ParlamentDie Abgeordneten und die „Helden der Corona-Krise“

Parlament / Die Abgeordneten und die „Helden der Corona-Krise“
Die Ausbildung zum Krankenpfleger soll aufgewertet werden Foto: Editpress/Julien Garroy

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Ihnen wurde während der Corona-Krise von Balkons aus oder auf der Straße Beifall gezollt. Die Covid-19-Krise hat einen Berufsstand ins Rampenlicht gerückt, der für die Gesellschaft zwar lebenswichtig, aber in Normalzeiten kaum sichtbar ist. Das Parlament befasste sich gestern hauptsächlich mit Fragen des Gesundheitspersonals. Interpellant war Marc Spautz (CSV). Der zweite Teil seiner Interpellation zur Situation im sozioedukativen Bereich sollte eher zweitrangig behandelt werden. Spautz hatte die Debatte bereits im Januar beantragt, noch vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie in Luxemburg.

Das Coronavirus hat es krass vor Augen geführt: Ohne Pflegekräfte aus den drei Nachbarländern wäre Luxemburgs Gesundheitswesen zusammengebrochen, wie später „déi Lénk“-Sprecher Marc Baum erinnern sollte. Pendler stellen den Großteil des Fachpersonals sowohl in den Spitälern als auch in den Einrichtungen für Senioren und für Kinderbetreuung. Die Probleme sind seit Jahren bekannt. Zuletzt waren sie ausführlich im Bericht „Etat des lieux des professions médicales et des professions de santé au Luxembourg“ beschrieben worden. Alle Abgeordneten, die gestern das Wort ergriffen, schienen den von Marie-Lise Lair-Hillion im Auftrag des Gesundheitsministeriums erstellten Bericht gelesen zu haben, zitierten sie doch fast alle daraus. Der Bericht war Anfang 2019 vorgestellt worden.  

Wenig Stoff für Polemik

Das Thema bot denn auch wenig Stoff für Polemik. Die Debatte im Parlament lief brav und friedlich ab. Eine Forderung vereinigte die Sprecher von Mehrheit und Opposition: Die Ausbildung zum Krankenpfleger soll aufgewertet werden. Möglich sollte ein Bachelor-Abschluss sein. Derzeit ende alles bei „Bac +2“, bemängelte Spautz. Dabei werde der Abschluss im Ausland nicht anerkannt. Die Ausbildung der Pfleger und Pflegerinnen am „Lycée technique pour professions de santé“ (LTPS) fällt seit 1995 in den Kompetenzbereich des Unterrichtsministeriums, das Gesundheitsministerium erteilt seinerseits das Recht auf Berufsausübung. Wer einen Bachelor erzielen will, muss schon ins Ausland. Das Problem dabei ist jedoch, dass etliche Absolventen dann nicht mehr zurück nach Luxemburg kommen. 

Keine Handlanger der Ärzte

Die Pflegerausbildung sei mehr Verlängerung des Lyzeums denn Hochschulausbildung, so Francine Closener (LSAP). Die Pfleger dürften jedoch nicht als eine Art Handlanger der Ärzte angesehen werden. Eine vollwertige Hochschulausbildung sei gewünscht und die LSAP fordere einen „richtigen Bachelor“ nach dem Abitur. Ein Bachelor könne nach dem BTS (Abitur plus zwei weitere Ausbildungsjahre am LTPS) an einer Uni angestrebt werden, meinte DP-Sprecher Gusty Graas. Ein Drittel der Krankenpfleger habe einen Bachelor. Dieser Abschluss erlaube das Erlangen eines Masters, was dann auch die Chance für leitende Posten im Management eröffne, so Marc Hansen („déi gréng“). Die heutige Ausbildung entspreche längst nicht mehr dem Verantwortungsniveau der Betroffenen. 

