25. JubiläumDas Jahrhundertkonzert für Luxemburg: Als die Rolling Stones den Kirchberg eroberten

25. Jubiläum / Das Jahrhundertkonzert für Luxemburg: Als die Rolling Stones den Kirchberg eroberten
60.000 Zuschauer erlebten das Stones-Konzert live mit Foto: Editpress-Archiv

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Am 27. August 1995 um Punkt 21.40 Uhr war es so weit: Die Rolling Stones betraten die gigantische Bühne auf dem eigens eingerichteten Open-Air-Gelände auf dem Kirchberg. Der Auftritt der Mannen um Mick Jagger war die bis heute größte Musikveranstaltung, die jemals im Land organisiert wurde. Rückblick auf das Jahrhundertkonzert.

Als der charismatische Frontmann der Rolling Stones, Mick Jagger, im August 1995 das bisher einzige Mal in Luxemburg gastierte, da wurden er, Keith Richards, Ron Wood und Charlie Watts im Tageblatt liebevoll als „Rock-Opas“ bezeichnet, „die immer noch ein breites Publikum ansprechen“. 

Das Land war im Ausnahmezustand. Nie zuvor und auch nie mehr danach fand ein derart großes Musikspektakel in Luxemburg statt. Zwar sollte Michael Jackson zwei Jahre später im „Krakelshaff“ bei Bettemburg ebenfalls eine riesige Open-Air-Show liefern, mit 42.000 Fans kam der „King of Pop“ aber nicht an die 60.000 Zuschauer des Stones-Konzerts auf Kirchberg an diesem Sonntag, den 27. August 1995, heran.

Man konnte von den Stones halten, was man wollte, das Happening verpassen durfte man auf keinen Fall. Dabei kostete die Eintrittskarte 1.750 Franken, also rund 44 Euro, was für damalige Verhältnisse eine astronomische Summe für ein Rockkonzert war.

Entwicklungsland in Sachen Musik

Luxemburg war 1995 in Sachen Musik ein Entwicklungsland. Das hauptstädtische Atelier öffnete erst im November 1995 seine Pforten, über den Bau einer größeren Konzerthalle wurde debattiert und vor allem gestritten. So dauerte es noch weitere zehn Jahre, ehe die Rockhal auf Belval ihrer Bestimmung übergeben wurde. Konzerte mit international renommierten Gruppen fanden zu dieser Zeit fast ausschließlich in Sporthallen statt. Neben der zumeist miserablen Akustik konnte es durchaus passieren, dass ein ob der Überstunden übel gelaunter Hausmeister noch während der Zugabe das Deckenlicht anknipste, um endlich Feierabend machen zu können. In anderen Worten: Das Großherzogtum war in Sachen Musik allertiefste Provinz.

Eine imposante Bühne für eine imposante Show
Eine imposante Bühne für eine imposante Show Foto: Editpress-Archiv

Aber 1995 war Luxemburg Kulturhauptstadt und die Luxemburger wurden zu richtigen Rockern. Jedenfalls war der Auftritt der Rolling Stones auf ihrer Voodoo Lounge Tour das bis heute größte Konzert, das hierzulande stattfand. Drei Tage brauchten die Techniker, um die 176 Tonnen schwere Bühne aufzubauen. Allein die 30 Meter hohe, feuerspeiende Kobra aus Metall wog 30 Tonnen. Die 80 Meter breite Bühne sollte Mick Jagger voll ausnutzen, während des Konzerts sprintete der damals 52 Jahre alte Sänger jedenfalls des Öfteren von einer Seite zur anderen. Dass sich Jaggers Hyperaktivität in keinster Weise in seinem Gesang widerspiegelte – es war noch nicht einmal ein leises Keuchen zu vernehmen –, brachte den Stones im Laufe der Tournee hartnäckige Playback-Spekulationen ein.

Das freilich war den Konzertbesuchern am 27. August 1995 schnuppe. Stabschefmäßig war das Event organisiert worden, sogar die Trierer Autobahn war zwischen Senningerberg und Niederanven gesperrt worden, um als Parkplatz genutzt werden zu können. In der Peripherie der Stadt wurden 10.000 Park&Ride-Plätze angeboten. Busse und Bahnen waren bis 3.00 Uhr morgens im Einsatz, um die Konzertbesucher sicher nach Hause zu bringen.

Das war auch nötig, denn es war ein langer Tag auf Kirchberg. Die Tore zum Konzertgelände wurden bereits um 15.00 Uhr geöffnet und durch die Panikmache im Vorfeld waren die meisten der 60.000 Besucher schon früh vor Ort. Und natürlich sollte das Wetter nicht so wirklich mitspielen. Nachdem der Sommer zuvor heiß und trocken gewesen war, schlug die Großwetterlage wenige Tage vor dem Konzert um. Nass und kühl war es also beim Auftritt der Rolling Stones. Das Konzertgelände war matschig und in den Erste-Hilfe-Zelten musste der Zivilschutz im Laufe des Tages weitere Decken anliefern, waren die 200 vorgesehenen doch schon am frühen Abend an frierende Konzertbesucher verteilt worden.

