Luxemburger Geschichte(n)Die Mansfelds, eine glamouröse Renaissance-Familie 

Luxemburger Geschichte(n) / Die Mansfelds, eine glamouröse Renaissance-Familie 
Konferenz im Cercle Cité: Historiker Benoît Reiter und sein Forschungsobjekt Charles de Mansfeld Foto: Editpress/Julien Garroy

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Eine Konferenz vergangene Woche im Cercle Cité machte neugierig. Warum über Charles de Mansfeld reden? Was machen eigentlich sein Vater Pierre-Ernest und dessen Schloss in Clausen? Ein Gespräch mit Historiker Benoît Reiter über „The Mansfelds“, Luxemburger Geschichte(n) und die Kunst, sich in Geduld zu üben. 

Tageblatt: „Meet the Mansfelds“, so könnte eine Serie auf Netflix heißen. „Blood, sex and crime“ zu Zeiten der Renaissance. „Game of Thrones“ müsste einpacken. Als Historiker und intimer Kenner der Mansfelds müsste es doch ein Leichtes für Sie sein, das Drehbuch zu schreiben?

Benoît Reiter: Klar, warum nicht. Gute Idee. Doch zuvor beschäftige ich mich zunächst mal mit historischen Fakten. Also zum Beispiel mit dem Leben von Charles de Mansfeld.

Genau, der stand ja auch im Mittelpunkt Ihrer Konferenz. Charles, 1543 geboren, ist eher ein Unbekannter in der Familiensaga. War das Publikum trotzdem zufrieden? 

Ich glaube schon. Zu meinem Erstaunen kamen recht viele Zuhörer zur Konferenz. Der Saal im Cercle Cité war fast bis auf den letzten Stuhl besetzt. Ich habe meine Redezeit etwas überzogen, aber trotzdem blieb das Publikum. Man stellte mir sogar noch einige sehr interessante Fragen. Ich glaube, dass der Name Mansfeld jetzt in Luxemburg ziemlich bekannt ist. Wer hätte das vor 20 Jahren gedacht!

Aber bei Mansfeld denken die Leute doch zunächst mal an den 1517 in Deutschland geborenen Pierre-Ernest. Warum also eine Konferenz über seinen Sohn, Charles? Was macht ihn interessant?

Für mich wurde er interessant, weil ich während der Covid-Zeit durch Zufall ein Porträt von ihm bei einem argentinischen Händler auf eBay fand und danach auch kaufen konnte. Es stellte sich heraus, dass dieses Bild aus dem 16. oder 17. Jahrhundert stammt und womöglich für ein Königsschloss in Madrid gemalt wurde. Dieser Kauf löste große Neugierde bei mir aus, auch weil Charles de Mansfeld weitgehend unbekannt war. Er stand immer im Schatten seines Vaters und seines Halbbruders, eines bekannten Kriegsunternehmers. Ich fand heraus, dass Charles eine sehr wichtige politische und militärische Rolle spielte, sowohl im Krieg in den Niederlanden, also dem Aufstand gegen König Philipp II., als auch in Frankreich, wo er fast zehn Jahre im Exil lebte. Seine Lebensgeschichte ist ein Spiegelbild der politischen und religiösen Wirren des späten 16. Jahrhunderts.

In welchem Bezug steht er zu Luxemburg?

„Meet the Mansfelds“

Ausgehend von Porträts des Grafen Pierre-Ernest de Mansfeld und seines Sohnes, besteht diese Ausstellung aus zwei Teilen. Im ersten Teil gibt es eine technische Beschreibung, die es ermöglicht, diese erst kürzlich entdeckten Gemälde in ihrer Gesamtheit zu verstehen. Der zweite Teil widmet sich allen bekannten Darstellungen der beiden Protagonisten, um zu zeigen, wie sich ihre Physiognomie zu ihren Lebzeiten und in den folgenden Jahrhunderten verändert hat. In Zusammenarbeit mit den „Amis du Château de Mansfeld“.

Noch bis zum 18. Februar im Lëtzebuerg City Museum.

Man weiß nicht genau, ob Charles in Luxemburg geboren wurde oder in Brüssel. Er wurde jedoch international bekannt durch eine Rolle, die er in einem satirischen Festakt in Luxemburg spielte. 1564 wurde sein Halbbruder Octavian hier getauft. Pierre-Ernest de Mansfeld lud damals die Crème de la crème des Hochadels nach Luxemburg. Diese wollten sich über ihren Feind, den Kardinal Granvelle, Günstling des Königs, lustig machen. Im Theaterstück spielte der junge Charles einen der zwei Teufel, die hinter dem armen Kardinal liefen und diesen und sein Pferd auspeitschten. Die Berichte über diesen Skandal gingen an den König in Spanien. Doch Spaß beiseite. Ich glaube nicht, dass Charles ein Haus in Luxemburg hatte. Wenn er hier war, lebte er wohl bei seinem Vater in Clausen. Er wurde aber in Luxemburg mit einigen Aufgaben betraut. Er war mal Kommandant der Festung Diedenhofen oder auch noch stellvertretender Gouverneur des Herzogtums. Er wurde auch noch beauftragt, meuternde Soldaten aus Ettelbrück zu vertreiben. Charles hielt sich also regelmäßig in Luxemburg auf, aber sein Lebensmittelpunkt war wohl Brüssel. In der Hauptstadt der damaligen Niederlande besaß er ein Stadthaus und, in unmittelbarer Nähe, drei Landschlösser. Eines davon ging nachher an den bekannten Maler Peter Paul Rubens.

