Donnerstag23. Oktober 2025

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„Der Zölibat ist Teil des Problems“

„Der Zölibat ist Teil des Problems“
(dpa)

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Die katholische Kirche in Luxemburg hat nach den Missbrauchsfällen einen Imageschaden erlitten. Wo liegt die Ursache des Problems?

Die Allianz vun Humanisten, Atheisten an Agnostiker Lëtzebuerg a.s.b.l. (AHA), hat sich mit dem Kirchenkritiker Richard Sipe aus den USA unterhalten.
„Das Muster in der Vergangenheit war immer gleich: Wenn ein Priester auffällig wurde und das Ganze zu einem Skandal zu eskalieren drohte oder die Gefahr bestand, dass sich der Staatsanwalt einschaltet, wurde der Priester versetzt“, heißt es immer wieder von Richard Sipe, Pastoralpsychologe , Erfolgsautor und ehemaliger Benediktiner-Mönch.

INFO
Das gesamte Interview finden Sie unter aha.lu

Sipe geht mit der katholischen Kirche hart ins Gericht. Er erklärt die „klerikale Kultur“ als einen Hafen für unterentwickelte und psychosexuell fehl entwickelte Männer. Zudem ist ein wirksames Training zum Zölibat in Priesterseminaren und religiösen Häusern ungenügend oder gar nicht vorhanden. Der Psychologe sieht eine direkte Verbindungen zwischen katholischer Lehre und den Verbrechen des Missbrauchs. Die wissenschaftlich unbegründeten und verzerrten Lehren über die menschliche sexuelle Entwicklung und Natur, gibt der Vatikan als nicht vereinbar mit der Vernunft aus. Ein großer Teil der Priester und eine beträchtliche Anzahl der Laien-Katholiken können die moralische Folgerung daraus nicht anerkennen. Die Behauptung, dass jegliche sexuelle Aktivität außerhalb einer legitimen Ehe eine Todsünde ist, ist so unvernünftig wie die Behauptung, dass die Sonne um die Erde kreist, schreibt Sipe in seinem Interview mit der AHA.

Periodisch enthaltsam

Bei einer priesterlichen sexuellen Vergewaltigung spricht der Psychologe von einer zweifachen Vergewaltigung. „Es ist ein Verrat am zölibatären Versprechen sowie ein zerstörerischer Missbrauch der Autorität im Amt.“ Er schätzt, dass alleine in den USA bis zu 10 Prozent der katholischen Geistlichen an sexuellem Missbrauch beteiligt waren. Laut Sipe seien dort 90 Prozent der Priester „periodisch“ enthaltsam. Selbstbefriedigung sei generell die am meisten verbreitete sexuelle Aktivität. Aber auch die Beziehung zu Frauen sei weit verbreitet. Sex mit einem männlichen Partner sei bei einem Drittel der amerikanischen Priesterschaft festgestellt worden.

Eine fruchtbare neue Quelle stellt das Internet dar. Viele Geistliche befriedigen ihre sexuelle Neugier durch Pornographie im World Wide Web.

Offen diskutieren

Das kirchliche Verständnis der menschlichen sexuellen Natur, Entwicklung, Verhalten und Identität ist inakzeptabel und ungenau. Sie muß sich dem Problem stellen und offen und ehrlich darüber diskutieren und nicht verkünden, moniert Sipe. Er fordert in diesem Zusammenhang: „Der Zölibat ist ein wichtiger Teil des Problems. Er muss in allen seinen Aspekten frei gewählt und offen diskutiert werden.