BulgarienBergleute wehren sich mit Straßenblockaden gegen die von Sofia mit Brüssel vereinbarte Energiewende

Bulgarien / Bergleute wehren sich mit Straßenblockaden gegen die von Sofia mit Brüssel vereinbarte Energiewende
Die Blockade der „Struma“-Autobahn Richtung Griechenland wurde mittlerweile geräumt Foto: AFP/Nikolay Doychinov

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Im Westen kleben sich Klimaschützer auf den Asphalt. In Bulgarien blockieren Bergarbeiter Autobahnen und Überlandstraßen: Verbissen wehren sich die Kumpel im Balkanstaat gegen die von der prowestlichen Regierung in Absprache mit der EU anvisierte Energiewende.

Mit Engelszungen, aber bislang vergeblich versucht Bulgariens Regierungschef Nikolai Denkow die aufgebrachten Kumpel zurück an den Verhandlungstisch zu bewegen. Es sei „wichtig“, dass die Bergarbeiter nicht „auf den Autobahnen stehen, sondern kommen, sodass wir unser Gespräch vertiefen können“, so der seit Mai amtierende Premier: „Denn ich bin überzeugt, dass ein großer Teil von ihnen nicht genau versteht, was unsere Pläne sind und wie diese ihnen helfen könnten.“

Es ist die von der EU geforderte und von Sofia anvisierte Energiewende sowie der für 2038 geplante Ausstieg aus der Kohlekraft, der in Bulgarien die Gemüter teilt. Die Gewerkschaften der Bergarbeiter und Beschäftigten im Energiesektor laufen mit der Forderung nach einer „gerechten“ Energiewende und des Erhalts ihrer Arbeitsplätze seit Wochen gegen die Regierungspläne Sturm: Laut Darstellung der Gewerkschaften drohen bei einer Schließung von Kohlekraft- und Bergwerken bis zu 20.000 Arbeitsplätze direkt und gar 100.000 Jobs bei Zulieferern und im Transportsektor verloren zu gehen.

Rund die Hälfte des bulgarischen Stroms wird bisher durch die Verfeuerung von Kohle, ein weiteres Drittel durch Atomkraft erzeugt. Auch um den Anspruch auf milliardenschwere EU-Fördermittel zu wahren, drückt die große Koalition des liberalen Antikorruptionsbündnis PP-DB mit der konservativen Gerb-Partei beim anvisierten Kohle-Ausstieg aufs Tempo: Trotz der Forderung der Gewerkschaften nach einem Aufschub reichte die Regierung mit dem Verweis auf ablaufende EU-Fristen Ende September ihren Aktionsplan zur Umsetzung der von der EU geforderten Reduzierung der Schadstoffemissionen ein.

Bergarbeiter wollen neue Verhandlungen

Seitdem hat sich der Konflikt durch die Blockaden der Überlandstraßen und Autobahnen Richtung Türkei und Griechenland merklich verschärft. Zwar segnete das Parlament in dieser Woche mit großer Mehrheit eine von Denkow mit den Gewerkschaften des Energiesektors ausgehandelte Einigung ab, die die sozialen Folgen des geplanten Kohle-Ausstiegs abfedern und baldige Kraftwerksstilllegungen verhindern soll. Doch den Gesprächen mit Denkow waren mehrere Bergbaugewerkschaften bewusst ferngeblieben.

Zwar wurde die Blockade der „Struma“-Autobahn Richtung Griechenland mittlerweile geräumt. Doch vor allem in der Bergbauregion um Stara Sagora denken die aufgebrachten Kumpel keineswegs an ein Einlenken – und blockieren seit über einer Woche Pässe und Überlandstraßen sowie die „Trakija“-Autobahn von Sofia nach Burgas. Ihre Forderung: Sofia müsse die in Brüssel eingereichten Pläne zum Kohleausstieg zurückziehen – und diese mit dem heimischen Bergbau- und Energiesektor neu aushandeln.