Freitag7. November 2025

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Ein Ferienparadies in Aufruhr

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Das Ferienland Tunesien, auch bei den Luxemburgern beliebt, wird derzeit von heftigen sozialen Unruhen erschüttert. Der Grund: massive Jugendarbeitslosigkeit und allgemeine Unzufriedenheit mit dem Regime.

Seit fast zwei Wochen demonstrieren vor allem junge Menschen in Tunesien gegen die Perspektivlosigkeit, die ihnen trotz Uni-Diplom blüht. Die aussichtlose Lage der Jugend hat mehrere junge Menschen in den Selbstmord getrieben.

Logo" class="infobox_img" />Kundgebung in Sidi Bouzid

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„Die Menschen haben es satt“

Abdel Fridhi informiert sich laufend über die Ereignisse in seinem Heimatland – vor allem über das Internet, sagt er. Er weiss von Demonstrationen in allen Landesteilen zu berichten – von spontanen, unorganisierten Kundgebungen. Die Leute haben es satt, sagt der seit zwei Jahren in Luxemburg lebende Fridhi tageblatt.lu. Sie sind die ständige Überwachsung, die grassierende Korruption satt; wollen nicht mehr auf der Straße alle paar Kilometer kontrolliert werden. Die Menschen lehnen sich gegen die Willkür der Polizei auf, die Verkaufsstände zerstört, Menschen ohne Grund verhaftet und sie foltert.

Unter den Demonstranten sind alle Berufsgruppen vertreten. Auch Ärzte und Rechtsanwälte seien dabei, sagte uns Abdel Fridhi, ein in Luxemburg lebender Tunesier. Am Dienstag seien in Tunis drei Rechtsanwälte verhaftet worden. Einer sei wieder freigelassen worden. Die anderen werden noch an einem unbekannten Ort festgehalten.

Wegen etwas Gemüse und Obst

Alles beginnt in der Stadt Sidi Bouzid, 265 Kilometer von Tunis entfernt. Am 19. Dezember beschlagnahmt die Polizei beim 26jährigen Mohammed Bouazizi Obst und Gemüse, das er ohne behördliche Genehmigung auf der Straße verkauft. Weil sich die Behörden taub stellen, besprüht sich der Mann mit Benzin und zündet sich an. Trotz seines Hochschulabschlusses hatte Bouazizi keine andre „legale“ Arbeit gefunden. Um etwas Geld zu verdienen und seine Familie zu ernähren, verdingte er sich als Straßenverkäufer.

Der Selbstmordversuch löst eine Protestwelle in der Stadt aus, die von der Polizei brutal unterdrückt wird. Drei Tage später erklimmt ein weiterer junger Arbeitsloser einen Strommast in Sidi Bouzid, weiss die Online-Seite guardian.co.uk zu berichten. „Nein zur Armut und zur Arbeitslosigkeit“, schreit er, fasst den Stromkabel an und tötet sich selbst. Ein Gewerkschafter berichtet der Nachrichtenagentur AFP vom 34jährigen Lotfi Guadri, der sich unweit von Sidi Bouzid in einen Brunnen stürzt. Selbstmord-Grund unbekannt.

Polizei erschießt Demonstranten

Am Freitag vergangener Woche setzen Demonstranten in der Stadt Menzel Bouzayane Polizeiwagen, eine Lokomotive und eine Polizeistation in Brand. Sie protestieren gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Die Polizei greift ein, schießt, tötet einen Teenager und verletzt einen weiteren schwer.

Am Samstag breiten sich die Demonstrationen in der tunesischen Hauptstadt, Tunis, aus. Am Montag jagt die Polizei Demonstranten in Tunis mit Schlagstöcken auseinander. In der Zwischenzeit ist der schwerverletzte Demonstrant aus Menzel Bouzayne verstorben. Ein weitere Person stirbt am Mittwoch bei einer Kundgebung im Süden des Landes.

Mehr Jobs

Die Teilnehmer der Kundgebung fordern mehr Arbeitsplätze und eine bessere Verteilung des Wohlstandes im Land. Offiziell beträgt die Arbeitslosenrate in Tunesien 13 Prozent. Doch liegt sie in Wirklichkeit höher, insbesondere bei Uni-Absolventen, so guardian.co.uk. Die Online-Zeitung zitiert aus einer Studie, derzufolge in Sidi Bouzid 25 Prozent der männlichen Hochschulabsolventen und 44 Prozent der weiblichen Uni-Absolventinnen arbeitslos sind.

Dabei war Tunesien das nordafrikanische Land mit dem höchsten Lebensstandard. Als Gegenleistung forderte die Führung eine bedingungslose Unterwerfung der Bevölkerung unter das Diktat eines Mannes. Seit 1987 regiert Präsident Zine El Abidine Ben Ali das Land mit eiserner Faust. Den Verantwortlichen der jüngsten Demonstrationen hat er harte Strafen angedroht, so dapd. Zugleich kündigte er Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen an. Allein für die Stadt Sidi Bouzid wurden plötzlich 15 Millionen Dollar für die wirtschaftliche Entwicklung der Region bereitgestellt. Am Mittwoch hat Präsident Ali die Regierung teilweise umgebildet.