ChamberAbgeordnete enttäuscht über COP27-Ergebnisse

Chamber / Abgeordnete enttäuscht über COP27-Ergebnisse
Die Abgeordneten zeigten sich allgemein enttäuscht von den Ergebnissen der Weltklimakonferenz Foto: Editpress/Alain Rischard

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Enttäuschung – das war das vorherrschende Gefühl am Dienstag im Parlament bei der Erörterung der Ergebnisse der UN-Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Scharm el-Scheich. Die Konferenz endete am Samstag. Einziges konkretes Resultat war das Einrichten eines Entschädigungsfonds zugunsten jener Länder, die am stärksten unter dem Klimawandel zu leiden haben. Enttäuschend verlief jedoch auch die Debatte im Parlament. Denn über weite Strecken kam man auch auf dem Krautmarkt nicht über Allgemeinplätze hinaus.

Initiiert wurde die Aktualitätsstunde zur COP27 von Sven Clement (Piratepartei). Die COP27 sei ein wichtiges Treffen gewesen, aber die Erwartungen seien nicht erfüllt worden. Das Format der UN-Klimakonferenzen wie die COP sei wohl überholt, so Clement. Kein Land müsse auf Ergebnisse einer COP warten, um eine klare Klimapolitik zu betreiben. Das Klimaziel, die globale Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei klar. Die dafür zu ergreifenden Maßnahmen auch: Den Ausstoß von Treibhausgasen durch eine Energiewende und Sparmaßnahmen reduzieren.

Luxemburg und die anderen EU-Länder müssen den Anspruch haben, Vorreiter zu sein. Ihre Verantwortung müsste neben Privatpersonen auch der Staat übernehmen. So seien nur die wenigsten staatlichen Gebäude mit Fotovoltaikanlagen ausgestattet. Auch würde ein Großteil der öffentlichen Immobilien nach wie vor mit fossiler Energie geheizt. Außerdem sollte das Parlament aktiv werden und die Chamber bis 2030 klimaneutral werden. Das Parlamentsbüro sollte dazu einen Plan ausarbeiten. Daran werde bereits gearbeitet, so die Grünen-Fraktionschefin Josée Lorsché. Die dazu von Clement deponierte Resolution wurde an das Parlamentsbüro weitergeleitet.

Paul Galles (CSV), der mit der Grünen-Abgeordneten Jessie Thill das Parlament vor Ort vertrat, zeigte sich „immens enttäuscht“. Wie andere Abgeordnete nach ihm warf auch Galles die Frage auf, ob das Konferenzsystem der COP geeignet sei, die Problematik Klimawandel anzugehen. Das Angebot an Veranstaltungen sei so groß, dass man kaum einen Durchblick habe. Die manchmal in Frage gestellte Anwesenheit von Parlamentsvertretern bei solchen Konferenzen rechtfertigte Galles damit, dass man eine derartige Veranstaltung nicht über Videokonferenz abhalten könne. Da könne man nicht wie bei persönlichen Begegnungen diskutieren.

Klimaschutz und Menschenrechte

Für Max Hahn (DP) bekam Luxemburg mit den schweren Stürmen in den letzten Jahren einen Vorgeschmack auf die verheerenden Folgen des Klimawandels. Er bedauerte, dass der Ausstieg aus den fossilen Energien nicht in der Abschlusserklärung der COP27 stehe. Enttäuscht zeigte sich auch die LSAP-Sprecherin Cécile Hemmen. Man stehe nach wie vor mit dem Fuß auf dem Gaspedal in Richtung Klimahölle, sagte sie in Anspielung auf eine Formulierung von UN-Generalsekretär António Guterres. Hemmen wies auf die Probleme hin, die die Zivilgesellschaft bei der Teilnahme an der COP27 hatte. Viele Organisationen konnten wegen der hohen Übernachtungskosten nicht teilnehmen. Große Konzerne, Sponsoren der Konferenz, wurden hingegen hofiert. Mit dabei waren auch 636 Lobbyisten der fossilen Energieindustrie, 25 Prozent mehr als 2021 bei der COP26 in Glasgow. Daher wurde auf ein Ausstiegsdatum für die fossilen Energien in der Abschlusserklärung verzichtet. Solange die Hauptverantwortlichen für den Klimawandel beteiligt seien, seien keine starken Ergebnisse zu erwarten.

Für Jessie Thill („déi gréng“) sind Klimagerechtigkeit und Menschenrechte eng verbunden. Der Kampf gegen die Klimakrise müsse Hand in Hand mit dem Schutz der Menschenrechte gehen. Sie wies auf die schlechte Lage der Menschenrechte in Ägypten und die große Rolle der Zivilgesellschaft im Kampf gegen den Klimawandel hin.

40.000 Personen nahmen an der COP27 teil. Es sei kaum nachvollziehbar, wie derlei Konferenz eigentlich ablaufen soll und wie Aktivisten sich da einbringen könnten. Denn eigentlich würden nur einige Hundert Personen wirklich entscheiden, sagt Fred Keup (ADR). Unklar ist, wohin die Gelder aus dem nun beschlossenen Entschädigungsfonds fließen sollen. Viel Gerede, viel Enttäuschung, wenig Resultate, schlussfolgerte Keup.