Aber noch ein Wort zu Luxemburg. Im Nationalmuseum in Luxemburg kann man Charles’ Hund aus Terracotta bewundern. Er wurde vor 20 Jahren bei den Ausgrabungen in Clausen von Jean-Luc Mousset und Matthias Paulke gefunden. Dann kann man aktuell noch im City Museum und danach auf Dräi Eechelen ein sehr schönes Porträt von Charles de Mansfeld bestaunen, an dessen Kauf ich nicht ganz unschuldig bin.

Wer Mansfeld sagt, denkt wie gesagt natürlich an Pierre-Ernest, den Vater von Charles. Wie geht es seiner Exzellenz?

Er lässt Sie grüßen! Da Papst Franziskus kürzlich meinte, dass die Hölle womöglich leer sei, da Gott jeden liebt, wird Pierre-Ernest sich wohl auch im Himmel aufhalten, trotz seines langen Sündenregisters.

Danke und liebe Grüße zurück! Über sein Sündenregister, klingt sehr interessant, reden wir ein andermal. Aber wie steht es denn um sein stattliches Anwesen in Clausen? Was ist seit letztem Jahr, nach dem mehrtägigen Forum über Mansfelds Erbe, passiert?

Nach dem Forum wurde ein Ideenwettbewerb veranstaltet. Es wurden zwei Projekte ausgewählt. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird die Stadt Luxemburg, die als Besitzer federführend ist, mit den zwei Trägern verhandeln. Danach sieht man weiter. Letztens wurden im ehemaligen zweiten Hof des Schlosses einige Häuser abgerissen, nach genauer Bauuntersuchung natürlich.

Das hört sich nicht unbedingt so an, als ob Sie überzeugt davon sind, dass es klappt?

Ich würde nicht sagen, dass es nicht klappt. Es geht weiter und die Überreste des Schlosses existieren noch. Der Bulldozer kam nicht zum Einsatz, wie anderswo. Das war und ist positiv. Die Bürgermeisterin der Stadt interessiert sich auch selbst für das Mansfeld-Schloss, so wie andere Verantwortliche auch. Trotzdem meine ich, dass der außergewöhnliche Charakter und die überragende Bedeutung der Mansfeld-Anlage, also Schloss, Gärten, Antiquitäten- und Kunstsammlung, noch nicht in allen Köpfen angekommen sind.

 Der Hund aus Terracotta 
Der Hund aus Terracotta  Foto: Benoît Reiter

Warum?

Ich hatte vor einiger Zeit in einem Artikel vorgeschlagen, dass man sich am „Genius loci“ orientieren sollte, um die Zukunft Clausens und des Mansfeld-Areals zu planen. Dieser Geist des Ortes war und bleibt für mich das Architektur-, Kultur- und Kunstfeuerwerk, das Pierre-Ernest von Mansfeld abgebrannt hat. Clausen soll ein Ort der Kultur, der Kunst und der Natur bleiben. Ich hatte auch noch vorgeschlagen, einen wesentlichen Bestandteil des Schlosses, die große Galerie mit den großen Renaissance-Fenstern, die noch zu 2/3 besteht, wieder vollständig aufzubauen. Der Besucher des Parks soll sich so ein bisschen besser vorstellen können, wie das Schloss um 1600 aussah. Was für eine Bereicherung für die Stadt Luxemburg! Wenn man aber in unserem Land von Rekonstruktion, immer im Respekt der historischen Realität, spricht, wird man sofort angefeindet. Dann fällt das Schimpfwort „Disney“ und die Diskussion ist vorbei. Dabei stört es heute keinen, dass die Burg von Vianden oder die Basilika in Echternach auch wieder aufgebaut wurden.

Sie sind Mitbegründer der „Amis du Château de Mansfeld“. Was passiert da?

Die „Amis“ arbeiten natürlich weiter in der Arbeitsgruppe der Stadt Luxemburg mit. Andererseits haben wir mit dem Lëtzebuerg City Museum die Ausstellung über die Mansfeld-Porträts, „Meet the Mansfelds“, konzipiert. Das verlangte viele und lange Recherchen, weil unter anderem Jean-Luc Mousset und ich selbst Artikel im Ausstellungskatalog veröffentlichen.

Wenn wir Sie richtig verstehen, Benoît Reiter, dann heißt es also, sich in Geduld zu üben?