Berufsbild attraktiver gestalten

Es mangelte nicht an Vorschlägen und Ratschlägen seitens der Parlamentarier, wie das Problem Fachkräftemangel gelindert werden könnte. So warf Closener die Frage auf, ob die Schülerorientierung in den Lyzeum ausreichend sei. Drei Wege sah Marc Baum, wolle man mehr Interessenten für den Beruf finden: die Ausbildung verändern, das Berufsbild attraktiver gestalten und mit besseren Arbeitsbedingungen ausstatten, Karriere und Aufstiegschancen ermöglichen. Gusty Graas warf die Frage nach einem „rationelleren Einsetzen des Personals“ auf, sprach von Stress und Zeitdruck am Arbeitsplatz. Den Pflegern müsse auch mehr Respekt entgegengebracht werden. Eine Einmalprämie sei lediglich ein Trostpflaster, so Marc Hansen. Das bringe dem Personal nicht mehr Anerkennung und keine bessere Arbeits- und Lebensbedingungen. 

Ein Bachelor-Studiengang sei wohl überlegenswert, so Unterrichtsminister Claude Meisch (DP). Doch werde er nicht alle Probleme des Fachkräftemangels lösen. Auch das BTS sei ein Hochschulabschluss, sagte er. Und der sei unter Umständen zugänglicher, weil weniger akademisch. Ein Bachelor für eine spezialisierte Ausbildung wollte er jedoch nicht ausschließen. 

Man untersuche unterschiedliche Modelle zur Verbesserung der Pflegerausbildung, hatte zuvor Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) betont. Das aktuelle System sei zwar einzigartig, aber nicht einzigartig innovativ. Luxemburg sei wohl das einzige Land, das keinen Bachelor in diesem Bereich anbiete, was wahrscheinlich der Grund dafür sei, warum immer weniger Leute diese Ausbildung auswählen. 

Zur Sprache kam auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Ausbildung von Pflegekräften. Luxemburg löst sein Problem auf Kosten der Nachbarländer. Kooperation sei besser als gegenseitige Schuldzuweisungen, so Meisch. Ein Projekt für ein grenzüberschreitendes Fachlyzeum, das Marc Spautz angesprochen hatte, gebe es jedoch nicht. 

Hearings mit sämtlichen Akteuren im Herbst

Die Parlamentarier wollen es nicht bei dieser einzigen Interpellation belassen. Im Herbst sollen im Parlament Hearings mit sämtlichen Akteuren des Bereichs stattfinden, so die LSAP-Abgeordnete Francine Closener. Dem soll eine Orientierungsdebatte folgen. Die Ergebnisse sollten dann auch in die Arbeiten des  „Gesundheitstischs“ einfließen. Die Auftaktkonferenz dieser alle Partner vereinenden Gespräche hatte am 14. Februar stattgefunden. Wegen der Covid-19-Krise war der „Gesondheetsdësch“ jedoch bis auf Weiteres vertagt worden. Dasselbe Schicksal hatte die interministerielle Arbeitsgruppe erfahren. Sie wird am 22. Juli erneut zusammenkommen. Die Gesundheitsbehörde werde neue Berufsbilder vorstellen und wie die Ausbildung aussehen könnte, so Lenert.

Eher am Rande wurde gestern das Personalproblem im sozioedukativen Bereich erörtert. Der Personalbedarf hier sei in den letzten Jahren explodiert, so Meisch. Insbesondere wegen des Ausbaus der Kinderbetreuungseinrichtungen und der „Maisons relais“. Pro Jahr seien rund 250 neue Posten für Erzieher entstanden. Auf die wachsende Nachfrage wurde u.a. mit einer Ausweitung des Ausbildungsangebots des „Lycée technique pour professions éducatives et sociales“ reagiert. Doch müssten noch weitere Kapazitäten geschaffen werden.

Josh
9. Juli 2020 - 20.23

Letzebuerger kreien jo keng Chance fir an engem Spidol angestallt ze gin, sin Infirmier, hun eng Spezialisatioun gemaach an gin awer net angestallt, obwuel ech mat menger Spezialisatioun am beschten an engem Spidol kéint schaffen. Hoffentlich get daat och mol endlech an Betruecht gezunn.