Esch„Clap de fin“: Am Mittwoch schließt das Restaurant Acacia für immer

Esch / „Clap de fin“: Am Mittwoch schließt das Restaurant Acacia für immer
Serge Rihm in seinem Restaurant „Acacia“. Foto: Alain Rischard

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Der Countdown läuft: Am kommenden Mittwoch wird Serge Rihm ein letztes Mal in seiner Restaurant-Küche stehen. Das „Acacia“ wird dann nach 40 Jahren für immer schließen. Zumindest zum Teil. Denn ein Stück bleibt Esch erhalten. Das Hotel wird Rihm weiterführen.    

„Serge, wëlls du net nach eng Woch verlängeren?“, fragt ein Stammkunde beim Hinausgehen den Inhaber und Chefkoch des Hauses. Die Antwort kommt schnell und deutlich: „Nee!“ Serge Rihm hat das „Acacia“ in der rue de la Libération im Mai 1980 eröffnet. Nach 40 Jahren will der 62-Jährige nun kürzertreten, mehr Zeit mit der Familie verbringen. „Diese Frage habe ich in letzter Zeit ungefähr zehnmal am Tag gehört“, kommt er auf den Stammgast zurück, der kurz nach 15.00 Uhr das „Acacia“ verlässt. Kein Wunder demnach, dass das Restaurant bis Mittwoch ausgebucht ist. Die Escher verabschieden sich vom Restaurant „Acacia“ und von Serge Rihm.

Dabei müssten sie Letzteres nicht. Denn Rihm bleibt Esch erhalten, selbst wenn das Restaurant für immer schließt. Schon im letzten Jahr hatte er beschlossen, ab Oktober 2020 nur noch sein Hotel zu betreiben. Doch Corona stellte die Lebensplanung infrage„Wir arbeiten viel mit der Universität, der Rockhal und mit Firmen aus der Gegend zusammen. Dieser professionelle Bereich ist komplett zusammengebrochen. Und Touristen kommen im Moment kaum noch“, hatte Rihm im Juli dem Tageblatt gesagt. Das gilt noch heute, selbst wenn die Situation weniger dramatisch ist. Immerhin gibt es wieder Veranstaltungen, hauptsächlich im kulturellen Bereich. „Es ist ein Auf und Ab“, sagt Rihm, „jedes Mal, wenn Luxemburg im Ausland auf einer roten Liste landet, brechen die Hotelkunden weg.“

Trotzdem soll es weitergehen. Er möchte, dass seine beiden Kinder sich in Zukunft verstärkt um das Hotel kümmern, selbst wenn weder die 33-jährige diplomierte Psychologin Michèle noch der 31-jährige Ökonom und Mathematiker Tom das Hotelfach gelernt haben. Die Gene sollten reichen, schließlich war bereits Serges Vater Hotelier gewesen (siehe auch der „Kopf des Tages“). Zunächst einmal soll das „Acacia“ etwas in Richtung Apparthotel umgebaut werden. Die kleinen Zimmer sollen vergrößert werden, wodurch sich die Zimmerkapazität von heute 25 auf 19 reduzieren würde. Das jetzige Restaurant soll zum Teil als Frühstücksraum genutzt und zur Lounge umgebaut werden. Das hat aber noch Zeit. Denn zunächst einmal will Serge Rihm „kürzertreten und das Leben genießen“. Genaue Pläne hat er dabei nicht. Radfahren, mit dem Hund spazieren. „Einfach machen, worauf ich Lust habe.“ 

Gestern und heute

1980 dauerte es nicht lange, bis die Escher sein Restaurant annahmen. Schließlich hatte Rihm an den besten Adressen gelernt und von Anfang an die gehobene französische Küche hochgehalten. Die Gastronomie in Esch sah zu dieser Zeit noch etwas anders aus als heute. „Damals war die Brillstraße voller kleiner italienischer Restaurants“, erinnert sich Rihm, „heute sind sie eher über die gesamte Stadt verteilt“. Auch in der gehobeneren Küche stehe Esch gut da: „Die Qualität ist noch immer da“, sagt er mit Blick auf „Postkutsch“, „Maison Lefèvre“, „Como“ und Co. Der Beruf habe sich im Laufe der Jahre schon geändert. „Heute muss man mehr Manager sein, um die viele Büroarbeit zu erledigen. Aber ich schätze, das ist in den meisten Berufen so“, sagt Rihm.

Das „Acacia“ in der rue de la Libération
Das „Acacia“ in der rue de la Libération Foto: Editpress/Alain Rischard

Esch selbst hat sich in den 40 Jahren ebenfalls verändert. „Früher gab es viel mehr kleine, private Geschäfte“, sagt er, „heute gehören die meisten großen Ketten aus dem Ausland an“. Rihm will nicht in den allgemeinen Abgesang auf die Escher Geschäftswelt einstimmen. Im Gegenteil, seit Jahren engagiert er sich mit kleineren Unterbrechungen im Escher Geschäftsverband. „Ich sehe die Zukunft von Esch positiv. Und zwar, weil sich etwas tut. Es kommen neue Impulse.“ Das sagt er nicht wegen seines Engagements im Geschäftsverband einfach so daher, Rihm glaubt fest daran.

