EschDer Rote Turm und seine Geschichte: Spaziergang entlang der ehemaligen Stadtmauer

Esch / Der Rote Turm und seine Geschichte: Spaziergang entlang der ehemaligen Stadtmauer
Esch, wie es einst war oder durchaus gewesen sein könnte. Das Bild hängt heute im Keller des OGBL. Anscheinend existiert noch eine größere Version davon in der Bruch-Schule.

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Im späten Mittelalter, um 1310, ist Esch/Alzette eine befestigte Stadt. Es gibt eine Ringmauer und vier Eingangstürme. Davon zeugen Bilder, die sich auf frühere Dokumente beziehen. Direkt sichtbar ist von der Befestigung heute eigentlich nichts mehr. Spuren aber hat sie hinterlassen – und nicht wenige. Ein Ortsbesuch lohnt sich.

Entdeckungsspaziergang. Am vergangenen Samstag haben die Escher Geschichtsfreunde zu einer Tour entlang der ehemaligen Befestigungsmauer der Minettemetropole eingeladen. Die Führung übernimmt Christian Muller. Der Journalist, gebürtiger Echternacher, aber schon lange mit Esch verbunden, hat sich gut vorbereitet. Beispielsweise zeigt er den aktuellen Stadtplan von Esch. Auf den ersten Blick ist dort in der Mitte eine Art Oval zu erkennen. Der linsenförmige Stadtkern entspricht dem Verlauf der ehemaligen Stadtmauer. So versteht man auch, warum es in Esch eine rue des Remparts (dt. „Wallstraße“) oder eine rue du Fossé (dt. „Grabenstraße“) gibt.

Diese und andere Straßen folgen dem alten Stadtbild und den vergessenen Stadttürmen. Rund 1,2 Kilometer Umfang dürfte die Mauer gehabt haben. In ihrem Innern gab es eine Geschäftsstraße, einen Friedhof, in etwa dort, wo heute die „Groussgass-Schoul“ liegt und gleich nebenan eine kleine Kirche. Das erklärt, warum es eine rue de l’Eglise“ gibt, wo heute gar keine Kirche mehr ist. Es gab einst auch eine „Turm-Straße“ (heute rue Jean Origer und Grand-rue. Ihren Namen trug sie, weil sie zum Roten Turm direkt neben dem Rathaus führte. Esch hat auch eine rue du Moulin. An ihrem Kopf lag damals die vom Wasser der Alzette gespeiste „Königsmühle“, die der „Freien Stadt Esch“ gehörte. Insgesamt gab es drei Mühlen in Esch, darunter auch die „Schlossmühle“ nahe Schloss Berwart (auch dort erinnert, außer einem Turm, die Bezeichnung „Schlassgoart“ an frühere Zeiten).

Kurioses

Der erwähnte Rote Turm ist allerdings die fast wichtigste Etappe auf dem Rundweg. Der Rote Turm, einst einer der vier Haupttürme der Stadt, hat die Schleifung der Festung 1671 überlebt und diente bis 1826 unter anderem als Gefängnis oder Gericht. Dann wurde er abgerissen. Bis heute aber ziert er das Wappen der Stadt Esch. Verewigt wurde er auch am oberen Teil der Fassade des Rathauses oder über dem Haupteingang des „Lycée de Garçons Esch“. Eigentlich gebührte ihm größere Aufmerksamkeit oder zumindest ein Hinweis (siehe Kasten).

Die von den Escher Geschichtsfreunden organisierte Tour offenbart viel Neues, Kurioses und für einige Teilnehmer viel Unbekanntes. Hinterhofpassagen zum Beispiel, wie der „Kleine Sünderweg“, auf dem Gefangene zum Gericht gebracht wurden, oder wie der schmale Weg, der hinterm Restaurant „Como“ zur rue du Canal hinunterführt. Alleine diese Passage würde eine genauere Untersuchung verdienen, da sie scheinbar an der alten Stadtmauer entlangführte. Nicht minder interessant ist, dass die Alzette vor Jahrhunderten gar nicht durch die rue de l’Alzette verlief, sondern durch die erwähnte rue du Canal.

Die Stadttour der Gesichtsfreunde macht vieles deutlicher, vor allem, dass es über Esch und seine Vergangenheit viel zu erzählen und noch mehr zu entdecken gibt. Eine wissenschaftliche Herangehensweise drängt sich auf. Außerdem sollte jeder, der Informationen oder Bilder zum historischen Esch hat, sich bitte an die Tageblatt-Redaktion wenden. Weitere Reportagen über die Festungsstadt sollen folgen.

Roter Turm

Viele Städte locken mit ihrer Vergangenheit Touristen an. Was die mittelalterliche Befestigung anbelangt, ist Esch eher zurückhaltend. Warum nicht die Wege entlang der früheren Stadtmauer in irgendeiner Form ausweisen? Warum nicht auf den Roten Turm hinweisen? Seit Jahrzehnten ist genau bekannt, wo seine Fundamente liegen. Nämlich genau zwischen dem Rathaus und dem gegenüberliegenden Café. Bei Straßenbauarbeiten um 1985  wurden sie entdeckt. Der Turm ziert das Wappen der Stadt Esch. Warum also nicht auf seine Überreste hinweisen?

Escher Geschichtsfreunde

Die „Amis de l’histoire et du musée de la ville d’Esch“ (AHME asbl) setzen sich seit rund 60 Jahren dafür ein, dass die über 1.000-jährige Geschichte der Stadt lebendig bleibt. Dass die einstige Festungsstadt Esch demnächst wieder ein Museum bekommt, ist ein Verdienst der Vereinigung. Die Geschichtsfreunde möchten auch gerne öfters Führungen organisieren, offiziell, mit dem Tourismusbüro der Gemeinde. Kontakt/Info: ahme.lu