Freitag7. November 2025

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Teflon-Orban lässt Kritik an sich abprallen

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Ab 1. Januar übernimmt ein Land die EU-Präsidentschaft, dessen Regierung wegen ihres repressiven Mediengesetzes scharf kritisiert wird. Kritiker ziehen Parallelen zur Nazi-Zeit.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat internationale Kritik am neuen Mediengesetz seines Landes scharf zurückgewiesen. „Wir denken nicht im Traum daran“, das Mediengesetz zu ändern, sagte Orban im regierungsnahen Privatsender Hir TV. In dem Gesetz gebe es keinen einzigen Passus, der nicht der Mediengesetzgebung „irgendeines“ EU-Landes entspreche. „Ich bin nicht geneigt, mit zitternden Knien auf Parlamentsdebatten oder ein westliches Echo zu reagieren“, betonte Orban.

Der ungarische Schriftsteller György Konrad verglich Orbans Politik mit der Frühphase des NS-Regimes in Deutschland. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International schloss sich den Kritikern des Mediengesetzes an.

Pressefreiheit beschnitten

Ungarn, das zum Jahreswechsel turnusgemäß die sechsmonatige Ratspräsidentschaft in der EU übernimmt, steht vor allem wegen massiver Einschränkungen der Pressefreiheit in der internationalen Kritik. Künftig soll eine Kontrollbehörde, deren Mitarbeiter der Regierungspartei angehören und nicht an Parlamentsbeschlüsse gebunden sind, die Presse beaufsichtigen. Sollten sie zu der Einschätzung kommen, dass die Berichterstattung falsch sei, drohen hohe Geldstrafen, die manche Medien wirtschaftlich ruinieren können.

„Das erinnert mich stark an 1933, als die NSDAP mit einer Wahlmehrheit unter scheinbar demokratischen Bedingungen an die Macht kam“, sagte Konrad der „Berliner Zeitung“ (Freitag). Orbans Partei FIDESZ hat im Parlament eine Zweidrittelmehrheit, mit der sie problemlos alle ihre Pläne durchsetzen kann. Konrad sprach von einer „groben Zensurmaßnahme“. „Auch wenn Ungarn im Vergleich zu Deutschland ein nur sehr kleines Land ist und eine Schreckensherrschaft unwahrscheinlich: von einer Demokratie kann keine Rede mehr sein“, sagte der Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels (1991) und des Karlspreises der Stadt Aachen (2001).

Kritik von Amnesty International

Amnesty International teilte mit, die Organisation fürchte, dass den Behörden „außergewöhnlich breite Macht“ über die Medien eingeräumt werden könnte. Auch die Vereinigung der Europäischen Nachrichtenagenturen (EANA) sieht in der ungarischen Mediengesetzgebung eine Abwendung von den Prinzipien der Pressefreiheit. EANA forderte die Budapester Regierung auf, die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen und privaten Medien zu schützen.

Unter den EU-Partnern regt sich seit Tagen heftiger Protest. Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg sagte der Nachrichtenagentur dpa: „So wie dieses Gesetz konzipiert ist, ist es wirklich gefährlich.“ Die EU müsse „bei der nächsten Möglichkeit“ feststellen, „dass dieses Gesetz den Prinzipien der Europäischen Union widerspricht“. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Martin Schulz, sagte im Deutschlandradio Kultur, Ungarn sei der EU- Ratspräsidentschaft nicht würdig. Ähnlich hatte sich vor Tagen auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn geäußert.