Und er hat viel gesehen in den 40 Jahren in Esch. An einen besonders schlimmen Tag voller Pleiten, Pech und Pannen kann er sich nicht erinnern. „Vielleicht einmal einen Stromausfall, aber nichts Dramatisches. Der einzige ’cas de force majeure’ kam ganz zum Schluss. Er hieß Corona“, sagt Serge Rihm. Er erinnert sich lieber an die schönen Seiten seines Berufs. An prominente Gäste zum Beispiel. In den goldenen Büchern des Hauses haben sich jede Menge Musiker, Sportler und Schauspieler verewigt.

In der 1980ern war es zum Beispiel Horst Tappert, besser bekannt als „Derrick“. Oder Dieter Hallervorden. Der Sänger Georges Moustaki hat hier gegessen und genächtigt, die Schauspielerin Alice Sapritch auch. Und natürlich die Radfahrer, an die sich Rihm als Fan der „petite reine“ und Mitorganisator der Flèche du Sud gerne erinnert. Die Tour-de-France-Sieger Jacques Anquetil und Bernard Hinault oder der berühmte holländische Sprinter Jan Raas waren seine Gäste.

Nun aber ist Schluss. Am Mittwochabend wird ganz normal gearbeitet. Etwas Besonderes ist laut Rihm nicht geplant. Donnerstag ist eh Ruhetag und am Freitag wird mit dem Personal gefeiert. Dann beginnt ein neuer Lebensabschnitt. „Für Esch ist das ein Verlust“, sagt Georges Mischo, „aber ich verstehe Serge. Er hat seine Pension redlich verdient.“  Eschs Bürgermeister vermisst schon jetzt Rihms weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten „Chateaubriand“. 

de Schmatt.
13. Oktober 2020 - 11.20

@Realist. So gesehen, kann ich Ihnen nur zustimmen. Mit der Esskultur ist es wie mit der Kleiderkultur: billig und oberflächlich.

Realist
12. Oktober 2020 - 15.42

de Schmatt: Immerhin war das Acacia eines der letzten "besseren" Häuser, wo es noch so etwas wie Tischtücher und Servietten aus echtem Stoff und sogar bqueme Polsterstühle gab. Viele andere machen ja inzwischen nur noch auf betont "puristisch" und "minimalistisch", mit klinisch nackten Tischen und knochenharten Designer-Sitzgelegenheiten, die den Charme einer Gefängniskantine ausstrahlen, das Ganze abgerundet mit winzig kleinen Portionen auf Geschirr, das immer ein bisschen aussieht als ob es aus der Requisite des alten "Caligari"-Films stammte. Bei den Preisen wirds dafür um so happiger. Auch was letzteres angeht, kann man dem Acacia nur nachtrauern.

Ujheen
12. Oktober 2020 - 14.45

All déi hei esou ironesch sarkastesch schreiwen, et geet em méi wéi de Restaurant Acacia a säi Besetzer. Mat der Schléissung vun esou engem Restaurant geet och e Stéck Escher Lokalgeschicht op en Enn. Den Acacia woar eng Plaatz wou d‘Escher séch getraff hunn, wou beim Bar munnech Problemer geléisst gouwen a wou een emmer eng éierlech a gutt Kichen virfond huet. Déi kléngkaréiert Remarque maachen een dronke well se vu Leit geschriwwe gouwen déi net déi néideg d‘Sensibilitéit hu fir esou Plaatzen déi geschwënn Vergaangenheet sinn. Hier Stammdësch Manéier ze raisonnéieren an ze schreiwen ass trauereg.

de Schmatt.
12. Oktober 2020 - 10.58

@ ruthenau: wenn das Ihre einzige Sorge ist, typisch Luxemburgisch, " e gudde Maufel an e sëffege Patt ", sind Sie eher zu bedauern als zu beneiden. Schlagen Sie in den gelben Seiten nach und Sie werden fündig.

Arm
12. Oktober 2020 - 10.12

Esch wärt dach elo net zou Grond goen wann den Här Rihm a Pensioun geet.

ruthenau
11. Oktober 2020 - 13.33

@de Schmatt. "Es wird doch auch noch andere Rstaurants hierzulande geben, in denen man gemütlich dinieren kann." Nenn Sie uns 2 und Sie machen tausende glücklich.

Charel Ries
10. Oktober 2020 - 19.52

Jo dinieren, dat richteg Lëtzebuergescht Wuert. Ech iessen keng Nieren. Es wird doch auch noch andere Restaurants hierzulande geben, inndenen man gemütlich dinieren, an lo kennt de Fehler, konnte. Well et gett der vill dei zoumaachen mussen

de Schmatt.
10. Oktober 2020 - 18.24

Es wird doch auch noch andere Rstaurants hierzulande geben, in denen man gemütlich dinieren kann.

ruthenau
10. Oktober 2020 - 15.09

Schade. Das einzige Restaurant wo man noch gemütlich wie früher dinieren konnte. Sonst gibt's ja nur noch Pizzabuden, Chinesen, Inder, Japaner, Taiwanesen, Tibetaner und andere.