Ankunft mit dem Hubschrauber

Zumal Mick Jagger und Co. auf sich warten ließen. Als Vorgruppen traten die längst in Vergessenheit geratene deutsch-niederländische Formation Fronk und die etwas bekannteren Schotten von Big Country auf. Um 21.05 Uhr landete Jagger mit einem Hubschrauber hinter der Bühne, der Rest der Rolling Stones war da schon vor Ort. Und um Punkt 21.40 Uhr legten die Superstars mit „Not Fade Away“ los. Nach dem Auftakt gab Mick Jagger eine Kostprobe seines Luxemburgischen: „Wéi geet et?“, fragte er ins Publikum und erntete einen Jubelsturm.

Immerhin 22 Songs boten Jagger, Richards und Co. dem Luxemburger Publikum, auf der No Filter Tour 2018/2019 waren es nur noch 19. In Anbetracht dessen, dass die „Rock-Opas“ von 1995 inzwischen 25 Jahre älter sind, ist das immer noch ein strammes Programm.

Das Plakat der Voodoo Lounge Tour 1994/1995
Das Plakat der Voodoo Lounge Tour 1994/1995 Foto: Editpress-Archiv

Kurz nach Mitternacht war der Voodoo-Zauber dann wieder vorbei und die Fans machten sich, ohne dass es zu größeren Zwischenfällen gekommen wäre, auf den Heimweg. Auch die bei Großkonzerten üblichen Alkoholleichen gab es an diesem Tag nicht, denn auf dem Gelände herrschte striktes Alkoholverbot. Die Mousel-Brauerei bot an diesem Tag ein Getränk an, das zu jener Zeit kaum bekannt und zudem noch recht verpönt war: alkoholfreies Bier. Und Mousel rührte dafür recht offensiv die Werbetrommel: „Trotz Alkoholverbuet um Concert, loosse mir Iech nët am Stach. Well, och alkoholfräie Béier as nun emol Béier, a Béier mécht satisfac… entschëllegt, Pläséier. An dee gët et!!!“, lautete der Text in einer Anzeige im Tageblatt in der Woche vor dem Konzert.

„Satisfaction“, ihr wohl bekanntestes Lied, spielten die Stones schon recht früh auf Kirchberg, genau wie ihre Coverversion von Dylans Jahrhundertsong „Like a Rolling Stone“. Dieses Lied und nicht die Band um Mick Jagger war im Übrigen der Namensgeber des bekannten US-Musikmagazins, das diese beiden Lieder auf seiner Liste der 500 besten Songs aller Zeiten auf Platz eins und zwei führt. Wobei der Name wenig mit rollenden Steinen zu tun hat, sondern vielmehr mit dem englischen Ausdruck „A rolling stone gathers no moss“ (Ein rollender Stein setzt kein Moos an). In anderen Worten: „Wer rastet, der rostet“, was dann wiederum perfekt zur inzwischen 58-jährigen Bandgeschichte der Rolling Stones passt.

Jedenfalls ließen die Stones 1995 auf Kirchberg keinen größeren Hit aus und beendeten ihr erstes Konzert auf Luxemburger Boden mit „Jumpin’ Jack Flash“ als einzige Zugabe. Für die wohl langlebigste und kommerziell erfolgreichste Band der Musikgeschichte sollte es der einzige Auftritt im Großherzogtum bleiben. Was sich durchaus noch ändern könnte, denn an die Rente denken die Rock-Opas scheinbar noch lange nicht. 

Der damalige Erbgroßherzog Henri und seine Frau Maria Teresa ließen sich das Konzert nicht entgehen
Der damalige Erbgroßherzog Henri und seine Frau Maria Teresa ließen sich das Konzert nicht entgehen Foto: Editpress-Archiv
Lucilinburhuc
28. August 2020 - 15.19

Ein harmloser Artikel im TB und schon geht das Nörgeln wieder los. War auch damals dabei. Ante-rockhal, kamm das einer Revolution gleich :)

Leila
27. August 2020 - 20.51

@Ferdinand Sie sind mir keine Erklärung schuldig und Ihre Meinung über meinen Musikgeschmack interessiert mich nicht.

Ich glotz TV
27. August 2020 - 18.29

Kam mir vor wie Zuhause vor MTV, außer das es ungemütlich war. Weniger war mehr, z.b. Lokale Bands um Nickloseck

raman. guido
27. August 2020 - 17.40

please come back , I have no satisfaction

Ferdinand
27. August 2020 - 12.21

@Leila "Meine Erinnerung: kalt, regnerisch, " Meine Erinnerung, der Witterung nach angezogen, 4 Taschenwärmer mit Nachfüllpacks, fantastisch. "von den Stones kaum was gesehen (zu weit hinten, zu viele Menschenmassen), " Sie wären besser im warmen Konservatorium aufgehoben gewesen bei einem Narciso Yepes Konzert mit SItzplätzen.

Realist
27. August 2020 - 11.42

In Luxemburg kann, trotz Kulturhauptstadt hier und Investitionen dort, immer noch nicht viel los sein, wenn ein simples Konzert selbst nach 25 Jahren Schlagzeilen rechtfertigt.

Leila
27. August 2020 - 9.40

Meine Erinnerung: kalt, regnerisch, Stunden im Bulli verbracht, von den Stones kaum was gesehen (zu weit hinten, zu viele Menschenmassen), nur auf der Leinwand, grobe Ordnungsleute. Billig-"Fernrohr" gekauft, trotzdem nichts gesehen. Fazit: lieber Konzerte auf der Couch im Warmen!