EU-KommissionBrüssel bemängelt Luxemburger Bildungssystem – Schuldenregeln sollen in Europa weiter auf Eis liegen

EU-Kommission / Brüssel bemängelt Luxemburger Bildungssystem – Schuldenregeln sollen in Europa weiter auf Eis liegen
EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis (l.) und EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni setzen auf den hunderte Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds, um die Wirtschaft in der EU am Laufen zu halten Foto: European Union 2022/Aurore Martignoni

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Nach den Frühjahrsprognosen über die künftige wirtschaftliche Entwicklung in der EU vergangene Woche legte die EU-Kommission am Montag ihre wirtschaftspolitischen Empfehlungen für die 27 EU-Staaten im Rahmen des sogenannten Europäischen Semesters vor. Zudem schlug Brüssel vor, auch im kommenden Jahr die EU-Schuldenregeln weiter auf Eis zu legen.

Der russische Krieg in der Ukraine, der Druck auf die internationalen Lieferketten, höhere Energiepreise sowie die damit einhergehende Unsicherheit hätten die EU-Wirtschaft „hart getroffen“, erklärte der EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis am Montag in Brüssel. Die noch im Februar guten wirtschaftlichen Aussichten mussten nach unten revidiert werden. Dombrovskis und EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni setzen vor allem auf den Corona-Wiederaufbaufonds als Impulsgeber für die europäische Wirtschaft. An die 100 Milliarden Euro seien den EU-Staaten bislang für Reformen und Investitionen aus dem Wiederaufbaufonds bereitgestellt worden. Die Wirtschaft in der EU werde trotz des Krieges auch in diesem und im nächsten Jahr wachsen, allerdings „viel mehr gedämpfter als ursprünglich erwartet“, sagte der EU-Vizekommissionspräsident.

Dennoch: „Wir sind mit erhöhter Unsicherheit und starken Abwärtsrisiken für die Aussichten konfrontiert“, weshalb die EU-Kommission vorschlage, auch im kommenden Jahr die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes auszusetzen und erst im Jahr 2024 wieder in Kraft zu setzen. Dies ermögliche es den Mitgliedstaaten, fiskalpolitisch, falls nötig, schnell zu reagieren. Allerdings, schränkte Dombrovskis ein, werde mit der Weiterführung der allgemeinen Ausweichklausel der Stabilitätspakt nicht ausgesetzt. „Wir schlagen keine Rückkehr zu unbegrenzten Ausgaben vor“, assistierte Gentiloni.

Die Kommission schlägt den EU-Finanzministern vor, die sogenannte allgemeine Ausweichklausel bis Ende kommenden Jahres weiter beizubehalten. Diese Klausel wurde 2011 im Zuge der Finanzkrise eingeführt und erlaubt den EU-Staaten einen größeren fiskalpolitischen Spielraum in Bezug auf den Stabilitätspakt. Dieser sieht bekanntlich eine Defizitobergrenze von drei Prozent sowie eine maximale Schuldenquote von 60 Prozent des BIP vor. Die allgemeine Ausweichklausel wurde im Zuge der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 aktiviert und seitdem verlängert.

Die Kommission rate weiterhin zu einer vorsichtigen Fiskalpolitik und Investitionen in die grüne und digitale Transition sowie die Energiesicherheit, so Dombrovskis weiter. Hohe Investitionen sollten aber von einer „strikten Kontrolle“ anderer Ausgaben begleitet werden.

Keine neuen Verfahren wegen Haushaltsdefizit

Die Kommission werde keine neuen Verfahren wegen eines exzessiven Haushaltsdefizits einleiten, versicherte der EU-Vizekommissionspräsident. Dennoch würden im Herbst und im kommenden Frühjahr die Defizit- und Schuldenkriterien bewertet, sagte Dombrovskis. Dabei werde in Betracht gezogen, inwieweit sich die Mitgliedstaaten an die von der Kommission gemachten Empfehlungen gehalten hätten. Gentiloni mahnte vor allem die hoch verschuldeten EU-Staaten zu einer „vorsichtigen Fiskalpolitik“.

Wie der EU-Wirtschaftskommissar bereits vor einer Woche erklärte, rechnet die Kommission in diesem Jahr nur mehr mit einem Wachstum von 2,7 Prozent im Gegensatz zu den 4 Prozent, die noch im Februar vor der russischen Invasion in die Ukraine prognostiziert wurden. Allerdings schränkte der Italiener ein, dass der Hauptteil dieser 2,7 Prozent einem statistischen Mitnahmeeffekt der starken wirtschaftlichen Erholung des Vorjahres geschuldet ist. Das eigentliche Wachstum in diesem Jahr betrage nur 0,8 Prozent

Der französische EU-Ratsvorsitz hatte es sich zur Aufgabe gemacht, unter anderem die immer wieder in der Kritik stehenden Stabilitätskriterien einer Reform zu unterziehen. EU-Vizekommissionspräsident Dombrovskis erklärte am Montag, dass wegen des russischen Krieges die Aufmerksamkeit auf anderen Dingen lag und es noch Diskussionsbedarf gebe. Der Lette stellte in Aussicht, dass die Kommission noch vor der Sommerpause im Juli Leitlinien für eine Reform der Defizit- und Schuldenregeln in der EU vorlegen werde. Dabei stehen sich im Wesentlichen zwei Lager gegenüber: jene, die an strikten Regeln festhalten wollen, zu denen unter anderem Deutschland und die Niederlande zählen, und jene, die einen lockereren Umgang mit den Stabilitätskriterien bevorzugen, wie etwa Frankreich, Italien und Spanien.

