Auf den Straßen gab es erneut Kundgebungen für einen grundlegenden Neuanfang. Auch die Ankündigung, die Verantwortlichen für den Tod von insgesamt 78 Oppositionsanhängern vor Gericht zu bringen, konnte die Demonstranten nicht beruhigen. Die Polizei setzte erneut Tränengas ein.
Der Oppositionspolitiker Moncef Marzouki (65), kehrte am Dienstag aus dem französischen Exil nach Tunesien zurück und kündigte als erster seine Präsidentschaftskandidatur an. Er forderte einen Prozess gegen den früheren Machthaber Ben Ali und dessen Auslieferung durch Saudi-Arabien. Dorthin war der 74-Jährige nach seinem Sturz geflohen. Marzouki leitet die Partei Republikanischer Kongress (CPR). Die Bewegung setzt sich für einen demokratischen Staat ein und war unter Ben Ali verboten. Sie ist bislang nicht an der Übergangsregierung beteiligt.
Wut gegen die alte Machthaber
Zu den Verweigerern in der designierten Regierungsmannschaft von Premierminister Mohammed Ghannouchi gehören drei Mitglieder der Gewerkschaft UGTT sowie Mustapha Ben Jaafar von der FDTL-Partei. An der neuen Übergangsregierung sind zwar erstmals seit der Unabhängigkeit 1956 auch Oppositionelle beteiligt. Die Schlüsselressorts besetzen aber weiter Gefolgsleute des am Freitag aus dem Land geflohenen Ex-Präsidenten Ben Ali und seiner RCD-Partei. Sie wurde mittlerweile von der Sozialistischen Internationalen ausgeschlossen.
In der Nacht hatte sich die Sicherheitslage im Land entspannt. Es gab keine Berichte über neue Plünderungen. Die Wut der Demonstranten richtete sich vor allem gegen Premierminister Mohammed Ghannouchi und andere Repräsentanten der alten Macht. „Es reicht nicht, dass Ben Ali verschwindet. Der ganze Apparat muss weg“, sagte eine 45 Jahre alte Gymnasiallehrerin.
De Maart

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