IndustrieNach Investitionsstütze des Staates: Guardian produziert auch zukünftig Glas in Luxemburg

Industrie / Nach Investitionsstütze des Staates: Guardian produziert auch zukünftig Glas in Luxemburg
Die Luxemburger Glasindustrie hat wieder eine Perspektive für die Zukunft Foto: Guardian

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Seit der US-Konzern Guardian letztes Jahr einen seiner beiden Luxemburger Öfen zur Produktion von Flachglas abgeschaltet hat, stellten sich grundlegende Fragen zur Zukunft der Glasproduktion in Luxemburg. Immerhin steht auch der zweite Ofen kurz vor dem Ende seiner Lebensdauer. Am Montag kündigten Wirtschaftsminister Franz Fayot und der US-Konzern nun gemeinsam an, dass der zweite Ofen mittels einer millionenschweren Investition modernisiert wird. Die Zukunft der industriellen Glasproduktion in Luxemburg soll somit für die nächsten 15 bis 20 Jahre gesichert sein.

Es ist das vorläufige Ende einer Geschichte, die vor fast einem Jahr, im Juni 2020, begann. Damals kündigte der US-Glashersteller Guardian, der hierzulande auf zwei Standorten Flachglas produzierte, das Herunterfahren des Ofens in Düdelingen sowie den Zusammenschluss der zwei Luxemburger Produktionsstätten an. Hintergrund der Entscheidung war, dass die Nachfrage nach Glas im Zentrum Europas deutlich niedriger sei als die Produktionskapazitäten, so der Konzern damals. Etwa 200 Arbeitsplätze waren von einem Sozialplan bedroht.

Guardian zählt zu den großen bekannten US-Industriebetrieben, die vor Jahrzehnten eigene Produktionsstätten in Luxemburg aufgebaut haben. Die Gruppe ist seit 1981 im Land vertreten. Es handelt sich um einen Vorzeigebetrieb: Weltweit kommt das hierzulande hergestellte Glas in den Einsatz, so etwa beim höchsten Gebäude der Welt in Dubai, dem Burj Khalifa.

Vor zehn Jahren zählte die Gruppe hierzulande noch drei Produktionswerke – in Bascharage, Düdelingen und Grevenmacher – und mehr als 700 Angestellte. Doch die letzten zehn Jahre verliefen nicht ruhig. Es gab viel Auf und Ab: 2012 stand das Werk in Düdelingen bereits einmal auf der Kippe. Nach langen Verhandlungen wurden Stellen abgebaut und Gehälter gekürzt – und im Gegenzug wurden Investitionen getätigt. 2014 hat der US-Konzern sein Werk für Autoglas in Grevenmacher dann an die japanische Carlex verkauft. Im Jahr 2016 hat der US-Glashersteller dann eine neue Europazentrale in Bartringen eingeweiht. 2018 machten wieder Gerüchte einer Schließung der beiden übriggebliebenen Werke die Runde. Doch alles blieb ruhig. Bis etwa im Juni 2020.

Mittlerweile, fast ein Jahr später, sind die Entscheidungen für die Zukunft gefallen: „Wir werden weiterhin Glas in Luxemburg produzieren“, so Guus Boekhoudt, Vizepräsident von Guardian Glass, gemeinsam mit Wirtschaftsminister Franz Fayot am Montag vor Journalisten. Die Gruppe habe entschieden, in die Modernisierung des Werks in Bascharage zu investieren. Es gehe um einen noch nicht näher bezifferbaren Betrag im zweistelligen Millionenbereich, so der Manager. Bereits 2023 sollen die ersten Produkte aus dem neuen Ofen an die Kunden geliefert werden. Es sei eine Investition in die neueste Technologie und ein sehr wichtiger Schritt für den Standort Luxemburg, so der Vertreter des Unternehmens.

Die Entscheidung von Guardian zeigt, dass Luxemburg ein interessanter Standort für Industrie in Europa bleibt

Franz Fayot, Wirtschaftsminister

Auch Franz Fayot gab sich erfreut über die Ankündigung. Noch letzten Sommer hatten OGBL-Arbeitnehmervertreter ihm gegenüber die Sorge geäußert, dass es keine Zukunft für die Glasproduktion in Luxemburg mehr geben könnte. Immerhin ist auch der zweite Ofen 2022 am Ende seiner Lebensdauer angekommen. Nach langen Diskussionen habe der Konzern nun zugesichert, die notwendige Investition zu tätigen, so der Minister. Da der neue Ofen weniger Energie verbraucht und weniger CO2 ausstößt, werde das Wirtschaftsministerium die Investition in Richtung Nachhaltigkeit finanziell mit unterstützen. Der Ofen soll insgesamt 20 bis 30 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Da jedoch noch keine konkreten Summen bekannt seien, könne man bisher auch noch keine Angaben zur Höhe der Hilfen machen.