Das sei eine Konferenz ohne Zivilgesellschaft gewesen, so Myriam Cecchetti („déi Lénk“). Die Schaffung des Entschädigungsfonds bezeichnete sie lediglich als einen Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit. Dabei setze man jedoch nur auf den guten Willen reicher Länder. Unklar sei, in welchem Zeitraum der Fonds aufgestellt werde, um die Länder zu entschädigen. Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie 2015 in Paris beschlossen, müsste der Ausstoß von CO2 massiv reduziert werden. Das Gegenteil sei der Fall, stiegen doch die Emissionen weltweit. Und auch die EU liegt derzeit auf Vor-Corona-Niveau. Die COP27 bezeichnete sie als eine Veranstaltung für Greenwashing. Mit Coca-Cola als Hauptsponsor wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Und die Fossilindustrie war stärker vertreten als die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Länder. Höhepunkt des Zynismus sei jedoch gewesen, dass Deutschland einen Tag vor Beginn der COP ein Gasabkommen mit Ägypten abgeschlossen hat.

Leider wurde vieles auf später vertagt, bedauerte Umweltministerin Joëlle Welfring („déi gréng“). Vor den Abgeordneten unterstrich sie insbesondere die Rolle der EU in Ägypten. Vor einer Woche noch war die Schaffung eines Entschädigungsfonds praktisch ausgeschlossen, betonte sie. Jetzt werde er kommen, und damit sei eine seit dreißig Jahren von den am stärksten betroffenen Ländern geforderte Maßnahme erfüllt. Die EU trug dazu bei, dass andere Industrieländer wie die USA und Australien dem Entschädigungsfonds zustimmten, an dem sich Luxemburg mit zehn Millionen Euro beteiligen wird. Bedauerlich sei, dass kein klarer Zeitrahmen für den Ausstieg aus den fossilen Energien festgehalten wurde.

Fragen an die Regierung

Die Sitzung begann mit etlichen Fragen von Abgeordneten an die Regierung. Eine davon betraf mögliche Lieferengpässe bei Arzneimitteln. Der DP-Abgeordnete André Bauler verwies dabei auf derartige Probleme in Deutschland und Frankreich. Laut Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) beziehe Luxemburg seine pharmazeutischen Produkte vor allem aus Belgien. Tatsächlich sei es schon wegen der Covid-19-Pandemie zu Verspätungen gekommen, aber es konnten immer wieder Alternativen gefunden werden. Die Problematik werde auch auf EU-Ebene erörtert. So sei man bestrebt, die Pharmaindustrie wieder in Europa anzusiedeln. Doch das sei auch eine Frage des Preises und der Herstellungskosten. Derzeit sei nicht einmal die Herstellung von Aspirin in der EU wegen fehlender Basiselemente möglich, sagte sie.

Cécile Hemmen (LSAP) befragte Energieminister Claude Turmes („déi gréng“) zum Austritt Luxemburgs aus dem Energiecharta-Abkommen (ECT), das Investitionen in fossile Energien staatlichen Schutz garantiert. Das Abkommen wurde in den 1990er abgeschlossen. Dabei ging es vor allem um Investitionen in den ehemaligen Sowjetrepubliken, erinnerte Turmes.

Der ECT widerspricht jedoch dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2015. Daher sollte es modernisiert werden. Das Verhandlungsergebnis ist jedoch wenig befriedigend. Man sei zur Schlussfolgerung gekommen, dass es nach wie vor einen Konflikt mit dem Pariser Klimaschutzabkommen gebe, so Turmes.

Gleich mehrere Abgeordnete trieb die Schließung des Schieburg-Tunnels auf der Nordstrecke um. Der Tunnel wird wohl erst nach den Osterferien 2023 wieder in Betrieb genommen. Nicht die Regierung habe das Datum vom 11. Dezember 2022 für die Wiedereröffnung des Tunnels genannt, reagierte Mobilitätsminister François Bausch („déi gréng“) auf einen entsprechenden Vorwurf. Das Datum habe die CFL mitgeteilt. Später wurde jedoch eine andere Frist genannt. Zu Beginn konnte man das Ausmaß des Erdrutsches nicht feststellen, so Bausch. Das nunmehr genannte Datum bezeichnete er als realistisch. Der Hang müsse stabilisiert werden. Gearbeitet wird quasi ununterbrochen. Ab dem 28. November finden zusätzliche Ersatzbusfahrten statt.

Die Frage von Dan Biancalana (LSAP) zur Einführung einer dritten Option beim Geschlechtseintrag in das Zivilstandsregister beantwortete Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“). Derzeit werde an einem Vorentwurf gearbeitet. Ein Gesetzesprojekt werde noch im ersten Semester deponiert, sagte sie, ohne weitere Details zu nennen.