Konflikt„Nicht in Kriegslogik versetzen“: EU- und NATO-Staaten unterstützen die Ukraine

Konflikt / „Nicht in Kriegslogik versetzen“: EU- und NATO-Staaten unterstützen die Ukraine
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell versicherte gestern in Brüssel, dass die EU im Rahmen der Verhandlungen zwischen den USA und Russland sehr wohl von den USA konsultiert und informiert werde Foto: John Thys/AFP

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Im Konflikt mit Russland über Recht auf Selbstbestimmung erfährt die Ukraine zunehmende Unterstützung von der Europäischen Union sowie von der NATO. Die Europäer setzen weiterhin auf Dialog, um die Lage zu entschärfen. Dennoch haben mehrere NATO-Staaten angekündigt, ihre Truppenpräsenz in Osteuropa auszubauen.

Der massive Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ostukraine führt zu immer größeren diplomatischen, aber auch militärischen Aktivitäten in Europa. Derzeit wird noch weitestgehend auf Diplomatie, auf eine Verhandlungslösung der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgelösten angespannten Lage im Osten Europas gesetzt. Dazu kamen gestern in Brüssel die EU-Außenminister zusammen, die von ihrem US-Kollegen Antony Blinken über dessen Treffen mit dem russischen Außenminister am vergangenen Freitag informiert wurden.

Mit der bislang errichteten Drohkulisse hätten die EU sowie die NATO „richtig reagiert“, sagte gestern der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn in Brüssel, der weiterhin konsequent auf die Diplomatie setzt, um den Konflikt mit Moskau beizulegen. „Wir sollten uns nicht in eine Kriegslogik versetzen“, warnte er. „Wir sind da, um alles zu tun, damit kein Krieg ausbricht“, sagte Jean Asselborn. Aus seiner Sicht sei bereits vieles geschehen. Die Präsidenten und Außenminister der USA und Russlands würden miteinander reden, es gebe Kontakte auf der Ebene der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie mit dem NATO-Russland-Rat. Zudem wird, wie die Nachrichtenagentur Reuters gestern meldete, das sogenannte Normandie-Format am Mittwoch auf Ebene der politischen Direktoren in Paris zusammentreffen, an dem Russland, die Ukraine, Deutschland und Frankreich beteiligt sind. Für gestern Abend war ein von US-Präsident Joe Biden geführtes Spitzengespräch geplant, an dem Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen, die NATO und die EU beteiligt sein sollten.

Wir sind da, um alles zu tun, damit kein Krieg ausbricht

Jean Asselborn, Luxemburgs Außenminister

Derweil werden allerdings vermehrt auch militärische Vorbereitungen getroffen. Abgesehen von verschiedenen Waffenlieferungen der USA sowie mehrerer EU-Staaten an die Ukraine haben gestern laut Agenturmeldungen mehrere Staaten angekündigt, ihre Truppenpräsenz unter anderem in den beiden NATO-Staaten Rumänien und Bulgarien auszubauen. Bereits in den vergangenen Tagen hätten demnach Frankreich, Spanien, Dänemark und die Niederlande entsprechende Pläne angekündigt. Dies würde die Spannungen nur noch weiter verschärfen, hieß es dazu aus dem Kreml.

Für Unklarheit sorgte gestern dann die Nachricht, dass die USA und Großbritannien Botschaftspersonal aus Kiew abziehen würden. Blinken habe dies während der Videoschalte mit den EU-Außenminister relativiert, sagte Jean Asselborn. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell stellte klar, dass es sich dabei nicht um eine „Evakuierung“ handele. Es werde lediglich nicht notwendigem Personal die Möglichkeit einer Ausreise angeboten. Unter den EU-Mitgliedstaaten sei man der Ansicht, dass diese Maßnahme nicht notwendig sei, sage der Spanier weiter. Sie wollten nicht „zu einer Versicherung der Lage beitragen“, meinte die deutsche Chefdiplomatin Annalena Baerbock. Die Diplomaten könnten weiter vor Ort arbeiten.

„Ruhig bleiben und eine Nervenkrise vermeiden“

Deutschland hält sich bislang weitgehend von militärischen Unterstützungsmaßnahmen im Ukraine-Konflikt zurück. Stattdessen setzt die Außenministerin auf eine wirtschaftliche Unterstützung der Ukraine, wie sie gestern weiter erklärte. Darauf dürfen ebenfalls die gestern von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigten neuen Darlehen und Finanzhilfen der EU für die Ukraine in Höhe von 1,2 Milliarden Euro abzielen. „Dieses Paket wird der Ukraine direkt helfen, seinen Finanzbedarf infolge des Konflikts zu bewältigen“, erklärte die Kommissionschefin laut einer Mitteilung.

Daneben wird diesseits der Konfliktlinie auf weitere Abschreckungsmaßnahen gesetzt. Die EU und die USA hätten „intensive Arbeit an gemeinsamen Sanktionen“ geleistet, erklärte die deutsche Außenministerin  noch vor dem Treffen weiter. Ob dabei weiterhin auch eine Entkopplung Russlands vom internationalen Zahlungssystem Swift diskutiert werde, wollte Josep Borrell nicht bestätigen. Sollte die Diplomatie jedoch scheitern, sei man auf eine russische Aggression mit „schnellen und entschlossenen Aktionen“ vorbereitet, die „ernsthafte Konsequenzen und massive Kosten“ für Russland haben würden, versicherte der EU-Außenbeauftrage. Ansonsten meinte er, man müsse „ruhig bleiben, das Nötige tun und eine Nervenkrise vermeiden“.

Claude Oswald
25. Januar 2022 - 12.39

Wir sind da, um alles zu tun, damit kein Krieg ausbricht. Man kann allerdings das eine sagen, und das andere wollen. Es kommt wohl auch immer auf die Perspektive an. In Russland sieht man den Westen in der Rolle des Angreifers, oder des Kriegstreibers. Die Frage sei erlaubt : Welche Interessen verfolgt der Westen in der Ukraine ? Wissen wir wirklich alles ?