MyanmarCamcopter-Bauteile aus Österreich gelangten über Russland ins ehemalige Burma

Myanmar / Camcopter-Bauteile aus Österreich gelangten über Russland ins ehemalige Burma
Militärische Ausrüstung wird während einer Parade zur Feier des 77. Tages der Streitkräfte Myanmars in Naypyidaw am 27. März 2022 ausgestellt.  AFP

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„Unerklärlich“ ist einer österreichischen Firma, wie Bauteile ihres auch militärisch einsetzbaren Camcopters noch nach dem Putsch in Myanmar an die dortige Militärjunta gelangt sind.

Zivilisten als unschuldige Opfer einer Soldateska: Nicht nur in der Ukraine, auch in Myanmar werden Wohnhäuser angegriffen. In Europa findet jedoch kaum Beachtung, dass in dem südostasiatischen Land seit dem Putsch Anfang Februar 2021 das Militär einen grausamen Krieg gegen jegliche Opposition führt. Die UNO hat klare Hinweise auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Eine österreichische High-Tech-Firma sieht sich nun mit dem Vorwurf der „anhaltenden Komplizenschaft mit dem terroristischen Militär von Myanmar“ konfrontiert. Erhoben wird er von der Oppositionsgruppe „Justice for Myanmar“ (JFM) gegen Schiebel Aircraft. Demnach habe der myanmarische Waffenhändler Miya Win International (MWI) „nach dem illegalen Putsch Teile und ein maßstabsgetreues Trainingsmodell für unbemannte Luftfahrzeuge (UAV) Camcopter S-100 importiert“. Die Güter sollen über die russische Gesellschaft Gorizont, die in Rostow am Don Schiebels Camcopter in Lizenz produziert, an MWI in Yangon gegangen sein.

Der Camcopter S-100 ist ein unbemannter Mini-Helikopter, der mit Kameras oder Waffen ausgestattet zivil wie militärisch genutzt werden kann. MWI ist Waffenlieferant der Militärjunta, den Großbritannien vor zwei Wochen mit Sanktionen belegt hat. Unter anderem wurde das Vermögen von MWI eingefroren. „Das Vereinigte Königreich verurteilt aufs Schärfste jene Länder, die weiterhin Waffenlieferungen an das Militärregime erleichtern“, heißt es in einer Pressemitteilung der Regierung in London.

Das könnte auch auf Österreich gemünzt gewesen sein. Denn dem Tageblatt vorliegende Auszüge aus der auf Behördenangaben basierenden Handelsdatenbank ImportGenius dokumentieren für 8. Februar 2021 eine Lieferung von Schiebel an Gorizont. Ein Teil der Camcopter-Bauteile ging demnach elf Tage später weiter an MWI.

Kein Camcopter bei Russen-Armee

„Für Schiebel unerklärlich“, so eine Sprecherin in der Wiener Zentrale zum Tageblatt. Man habe vor dem EU-Embargo „im Zuge der Modernisierung der Infrastruktur“ Camcopter S-100 nach Myanmar geliefert. Der Abnehmer dürfe aufgrund vertraglicher Bestimmungen nicht genannt werden. Zweifel an der bloß zivilen Nutzung der Fluggeräte nährte Myanmars Militär selbst Ende 2018 mit der öffentlichen Präsentation eines Camcopters in Yangon.

Wenn nach dem Putsch von Schiebel an Gorizont gelieferte Camcopter-Teile bei MWI gelandet sind, wäre das Vertragsbruch durch die Russen: „Die Verwendung der von Schiebel an Gorizont gelieferten Produkte ist ausdrücklich auf das Gebiet der russischen Föderation beschränkt und schließt Weiterexport aus“, so die Sprecherin.

Infolge des Ukraine-Krieges hat sich diese Kooperation ohnehin erledigt. Schiebel beendete die Geschäftsbeziehung mit Gorizont und versichert zugleich, es sei „auszuschließen, dass das russische Militär Produkte von Schiebel zum Einsatz bringt oder bringen kann, auch nicht in der Ukraine.“