiert. Jeden Monat werden hier neue Zahlen veröffentlicht. So sieht man z.B., dass die Strecke nach Arlon im April 2024 mit mehr als 95 Prozent ein sehr gutes Ergebnis verbuchte, während die Pünktlichkeit der Züge zwischen Luxemburg und Rodange nicht einmal bei 80 Prozent lag.
Mittelfristig hofft man insgesamt auf Besserung. Bei der Pünktlichkeit werden Anstrengungen unternommen, so Jeannot Waringo. Kritik und Konkurrenz habe man da gerne, das sei das, was einen selber voranbringe. Eine von der CFL durchgeführte Zufriedenheits-Umfrage habe gezeigt, dass „für unsere Kunden Pünktlichkeit bei weitem der wichtigste Qualitätsfaktor ist“.
Auf der Strecke zwischen Bettemburg und Luxemburg beispielsweise soll es besser werden, wenn die bestehenden Engpässe durch die Ausbauarbeiten aus dem Weg geräumt sind. Bis 2028 sollen die hierfür notwendigen Neubauarbeiten fertig sein. Mittelfristiges Ziel der CFL ist eine Pünktlichkeitsquote von 92 Prozent. Im Jahr 2020, als viel weniger Züge unterwegs waren, galten 94,5 Prozent der Züge als „pünktlich“. 

Intermodale Frachtverbindungen von und nach Bettemburg
Intermodale Frachtverbindungen von und nach Bettemburg Screenshot: CFL

Das könnte Sie auch interessieren:

Die CFL im Jahr 2022

Die CFL im Jahr 2021

Die CFL im Jahr 2020

Grober J-P.
10. Juni 2024 - 20.41

Produzieren die auch was?