FLF-Auswahl„Den Druck normalisieren“: Das Spiel gegen die Slowakei kann auch zur mentalen Belastung werden

FLF-Auswahl / „Den Druck normalisieren“: Das Spiel gegen die Slowakei kann auch zur mentalen Belastung werden
Sportpsychologe Frank Muller weiß, dass jeder Sportler anders mit Druck umgeht Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Es ist eines der wichtigsten Spiele in der Geschichte der FLF-Auswahl: Wenn am Montagabend die Slowakei ins Stade de Luxembourg kommt, kann das Team um Luc Holtz einen großen Schritt Richtung EM machen – oder auch die Endrunde in Deutschland aus den Augen verlieren. Das Tageblatt hat sich mit Sportpsychologe Frank Muller darüber unterhalten, wie Sportler mit besonders hohem Druck umgehen können. 

Es ist ein besonderes Spiel, das der luxemburgischen Fußball-Nationalmannschaft am Montagabend bevorsteht. Gewinnt die Mannschaft von Luc Holtz, macht sie einen großen Schritt Richtung Europameisterschaft. Verliert sie die Begegnung, rückt die Endrunde in Deutschland wieder in weite Ferne. Der Druck vor dem Spiel gegen die Slowakei ist für die FLF-Auswahl also höher denn je. „Es ist das wichtigste Spiel in meiner Karriere“, sagte Luc Holtz auf der Pressekonferenz am Sonntag und unterstrich damit noch mal die Bedeutung. 

Der Druck bei der FLF-Auswahl ist da. Doch Lars Gerson geht mit der Situation gelassen um. „Stress und Druck existieren auch in meinem Kopf“, sagt der Verteidiger. „Ich versuche, diese Gedanken aber auszublenden. Ich habe viele wichtige Spiele in meinem Leben gespielt und werde auch in Zukunft noch wichtige Spiele bestreiten. Das gehört zum Fußballer-Dasein dazu. Wir haben eine tolle Truppe und ich verspüre in dieser keine Anzeichen von Stress. Wir spielen Karten, schlafen, essen und trinken wie immer.“

Doch nicht alle Profis können immer so gelassen mit der Situation umgehen wie Gerson. „Vor einem solch wichtigen Spiel geht es darum, den Druck zu normalisieren“, sagt der ehemalige Basketballer. „Man sollte das, was ein Spieler fühlt, nicht ignorieren oder sagen: ‚Der Druck ist nicht da.‘ Man muss den Druck akzeptieren und sich dann fragen, was jeder tun kann, um bestmöglich damit umzugehen. Man kann beispielsweise die Perspektive wechseln: Der Spieler soll es dann nicht mehr als große Gefahr sehen, etwas zu verlieren – sondern als coole Chance, die man sich verdient hat.“ 

Positiver Druck 

Von besonders hoher Relevanz sieht er die Definition der gemeinsamen Ziele. „Ich rede dabei nicht nur vom Resultatsziel, sondern von Leistungs- und Prozesszielen, die helfen, das Hauptziel zu erreichen. Ich bin ein großer Freund der transparenten Kommunikation. Gerade vor solchen Spielen. Wenn du aber vor einem solchen Spiel mit der offenen Kommunikation anfängst, ist es zu spät. Das muss über Monate oder Jahre gemacht werden. Dann hat man ein stabiles Fundament und es ist viel einfacher, das vor einem wichtigen Spiel nutzen zu können.“

Dass der Druck vor dem Slowakei-Spiel erhöht ist, steht wohl außer Frage. Doch für einige Profis kann sich der Druck auch positiv auswirken. „Es gibt viele Sportler, die solche Drucksituationen lieben. Leistungssport ohne Druck gibt es sowieso nicht. Manche gehen halt besser damit um, andere weniger gut. Das liegt an der Bewertung des Einzelnen: Spieler A denkt sich, dass es eine coole Herausforderung ist und dass es eine super Gelegenheit ist, einen weiteren Schritt Richtung EM zu machen. Spieler B denkt doch vielleicht, dass die Chance auf die EM vorbei ist, wenn man das Spiel verliert, und dass viele Leute im Land enttäuscht sind. Daran kann man in Gesprächen arbeiten.“ 

Im Profisport wird bereits seit einigen Jahren mit Sportpsychologen gearbeitet. Dabei spielt auch das Thema Druckbewältigung eine Rolle. „Sportler können daran arbeiten, dass sie besser mit Druck umgehen. Über die Zeit hinweg werden sie dann in solchen Situationen zu stabileren Persönlichkeiten. Einige sind es von Anfang an, aufgrund von genetischen Faktoren, der Erziehung oder aber Erfahrungen, die man schon im Leben und im Sport machen konnte. Jeder geht noch mal anders mit einer solchen Situation um.“

Im Hinterkopf sollen die Spieler laut Muller dabei immer bedenken, dass es Sport ist. „Es geht nicht um Leben und Tod. Es besteht dann die Gefahr, die Wichtigkeit zu hoch anzusiedeln. Dann macht man sich minütlich Druck und verkrampf total. Wichtiger ist, Klarheit zu behalten und sich im Spiel auf die Aufgaben zu konzentrieren, die man hat.“