Freispruch für Ex-PolizistenTödliche Schüsse in Bonneweg: Berufungsrichter sehen Notwehr als erwiesen an

Freispruch für Ex-Polizisten / Tödliche Schüsse in Bonneweg: Berufungsrichter sehen Notwehr als erwiesen an
In diesem Wagen starb im April 2018 ein 51-jähriger Mann durch die Kugel aus einer Polizeidienstwaffe. Der Beamte, damals 22, habe aus Notwehr geschossen, befanden die Berufungsrichter am Dienstag.  Foto: Editpress

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Der Polizist, der vor fünf Jahren bei einer Verkehrskontrolle einen Menschen tödlich verletzte, ist im Berufungsverfahren freigesprochen worden. Er habe in Notwehr gehandelt, so die Richter.

Ex-Polizist M. verließ das Gericht am Dienstagnachmittag als freier Mann. Er habe aus Notwehr gehandelt, so die Richter in ihrem Urteil im Berufungsprozess: „Il n’y a ni crime, ni délit, lorsque l’homicide, les blessures et les coups étaient commandés par la nécessité actuelle de la légitime défense de soi-même ou d’autrui.“ (Art. 416 Code pénal)

Bei einer Verkehrskontrolle im April 2018 in Bonneweg hatte der damals 22-jährige Polizist auf einen Autofahrer geschossen, der sich der Kontrolle entziehen wollte und mit seinem Fahrzeug auf ihn zufuhr. In erster Instanz war M. im November 2022 noch zu fünf Jahren Haft, drei davon auf Bewährung, verurteilt worden.

Vorsatz oder Notwehr? Das war die Hauptfrage in beiden Instanzen des Prozesses. 

Fakt ist, dass der 1995 geborene M., der heute nicht mehr bei der Polizei arbeitet, damals in Bonneweg einen Autofahrer überprüfen wollte. Wie aus dem vor Ort nachgestellten Verlauf der Ereignisse hervorgeht, scheint dieser die Haltezeichen des Polizisten ignoriert und versucht zu haben, zu fliehen. Bei diesem Versuch fuhr er, wie es die Rekonstruktion zeigte, auf den damals 22 Jahre alten Polizisten zu. Dieser feuerte drei Schüsse aus seiner Dienstwaffe ab. Die erste Kugel verletzte den 51-jährigen Mann, einen Niederländer, tödlich.

In erster Instanz wiesen Experten auf die hohe Geschwindigkeit des Autos hin und dass der Polizist binnen sehr kurzer Zeit habe reagieren müssen. Er habe sich durchaus in Lebensgefahr wähnen können. Die Frage aber, ob er aus legitimer Verteidigung heraus wirklich habe schießen müssen oder ob er sich nicht durch einen Sprung zur Seite hätte in Sicherheit bringen können, wurde von den Experten nicht eindeutig beantwortet.

30 Jahre vs. Freispruch

Die Staatsanwaltschaft hingegen sah die Sache so: Polizist M. habe es darauf angelegt, seine Schusswaffe zu benutzen und auf jemanden schießen zu können. M.’s Verteidiger, Anwalt Philippe Penning, plädierte auf Notwehr. Es gebe zu viele Zweifel, Unklarheiten und offene Fragen. Zu all dem komme der desolate Zustand des Fahrzeuges, ein schwarzer Mercedes, sowie das merkwürdige Verhalten seines Fahrers, des späteren Opfers, während des ganzen vorhergehenden Einsatzes der Polizei. Me Penning erwähnte dabei besonders, dass der Fahrer mit seinem Auto mit hoher Geschwindigkeit auf den Polizisten zugefahren sei, und dass dabei durchaus Lebensgefahr für den Polizisten bestanden habe. Sein Mandant habe nicht die Absicht gehabt, zu schießen, er habe aus Angst, aus Notwehr, gehandelt.

30 Jahre Haft hatte die Staatsanwaltschaft in erster Instanz gefordert. Dem sind die Richter damals nicht nachgekommen. Das Strafmaß erklärten sie damals damit, dass sie dem Ex-Polizisten als strafmildernden Umstand zugutehielten, vom Autofahrer und dessen Benehmen im Straßenverkehr provoziert worden zu sein.

Die Berufungsrichter haben nun, wie gesagt, anders entschieden und M. im Sinne der Anklage freigesprochen. Der Logik des Urteils entsprechend sind auch die Forderungen der Nebenkläger zurückgewiesen worden.

Bonnie & Clyde
29. November 2023 - 17.20

Was sagen unsere beiden Verkehrssicherheit Beauftragt*innen denn hierzu? Man hört nichts. Sollte man schusssichere Westen im Automobil vorschreiben.

Joachim
29. November 2023 - 11.22

Dieses Urteil ist gut und schlecht zugleich. Ein zweischneidiges Schwert.

de Schmötten Hein
29. November 2023 - 10.48

Ein Skandal. Abgesehen von den materiellen Schäden sind die moralischen nicht weniger erheblich. Der Mann gehört sofort wieder beim Staat eingestellt und verdient eine entsprechende Entschädung, auch wenn sie den angerichteten Schaden nicht wiedergutmachen kann. Und wie sieht es mit einer öffentlichen Entschuldigung aus?

300tdi
28. November 2023 - 17.06

Dann kënnen se den Onschëllegen jo elo erem astellen! ?