Freihandelsabkommen im ParlamentCETA soll am Mittwoch durchgewunken werden

Freihandelsabkommen im Parlament / CETA soll am Mittwoch durchgewunken werden
Der Protest gegen das Abkommen ist mehrere Jahre alt; hier eine Demo aus dem Jahr 2016 Foto: Editpress/Alain Rischard

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Allen Erkenntnissen der Corona-Krise zum Trotz, so warnt die Plattform „Stop TTIP und CETA“ in einer Mitteilung, bestehe das Risiko, dass das Parlament in seiner Sitzung vom Mittwoch das umstrittene Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada CETA ratifizieren werde.

In seiner Sitzung vom vergangenen Donnerstag habe die Präsidentenkommission des Parlaments entschieden, die Abkommen mit Kanada und mit Singapur zur Wahl zu stellen. In der Tat soll laut offiziellem Programm Berichterstatter Yves Cruchten (LSAP) das Abkommen präsentieren; nach einer Debatte wird die Abstimmung auf der Tagesordnung stehen.

Zahlreiche mitgliederstarke Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter Umweltschutz-, Konsumentenschutz- und Landwirtevereinigungen sowie die großen Gewerkschaften des privaten und öffentlichen Sektors, warnen seit Jahren gegen solche Freihandelsabkommen, die unter anderem riskieren würden, die Standards im ökologischen und sozialen Bereich Europas auszuhebeln und die Machtposition multinationaler Unternehmen auf spektakuläre Weise zu stärken. Mehrere Kundgebungen gegen die Abkommen haben in den vergangenen Jahren stattgefunden.

Die in der Plattform „Stop TTIP und CETA“ organisierten Vereinigungen riefen deshalb nun die Parlamentarier ein weiteres Mal auf, das Abkommen abzulehnen und gegen CETA zu stimmen. Die Corona-Krise habe gezeigt, wie wichtig regionale Wirtschaftskreisläufe seien und wie problematisch Abhängigkeiten von Importen aus der Ferne insbesondere in solchen Zeiten sein können. Die nun im Parlament präsentierten Abkommen stünden gegen all diese Erkenntnisse aus der Krise.

Aktuell keine Kundgebungen möglich

Der Berichterstatter und die Regierung sehen dies anders und verweisen auf neue Handels- und Investitionsmöglichkeiten durch verbesserte Regeln des Austauschs, dies sowohl im Güterhandel als auch beim Austausch von Dienstleistungen. 99 Prozent der Zollgebühren würden durch das Abkommen wegfallen. Chemie- und Pharmazie-Produkte sowie die Automobil- und die Textilindustrie würden auf europäischer Seite am meisten von dem Abkommen profitieren.

Landwirtschaftliche Waren würden unter tarifliche Quoten fallen, sodass nur ein Teil solcher Produkte zollfrei eingeführt werden könnten, heißt es weiter in der parlamentarischen Ankündigung, womit wohl die Befürchtungen der Landwirtschaftsverbände zerstreut werden sollen. Dienstleister könnten durch das Abkommen bei öffentlichen Ausschreibungen in Kanada, sei es auf föderaler, kommunaler oder Provinzebene, mitmachen. Andererseits gebe es keine Verpflichtung für europäische Staaten, ihre öffentlichen Ausschreibungen zu öffnen oder Sektoren, von denen sie dies nicht wollen, zu privatisieren. Weitere Felder der künftigen Zusammenarbeit sollen unter anderem Außenpolitik, Forschung, Kultur, Erziehung, Justiz, Kampf gegen Terrorismus und Drogenhandel sein.

Die Gegner des Abkommens bleiben bei ihrer ablehnenden Haltung. Die Abstimmung erfolge außerdem ausgerechnet in einem Zeitraum, der keine Massenproteste und Kundgebungen gegen das Abkommen zulasse, so die Plattform, die im Laufe des Dienstags eine Mitteilung veröffentlichen will, die von den Bürgern unterstützt werden solle und den Abgeordneten als Zeichen der Ablehnung zugestellt werden soll. CETA wird in seiner Gesamtheit nur in Kraft treten können, wenn alle Mitgliedstaaten der EU es ratifizieren.

Joseph
6. Mai 2020 - 7.53

Die Verdoppelung der fossilen Importe hat gar nichts mit dem CETA zu tun sondern mit den Preisen auf dem Weltmarkt. Das EU Vorsorgekonzept bleibt völlig erhalten : Im Text steht schwarz auf weiß dass es keine Einschränkungen geben kann. ISDS gibt es ja auch nicht mehr. Es wurde durch ein besseres (Transparenz, Deontologiekodex, neutrale Richter) System ersetzt, und der CETA soll helfen dieses neue System weltweit zu verbreiten damit die tausenden ISDS-Verträge die es noch gibt endlich verschwinden.

Helena Peltonen-Gassmann
5. Mai 2020 - 23.05

Für mich ist es unfassbar, dass eine Ratifizierung von CETA im Jahr 2020 von irgendjemand akzeptiert werden kann. Dieses Abkommen ist von vorgestern und steht für "Weiter-so" im internationalen Handel. Die fossilen Importe aus Kanada in die EU haben seit der vorläufigen Inkraftsetzung von CETA mehr als verdoppelt. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir dringend machen müssen. Das Abkommen wird uns auf Jahrzehnte auf fossile Energien fesseln. Inakzeptabel. Unverantwortlich. Ganz abgesehen von den anderen unfassbaren Unzulänglichkeiten: - Paralleljustiz für Konzerne mit ISDS ist nach wie vor drin - trotz Ankündigungen der EU-Kommission im Jahr 2015 (!) stehen keine Antikorruptionsklauseln drin - das Europäische Vorsorgekonzept ist nicht in einer durchsetzbaren Form enthalten... NEIN!