Heute präsentiert die Regierung den Aktionsplan gegen Rassismus – drei Jahre später als von der EU-Kommission gefordert. Was lange währt, wird endlich gut? Noch hatte das Tageblatt keine Einsicht in das Dokument, aber eins ist klar: Der Aktionsplan kommt eindeutig zu spät.
Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte lieferte in der Studie „Being Black in the EU“ bereits 2018 Zahlen, die zum Handeln aufriefen. Die Hälfte der Menschen afrikanischer Abstammung und mit migrantischem Hintergrund fühlten sich im Jahr vor der Befragung diskriminiert. Luxemburg führte die Rankings an. Die Betroffenen stellten die Ungleichbehandlung unter anderem bei der Job- und Wohnungssuche sowie im Bildungsbereich fest.
2022 folgten weitere Daten. Dieses Mal vom Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (Liser) und vom „Centre d’étude et de formation interculturelles et sociales“ (Cefis). Ihre Studie „Le racisme et les discriminations ethno-raciales au Luxembourg“ entstand auf Antrag des Ministeriums für Familie, Integration und die Großregion. Sie bestätigte: Menschen werden in Luxemburg aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer vermuteten oder tatsächlichen Herkunft diskriminiert. Die Befragten (37 Prozent) beobachteten einen Anstieg von Rassismus in Luxemburg. Vor allem schwarze Menschen (38 Prozent) hatten Angst, dass rassistische Angriffe zunehmen. Nur rund 67 Prozent der Opfer machten vom Gleichbehandlungsgesetz von 2006 Gebrauch, nach dem solche Taten strafbar sind.
Die Alarmglocken läuten also schon lange. Trotzdem ließ sich die Politik Zeit, durchzugreifen. Mit Folgen. Die rechtskonservative ADR gewinnt seit Jahren an Stimmen und erhielt 2024 ihren ersten Sitz im EU-Parlament, obwohl sie offen rechtsextreme Kandidaten in ihren Reihen duldete. Mit Tom Weidig (ADR) sitzt seit 2023 ein Abgeordneter in der Chamber, der regelmäßig durch Menschenfeindlichkeit und die Verharmlosung des Nationalsozialismus auffällt.
Das Wahlverhalten der Bevölkerung spricht Bände über die Stimmung im Land. Genauso wie der Blick in den öffentlichen Raum: In Belval und Beles sprayten Unbekannte Hakenkreuze, SS-Runen und Sprüche gegen Antifaschismus an die Wände. Zwar wurden sie auf Belval entfernt, doch die Erinnerung bleibt. Zumal sie vermutlich nur die Spitze des Eisbergs sind.
Am vergangenen Donnerstag verurteilte die Staatsanwaltschaft einen in Luxemburg geborenen Schweden in erster Instanz zu acht Jahren Haft: Er gilt als Führungsperson der rechtsextremen Terrorgruppen „The Base“ und „The Green Brigade“, baute in einem Keller in Strassen Bomben, steckte eine Nerzfarm in Schweden in Brand und plante Anschläge. Nach Medienberichten ordnen die Ermittelnden den 23-Jährigen unter anderem als Rassist, Antisemit und Revisionist ein.
Luxemburgs aktuelle Regierung trägt bisher kaum zur Schlichtung der Konflikte bei. Statt die sich spaltende Gesellschaft zusammenzuführen, treibt sie durch den fehlenden Sozialdialog und die harsche Asylpolitik teils selbst einen Keil dazwischen. Sie verspricht einen weiteren Aktionsplan gegen Armut, präsentierte bereits welche gegen geschlechtsspezifische Gewalt und für LGBTIQ+-Rechte. Es ist gut, die einzelnen Probleme zu erkennen und gezielt zu bekämpfen. Nur läuft die Gesamtsituation derzeit aus dem Ruder – es braucht offenbar dringend einen „Plan d’action pour l’humanité“, der Menschen Empathie und Respekt lehrt.
Im Hinblick auf den Aktionsplan gegen Rassismus stellen sich jedenfalls mehr Fragen als nur die nach seiner Qualität. Wie reagiert die Gesellschaft darauf? Was kann die Politik noch richten? Und besteht ernsthaft der Wille, das zu tun?
De Maart

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