Jedenfalls sei es eine Sicherung der 400 Arbeitsplätze und eine Perspektive für die Zukunft, so der Minister. „Die Entscheidung von Guardian zeigt, dass Luxemburg ein interessanter Standort für Industrie in Europa bleibt“, so der Minister. Guus Boekhoudt betonte derweil, dass „die ganze Geschichte ohne die Unterstützung der Regierung so nicht möglich gewesen wäre“.

Konzentration auf einen Standort

Auch die Gewerkschaft OGBL begrüßt, mittels Pressemeldung, die Ankündigung als eine „sehr gute Nachricht für alle Guardian-Mitarbeiter“. Die Investition in einen neuen Schmelzofen in Luxemburg war eine der Hauptforderungen der Gewerkschaft. „Es ist in der Tat eine Voraussetzung, um die Kontinuität der Aktivitäten des Unternehmens und der Arbeitsplätze in der Region zu gewährleisten“, heißt es vonseiten der Arbeitnehmervertreter.

Guus Boekhoudt, Vizepräsident von Guardian Glass
Guus Boekhoudt, Vizepräsident von Guardian Glass Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Mit der neuen Investition ist im Prinzip nun sichergestellt, dass Luxemburg in den kommenden 15 bis 20 Jahren ein Standort der Glasindustrie bleiben wird. Auch auf dem Markt geht es aktuell wieder besser, so Guus Boekhoudt. „Die Nachfrage nach Glas ist dabei, sich zu erholen“, sagt er. „Sie ist solide.“ Er erwartet, dass die Zahl der Mitarbeiter künftig bei rund 400 Angestellten stabil bleiben wird. Dass in Zukunft wieder ein zweiter Ofen benötigt werde, glaube er jedoch nicht.

Trotz aller Freude über den Erhalt der Industriesparte in Luxemburg wird das Unternehmen künftig hierzulande weniger Glas produzieren als in der Vergangenheit. Die Kapazität des neuen Ofens (600 Tonnen Glas pro Tag) soll in etwa der eines der beiden alten Öfen entsprechen. Dementsprechend wird die Produktion halbiert. Auch zählt die Gruppe heute weniger Mitarbeiter als noch vor einem Jahr. Ein Sozialplan konnte vermieden werden, doch insgesamt 60 Beschäftigte gingen in Frührente, 120 wechselten freiwillig den Job und etwa 20 befristete Verträge wurden nicht verlängert.

Des Weiteren wurde in der Pressekonferenz am Montag bekannt, dass Guardian künftig alle seine Luxemburger Produktionsmittel am Standort Bascharage konzentrieren wird. Auch das Walzwerk (Laminoir), das bisher in Düdelingen geblieben war. In Düdelingen wird Guardian somit künftig nicht mehr vertreten sein. Das Grundstück, auf dem das Werk steht, gehört dem Staat. Da Industrieland Seltenheitswert hat, wie Fayot unterstrich, dürfte der Staat keine Schwierigkeiten haben, um neue Aktivitäten für den Standort zu finden.

Die Muttergesellschaft der beiden Werke, Guardian Industries, zählt zum Mischkonzern Koch Industries. Dieser ist in einer ganzen Reihe von industriellen Sektoren tätig. Die Gruppe hält Beteiligungen an Firmen in Sektoren wie Öl, Immobilien, Finanzen, Chemie und Papierindustrie. Es ist der zweitgrößte US-Konzern, der sich in Privatbesitz befindet. Koch Industries ist an keiner Börse notiert.

Engel Albert
11. Mai 2021 - 11.09

@Grober J-P./Der Franz kennt überhaupt nicht viel und gehört nicht auf einen verantwortungsvollen Ministerposten.

Grober J-P.
11. Mai 2021 - 8.59

Wieviel hat es uns denn jetzt gekostet, die 11 Millionen der Space Pleite oder noch mehr. Was machen nun die Glasbläser in Polen? Luxemburg interessanter Standort, solange ein anderer zahlt. Der Franz kennt die Kochs noch nicht, die gehen buchstäblich über Leichen.