JustizTod im Schrebergarten: Indizienprozess schon kurz vor dem Urteil

Justiz / Tod im Schrebergarten: Indizienprozess schon kurz vor dem Urteil
Mit der Frage, ob A.L. jemanden umgebracht hat, musste sich das Gericht am Donnerstag und Freitag beschäftigen. Die Schuldzuweisung bleibt unklar. Das Urteil erfolgt am 8. Juli. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Wer hat im Mai 2018 einen 25-jährigen Mann in einem Schrebergarten in Merl umgebracht? Mit der Frage hat sich das Bezirksgericht Luxemburg am Donnerstag und Freitag beschäftigt. Die Schuldzuweisung ist unklar. Das Urteil ergeht am 8. Juli.

Am Freitag war der zweite und letzte Tag im Prozess um den Mord im Schrebergarten in Merl im Mai 2018. Zu klären blieb die Frage, wer den 25-jährigen Ungar ermordet hat. Keine einfache Frage, zumal sich der beschuldigte A.L. aus Lettland nicht schuldig bekennt, seinen Hals durch seine Aussagen aber auch nicht unbedingt aus der Schlinge ziehen kann.

Wir sind im Obdachlosenmilieu, kaum jemand kennt den Letten oder den Ungar, wenige nehmen Anteil an ihrem Schicksal. Dass der Beschuldigte A.L., ein 51-jähriger Lette aus Riga, monatelang in einer verlassenen Gartenlaube in Merl „gelebt“ hat, haben wenige bemerkt. Wenn doch, haben sie es lediglich zur Kenntnis genommen.

In anderen Worten: Für alles, was dort geschah, wer dort verkehrte und wie es dort im Mai zu einem Mord kommen konnte, gibt es keine Zeugen. Und doch wurde dort eine Leiche gefunden. Fakt.

Der Angeklagte, der am Freitag in kurzer Hose und gelbem T-Shirt erschien, beteuert, nichts mit dem Mord zu tun zu haben. Bis Ende April sei er in der Gartenlaube geblieben. „Warum nicht länger?“, fragt die Richterin. „Weil ich im Sommer draußen schlafen möchte“, so A.L. „Sie hätten ja auch vor der Laube im Freien übernachten können“, entgegnet die Richterin.

A.L. gibt wenig befriedigende Antworten. Auch nicht zu den Leuten, die er mit in „sein Zuhause“ genommen hat. „Niemanden“, sagt er. Allerdings gibt es Indizien, dass er mit anderen vor Ort war, auch mit dem späteren Mordopfer. Wahrscheinlich waren auch andere Besucher dort. Selbst eine Videoaufzeichnung gibt wenig Aufschlüsse. Sicher ist, dass das Gartenhäuschen nicht wirklich ein Versteck war, sondern jedem jederzeit zugänglich war. „Man konnte es von der Straße einsehen“, sagt einer der Ermittler.

Das Gericht nennt die Gartenlaube eine Art Zuhause von A.L. Dass er nach dem Fund der Leiche dort nicht mehr aufgetaucht sei, könne man als verdächtig werten. A.L. wirkt ratlos. Die Anschuldigungen weist er zurück. Allerdings gibt es Widersprüche. Kleine, aber für das Gericht scheinbar wesentliche. „Es ist halt, wie es ist“, gibt A.L. oft zu verstehen.

Das einzige echte Indiz ist ein Messer, auf dem sich DNA-Spuren des Opfers und des Täters finden lassen. Wäre es weiter weg vom Tatort gefunden oder nicht entdeckt worden, dann würde wohl das einzige Indiz fehlen, das zu einer möglichen Verurteilung des Beschuldigten führen kann.

Dabei sei nicht sicher, ob das Messer wirklich die Tatwaffe sei, sagt die Anwältin von A.L. Am Ende des zweiten und letzten Prozesstages gibt es kein wirklich klares Bild. Alles kann, nichts muss. Es gebe viele Vermutungen, die darauf abzielen, Licht ins Dunkel zu bringen, sich aber letztendlich nicht bestätigen lassen, so die Anwältin.

Sie fordert den Freispruch für ihren Mandanten. Die Staatsanwaltschaft hingegen 25 Jahre Haft. Das Urteil ergeht am 8. Juli.