Strade BianchePogacars Schotter-Flucht sorgt für Staunen/Luc Wirtgen 31.

Strade Bianche / Pogacars Schotter-Flucht sorgt für Staunen/Luc Wirtgen 31.
Unangefochten: Tadej Pogacar gewann am Samstag die Strade Bianche ohne Probleme Foto: Marco Bertorello/AFP

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Fast drei Minuten Vorsprung nach 81 km Soloflucht: Tadej Pogacar ließ bei den Strade Bianche selbst die stärksten Rivalen ratlos zurück.

Ein Mann, ein Wort: „Am Monte Sante Marie“, so hatte Tadej Pogacar im TV-Interview unmittelbar vor dem Start der Strade Bianchi schelmisch grinsend die Frage beantwortet, wo er denn heute attackieren wolle. Jeder wusste es also – keiner konnte es verhindern.

Nach einer Soloflucht für die Geschichtsbücher über 81 Kilometer gewann Sloweniens Radsport-Tausendsassa den italienischen Schotterklassiker mit unwirklichen 2:44 Minuten Vorsprung. Pogacars außerirdische Darbietung, zudem bei seinem ersten Saisonrennen, ließ die versammelte Konkurrenz einigermaßen fassungslos zurück.

„Wir haben uns alle angeschaut und gedacht: Was zur Hölle?“, sagte der Brite Tom Pidcock, der ein Jahr zuvor beim „Paris-Roubaix des Südens“ triumphiert hatte. Diesmal wurde der Mountainbike-Olympiasieger mit rund vier Minuten Rückstand noch Vierter, doch er habe sich gefühlt „wie im Gruppetto“, der Lumpensammlung der Chancenlosen am Ende des Feldes bei Bergetappen also.

Selbst der niederländische Weltmeister Mathieu Van der Poel, der beim WM-Triumph in Glasgow im vergangenen August Pogacar als Solist noch eindrucksvoll abgehängt hatte, teilte als Fernseh-Zeitzeuge mit: „Kumpel, ich habe jetzt ein bisschen Angst.“ Der einzige Luxemburger im Feld, Luc Wirtgen (Tudor), zeigte eine gute Vorstellung und fuhr mit 10:11 Minuten Rückstand auf Platz 31. 

Pogacar hingegen, der im Ziel auf der berühmten Piazza del Campo von Siena ganz entspannt mit Freundin Urska schmuste, bewertete die von ihm veranstaltete Lehr-Doppelstunde eher achselzuckend. Am schlammigen Anstieg zum neuralgischen Monte Sante Marie habe er in der Gruppe schlicht „nichts mehr sehen“ können – daher der Angriff. Und dann sah ihn keiner der Konkurrenten mehr.

Spielerisch baute der 25-Jährige seinen Vorsprung auf mehr als dreieinhalb Minuten aus, es hätte nur noch gefehlt, dass „Pogi“ freihändig durch die toskanischen Colle geradelt wäre. „Klar, der Weg ins Ziel war weit“, sagte er, „aber als ich einmal weg war, wusste ich, dass es aufgeht.“

Die „Strade“ hatte er bereits 2022 als Solist gewonnen, damals mit 37 Sekunden Vorsprung. Zur 18. Auflage hatten die Organisatoren das Rennen verschärft und um 30 auf 215 km verlängert. Ergebnis: Pogacar gelang der deutlichste Sieg bei einem Pro-Tour-Rennen der vergangenen 15 Jahre – 2022 hatte der Belgier Remco Evenepoel das WM-Straßenrennen mit 2:21 Minuten Vorsprung gewonnen.

Evenepoel, derzeit bei Paris-Nizza im Einsatz, wird Pogacar im Frühjahr im Wettkampf noch begegnen, der dänische Tour-Champion Jonas Vingegaard die großen Klassiker hingegen meiden. Ab dem 29. Juni werden die drei sich dann aber bei der Frankreich-Rundfahrt treffen. Pogacar – ein Mann, ein Machtwort – ist nach seiner Gala am Samstag mehr denn je ein ganz klarer Sieganwärter.