Mondorf erinnert an das „Palace Hôtel“Als die Stadt mondäner war und in „Camp Ashcan“ Nazis beherbergte

Mondorf erinnert an das „Palace Hôtel“ / Als die Stadt mondäner war und in „Camp Ashcan“ Nazis beherbergte
Das „Palace Hôtel“ in Mondorf in seiner ganzen Pracht – nach dem Zweiten Weltkrieg und nach Abzug der Nazis aus dem Untersuchungsgefängnis „Ashcan“ Fotos: Claude Lenert/Gemeinde Mondorf

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Bad Mondorf hatte einst mit dem „Palace Hôtel“ eine sehr luxuriöse Herberge. 1988/89 wurde sie abgerissen. In Erinnerung bleibt sie vor allem, weil die Amerikaner 1945, kurz vor den Nürnberger Prozessen, Nazi-Größen dort unterbrachten. Dass diese kurze Episode nicht die ganze Geschichte des einstigen Grand Hotels widerspiegelt, verdeutlichte eine Konferenz im Kurstädtchen.

Mondorf könnte heute anders aussehen. Homogener, mondäner und, mit Verlaub, auch schöner. Ja, wenn das Palace Hotel und etliche andere Gebäude noch stehen und das Ortsbild prägen würden. Die Feierlichkeiten zum 175. Jubiläum des Thermalismus hätten dann eine andere Kulisse gehabt. Doch die 1926 eröffnete Nobelherberge im Stile eines Grand Hotels wurde 1988/89 abgerissen. Sie stand, wie viele andere Gebäude, wohl der urbanen Entwicklung im Wege – zumindest aus damaliger Sicht. Kein Grund zum Feiern!

Das Palace Hotel ist jedoch nicht vergessen. Das dürfte vor allem daran liegen, dass 1945 gefangen genommene hochrangige Nazis dort untergebracht waren, bevor ihnen in Nürnberg der Prozess gemacht wurde. 

Bei einer Konferenz in Mondorf haben die Historiker Sally Kremer und Daniel Thillman in Zusammenarbeit mit David Vitali aber viel weiter ausgeholt, um die bewegte Geschichte des Hotels zu beschreiben. Von den Anfängen bis zum Niedergang.

Zimmer ohne Badewanne

Die Idee eines großen Hotels entstand kurz nach dem Ersten Weltkrieg. 1924 wurde das Projekt in den damaligen Zeitungen der Region vorgestellt. 1926 war Eröffnung. Um die 120 Zimmer soll das Palace gehabt haben, ein jedes mit Waschbecken, aber mit insgesamt nur 15 Badezimmern. Das sei damals so üblich gewesen, erfährt man. Im aufstrebenden Kurstädtchen bestand zu der Zeit Bedarf an Unterkünften. Das Palace Hotel sollte mit seinem damals modernen Art-déco-Stil zur neuen Visitenkarte werden und Kundschaft anziehen. Im Keller soll es einen Tanzsaal gegeben haben, passend zu den goldenen Zwanzigern. Die Weltwirtschaftskrise 1929 und Vorboten des Zweiten Weltkrieges dürften den Höhenflug des Hotels aber gebremst haben.

Berühmt-berüchtigt wurde das Hotel dann 1945 als Untersuchungsgefängnis. Von Mai bis August quartierten die Amerikaner nämlich gefangen genommene hohe Vertreter des NS-Regimes dort ein, wo die Nazis dann auf ihren Prozess in Nürnberg warteten.

Die bekanntesten „Gäste“ sind Hermann Göring, Ribbentrop, Keitel, Papen oder auch Hitlers Reichsarchitekt Albert Speer – Letzterer allerdings nur zwei Wochen, bevor er in ein Gefängnis nach Großbritannien gebracht wurde. Ihnen allen wurde ab Herbst 1945 in Nürnberg der Prozess gemacht. Die im sogenannten „Camp Ashcan“ (Abfalleimer) geführten Verhöre hätten aber nicht wesentlich zur Prozessführung in Nürnberg beigetragen, so Sally Kremer. (Zum Thema gibt es übrigens einen Dokumentarfilm und ein Theaterstück.)

Ausstellung geplant

Nach dem Abtransport der Nazis stellte sich in Mondorf die Frage nach der Zukunft des Hotels. Es habe viele Ideen gegeben, so Daniel Thillman. Letztendlich sei das Hotel als Teil des wiederaufkommenden Kurbetriebes und für medizinische Versorgung genutzt worden. Etwas später seien auch Wohnungen dort eingerichtet worden.

Als der Luxemburger Staat dann neue Pläne für das Kurstädtchen gehabt habe, sei eigentlich kein Platz mehr für das Palace Hotel gewesen, so Thillman. Die Frage, ob das Gebäude zu retten gewesen wäre, sei nicht eindeutig zu beantworten. Scheinbar hätte der sumpfige Untergrund zu Senkungen und Rissen im Gebäude geführt. 1988/89 wurde es jedenfalls abgerissen. Ein einziger Stein, unweit des heutigen Park-Hotels, erinnert heute in Mondorf noch an das Palace Hotel. 

Die Kulturkommission Mondorf, der Interessenverein und die Geschichtsfreunde der Gemeinde wollen die Erinnerung ans Palace wachhalten. 2023 ist jedenfalls eine Ausstellung geplant. Auch ein Buch über das Kurhotel könne man sich vorstellen, wenn dann bis heute unter Verschluss gehaltene Dokumente zugänglich seien. Wer übrigens Informationen über oder gar noch Gegenstände aus dem Hotel hat, solle sich ruhig melden.