Ja. Wichtig ist aber auch, dass steter Tropfen den Stein höhlt. Mit Schloss „La Fontaine“ in Clausen haben wir die Überreste, und meiner Meinung nach nicht wenige, einer wichtigen Epoche unseres Landes. Darauf muss stets hingewiesen werden. Ich bin deshalb auch froh, dass ich in diesem Interview über Geschichten reden darf, um einer breiten Öffentlichkeit deren Bedeutung für unsere Geschichte näherzubringen. Die Mansfelds leben und die Renaissance prägt unsere Gesellschaft bis heute. 

Auf Mansfelds Spuren

Wer Graf Mansfeld, sein Schloss, seinen Garten oder Tierpark besser kennenlernen möchte, kann dies auf einem knapp fünf Kilometer langen Rundweg tun. Den Weg gibt es eigentlich bereits seit 1970. Er war etwas in Vergessenheit geraten und wurde komplett neu hergerichtet. Auf blauem Grund zeigt ein weißer Pfeil mit schwarzem „M“ den Weg. Der Ausgangspunkt des „Circuit Pierre-Ernest de Mansfeld“ liegt in Clausen, direkt bei der Kunigunde-Kirche und dem gleichnamigen Platz, wo es auch einige Parkplätze gibt.

Im Eingang des Parks stimmt Graf Mansfeld Sie persönlich auf den Besuch ein.
Das Schloss „La Fontaine“ liegt vor Ihnen. Von hier aus führt die Wanderung hoch zum ehemaligen „Déieregaart“ und wieder zurück, mit unter anderem als Etappe dem Eingangsgebäude der „Brasserie Mansfeld“ und der Charles- und Oktavianspforte. Beide Pforten wurden nach den beiden Söhnen des Grafen benannt. Weiter führt der Weg zur Peterspforte, zum sogenannten „Hondshaus“ und zum Gouverneurs-Palast. Entlang der Route wurden neue Informationstafeln mit zahlreichen historischen Fakten errichtet und dank „VdL-AR“-Anwendung können mit Smartphones ausgestattete Wanderer die Sehenswürdigkeiten in einer „Augmented Reality“-Version erleben.

Eine der Eintrittspforten am ehemaligen Schloss ist heute noch vorhanden. Auf dem Circuit Mansfeld kommt man dort vorbei.
Eine der Eintrittspforten am ehemaligen Schloss ist heute noch vorhanden. Auf dem Circuit Mansfeld kommt man dort vorbei. Foto: André Feller

Das Mansfeld-Schloss

Pierre Ernest de Mansfeld (1517-1604) hat sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Clausen einen Bau errichten lassen, der den Vergleich mit den Renaissance-Schlössern an der Loire nicht zu scheuen braucht. Das Schloss ist heute weitgehend zerstört – aber nicht von der Bildfläche verschwunden. Eigentlich ist von „La Fontaine“ mehr übrig, als man annehmen könnte, und diese „Reste“ gehören in irgendeiner Form erhalten. Eines ist klar: Eine vollumfängliche Rekonstruktion wird es nicht geben.

Vielmehr sollen Strukturen, die noch über einen gewissen Teil an Originalsubstanz verfügen, ergänzt werden. Ein Beispiel dafür ist die „Große Galerie“. Von den ursprünglich acht großen Renaissance-Fenstern sind deren sechs noch vorhanden. Zusammenfassend geht es also darum, die Bedeutung der Schlossanlage, vor allem ihre Ausmaße, so darzustellen, dass man sich darunter etwas vorstellen kann. Keinesfalls soll dabei die Zeit vor und nach Mansfeld außer Acht gelassen werden.

Das ganze Areal des Schlosses, mitsamt Gärten, Badehäusern und Jagdgründen, müsse sichtbar gemacht und didaktisch aufbereitet werden. Klar ist auch, dass Wasser bei der Neubelebung des Areals eine zentrale Rolle zu spielen hat. Nicht umsonst heißt das Schloss „La Fontaine“ – es gab um die 30 Springbrunnen, innerhalb und außerhalb der Schlossmauern, die Alzette fließt dort, es wurde Bier gebraut, Wäschereien gab es und Badehäuser.

fraulein smilla
1. Februar 2024 - 7.24

Mansfeld wollte die Igler Säule abmontieren lassen ,und sie im Garten seines Schlosses wieder aufrichten lassen . Liess sich anscheinend von der Unmoeglichkeit dieses Vorhabens ueberzeugen , - Eine intressantere Figur als Charles von Mansfeld ist dessen Bastard Halbbruder ,der nicht so glamuroese Kriegsunternehmer und Soeldnerfuehrer Ernst von Mansfeld . Der Katholik kaempfte am Anfang des 30 jaehrigen Krieges auf protestantischer Seite . " Mann der Niederlage ,mehr als des Sieges " ( Golo Mann ) gelang es ihm immer den Grosteil seiner Armee ,die sein einziger Besitz war rauszuhauen um etwas spaeter wie ein Stehaufmaennchen auf den Schlachtfelder wieder aufzutauchen .Weil er seine Soldaten meistens nicht bezahlte verbreiteten diese durch Pluendern Angst und Schrecken im Land .