Für die Eltern war es wie Weihnachten und Neujahr zugleich. Gut eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben konnten am 21. Januar 13 luxemburgische Adoptivfamilien ihre haitianischen Adoptivkinder in die Arme schließen. Ein Moment, dem ein tagelanger, nervenaufreibender Streit mit den Behörden vorangegangen war.
Die meisten der Eltern hatten bereits vor dem verheerenden Erdbeben Kontakt zu den Kindern und warteten nur noch auf letzte offizielle Papiere. Doch das Beben machte alles zunichte. Nicht nur, dass die Akten unter Tonnen von Schutt begraben waren, auch der Jugendrichter, der die luxemburgischen Adoptionen sprechen sollte, starb unter den Trümmern. Einige Familien hatten zumindest Kopien ihrer Akten. Doch auch das schien lange Zeit nicht zu reichen.
Warten auf „offizielle Papiere“
Während andere Regierungen dem Druck von Adoptivfamilien nachgaben und Adoptivkinder bereits wenige Tage nach dem Erdbeben aus Haiti herausbrachten, zeigte sich Familienministerin Marie-Josée Jacobs lange Zeit zurückhaltend. „Keine Adoptionen ohne offizielle Papiere aus Haiti“, betonte sie immer wieder. Zum Leid der Eltern. Aber letztlich auch zu deren Schutz.
In den nächsten Wochen werden sich die Anklagen wegen Kindesentführung häufen und so manche Adoptiveltern finden sich in den teilweise zerstörten Gefängnissen von Port-au-Prince wieder.
Ein politisch-juristischer Kompromiss am 20. Januar macht den Weg frei. Die 14 Kinder dürfen nach Luxemburg, stehen aber bis zum definitiven Abschluss der Prozedur unter der „Tutelle“ der Regierung. Unter dieser staatlichen Aufsicht, die mittlerweile geteilt wurde (Eltern und eine Sozialhelferin des Roten Kreuzes), stehen die 14 Kinder auch ein Jahr später noch immer.
Anderes Zeitgefühl
Dem alltäglichen Familienleben tut das zwar keinen Abbruch. Die Kinder leben bei ihren Adoptiveltern, haben inzwischen sogar luxemburgische Ausweispapiere. Über alledem schwebt aber immer die Ungewissheit mit, die Idylle könnte doch noch zerstört werden. „Die Urteile, mit denen die Adoptionen voll rechtskräftig werden, stehen noch aus. Es gibt keinen Termin“, bestätigt der verantwortliche Sachbearbeiter aus dem Familienministerium. „Die Urteile müssen auf haitianischem Boden gesprochen werden“, erklärt Claude Janizzi. Im Klartext: Eltern und Adoptivkinder müssen nochmals auf die Reise gehen. Wahrscheinlich aber nur nach Brüssel, in die Botschaft von Haiti. Man werde alles tun, um den Familien eine erneute Reise nach Haiti zu ersparen, erklärt er. Wann die Urteile gesprochen werden könnten, sei aber noch völlig offen. „Die Menschen und Verwaltungen in Haiti haben ein anderes Zeitgefühl als wir. Das dauert, aber ich bin zuversichtlich.“
2010 wurden in Luxemburg übrigens 35 Adoptionen durchgeführt. Eine Zahl, die in der Norm der Vorjahre liegt. Generell sinke die Zahl der Auslandsadoptionen aber, so Janizzi.
De Maart

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