Brüssel empfiehlt Luxemburg nachhaltiges Pensionssystem

Luxemburg, das vor der Pandemie ein „dynamisches Wachstum“ aufwies und dessen Wirtschaft sich während der Corona-Krise als widerstandsfähig erwies, wird in diesem Jahr mit 2,2 Prozent ein weitaus geringeres Wachstum haben als im vorigen Jahr mit 6,9 Prozent. Wenn auch der Schuldenstand weiter steigen wird, so entwickelt sich das Defizit mit einem Minus von 0,1 Prozent in diesem Jahr und einem leichten Überschuss von 0,1 Prozent im kommenden Jahr. Steigende Energiepreise werden in Luxemburg jedoch eine höhere Auswirkung auf die Inflation haben als in anderen EU-Staaten. Zudem werde die Importabhängigkeit sowie die Nachfrage von Strom im Land weiter steigen, so die EU-Kommission. Sie empfiehlt Luxemburg daher wenig überraschend, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren und den Einsatz von erneuerbaren Energien sowie Investitionen in Energieeffizienz zu beschleunigen. Kommunen sollten beim Ausbau von Windkraftanlagen sowie der Nutzung von Sonnenenergie unterstützt werden. Daher sollten zusätzliche öffentliche Investitionen in die grüne, aber auch digitale Transition fließen, wobei unter anderem auf Gelder aus dem Corona-Wiederaufbaufonds zurückgegriffen werden könne.

Andere Empfehlungen der EU-Kommission beziehen sich auf das Pensions- und Bildungssystem. Nicht das erste Mal kommt die Mahnung aus Brüssel, das luxemburgische Pensionssystem nachhaltiger zu gestalten. Die Kommission bescheinigt dem Land, mit „schärfster Steigerung“ von Renten-bezogenen Ausgaben in der EU konfrontiert zu werden. Bis 2070 würden sich die Ausgaben für Renten in Luxemburg verdoppeln. Das Land habe mit 61,3 Jahren eines der durchschnittlich niedrigsten Renteneintrittsalter in der EU. Demnach empfiehlt die Kommission, das Rentensystem nachhaltiger zu gestalten. Dazu sollte beispielsweise das Renteneintrittsalter gehoben werden, indem Frühpensionierungen reduziert werden. Zudem soll die Beschäftigungsrate älterer Arbeitnehmer gesteigert werden.

Schwierigkeiten sieht die EU-Kommission ebenfalls im luxemburgischen Bildungssystem. Hier sollten Ungleichheiten reduziert und allen Studierenden gleiche Chancen eingeräumt werden. Geholfen werden sollte vor allem Studierenden, die aus einem schwachen sozioökonomischen Milieu stammen oder einen anderen sprachlichen Hintergrund haben. Zudem wird Luxemburg in Brüssel weiterhin als ein Land angesehen, das eine „aggressive Steuerplanung“ ermöglicht. Hier wird die Regierung noch einiges nachbessern müssen, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen zu verhindern, EU-Steuerzahler fair zu behandeln und die öffentlichen Finanzen zu schützen, wie es aus Brüssel heißt. Bisherige Maßnahmen seien „begrenzt und unzureichend“ gewesen, schreiben die Kommissionsmitarbeiter in ihrem Bericht.

Armutsrisiko steigt

Dem Land wird von der EU-Kommission zwar bescheinigt, „sehr gut“ in einigen der von der UNO definierten 17 nachhaltigen Entwicklungszielen abzuschneiden. Was allerdings nicht der Fall ist, im Bereich der Armutsentwicklung, im Gegenteil. Der Anteil der Menschen, die einem Armutsrisiko oder sozialer Ausgrenzung ausgesetzt sind, sei von 18,4 im Jahr 2015 auf 19,9 Prozent im Jahr 2020 gestiegen (der EU-Durchschnitt lag 2020 bei 21,9 Prozent). Der Anteil von Menschen, die Einkommensarmut nach Sozialtransfers ausgesetzt seien, sei ebenfalls gestiegen: von 15,3 Prozent im Jahr 2015 auf 17,4 Prozent im Jahr 2020 – und damit über den EU-Durchschnitt von 17,1 Prozent.

Miette
24. Mai 2022 - 22.05

Nicht alle Zuwanderer sind respektlos. Nicht jeder Luxemburger lebt von seinem Einsatz und seiner Hände Werk. Friedliche Grüsse zur Nacht❣️❣️❣️

uma
24. Mai 2022 - 21.21

@Filet de Boeuf Herr Peters, hat man Sie im Knast mal wieder an den Computer gelassen?

Filet de Boeuf
24. Mai 2022 - 13.05

Ich würde sogar bis 70 arbeiten gehn, wenn dafür das Bevölkerungswachstum gebremst und für mich ein Haus erschwinglich wird. Ich würde mich regelrecht prostituieren. Ich würde abends noch Rasen mähen gehn, oder Mülleimer leeren, Kartoffeln schälen, Granaten für den Ukraine-Krieg herstellen, Unkraut vernichten, Kühe melken, egalwas, hauptsache es läuft anders. Und Zuwanderer werden wegen Respektlosigkeit wieder in die Herkunftsländer abgeschoben, wenn sie von Sozialleistungen leben und höhere Ansprüche haben als ein Luxemburger, der seine ganze Kindheit und Jugend hier vebracht hat.