Ägyptische Oppositionsgruppen haben am Mittwoch empört auf Äußrungen von Vizepräsident Omar Suleiman reagiert, wonach die Protestierenden nur die Wahl zwischen einem Dialog oder einem Putsch hätten. Ajman Nur und andere Oppositionsführer erklärten, solche Äußerungen kämen gefährlichen Drohungen gleich. Tausende Demonstranten füllten unterdessen den 16. Tag in Folge den Kairoer Tahrir-Platz. Sie fühlten sich von einem emotionalen Fernsehinterview eines zwölf Tage lang inhaftierten Google-Managers ermutigt, in dem der 30-Jährige über seine Zeit im Gefängnis berichtete.
„Wir werden unsere Forderung nach einer Absetzung des Regimes nicht aufgeben“, versprach der junge Manager Wael Ghonim am Dienstag bei einer der bislang grössten Proteste auf dem Tahrir-Platz. Das Fernsehinterview am Montag hatten viele Ägypter gesehen und sich daraufhin erstmals der Protestbewegung angeschlossen. Die Freilassung Ghonims gab der Bewegung offensichtlich neuen Auftrieb.
Entsprechend scharf war die Wortwahl von Vizepräsident Suleiman. Er erklärte am Dienstagabend bei einem Treffen mit Chefredakteuren mehrerer Zeitungen, dass die Krise sobald wie möglich ein Ende finden müsse. Einen Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak und ein Ende des Regimes schloss er aus. Die Regierung wolle die Forderungen der Demonstranten nach demokratischen Reformen über einen Dialog lösen und nicht die Polizei gegen „die ägyptische Gesellschaft“ einsetzen. Die Alternative zu einem Dialog sei ein Putsch, und das würde hektische Entscheidungen und viel Unvernunft bedeuten, erklärte Suleiman weiter.
Suleiman: Rufe von Demonstranten nach zivilem Ungehorsam gefährlich
Auf Nachfrage der Medienvertreter erklärte der Vizepräsident, er spreche nicht von einem Militärputsch, sondern davon, dass „eine Macht, die nicht bereit ist für die Herrschaft“, die staatlichen Institutionen umstürzen könnte. Die Rufe von Demonstranten nach zivilem Ungehorsam seien „sehr gefährlich für die Gesellschaft“, sagte Suleiman. Die USA forderten ihn indes auf, auf eine zentrale Forderung der Demonstranten einzugehen und die Notstandsgesetze aufzuheben.
Die amtliche Nachrichtenagentur MENA zitierte Suleiman mit den Worten, Mubarak sei bei guter Gesundheit. Es gebe keine Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel «über irgendetwas». Sie habe sich mit Äusserungen auf eklatante Art in die inneren Angelegenheiten Ägyptens eingemischt, erklärte Suleiman.
Neuer Held
Eine Facebook-Seite mit dem Titel „Ich beauftrage Wael Ghonim im Namen der ägyptischen Revolutionäre zu sprechen“ fand nach Ghonims Freilassung regen Zulauf. 20 Stunden nach Ausstrahlung des Fernsehinterviews mit dem Marketing-Manager waren ihr bereits 130.000 Menschen beigetreten.
Auch der internationale Druck auf die ägyptische Regierung, die versprochenen Reformen bald umzusetzen, nimmt weiter zu. So sagte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon am Dienstag nach einer Unterredung im Sicherheitsrat in New York, der Wandel in dem arabischen Land müsse kommen, „je früher, desto besser“.
Die Regierung in Kairo müsse alles für eine „geregelte und friedliche Umwandlung“ tun. Ban sagte, die Demonstranten in Kairo würden mit ihren inzwischen 15-tägigen Protesten ihre „deutliche Enttäuschung“ ausdrücken. Die Regierung in Kairo solle auf ihre „berechtigten Forderungen“ hören.
Biden fordert Taten
US-Vizepräsident Joe Biden forderte von seinem Amtskollegen Suleiman in einem Telefonat „sofortige Taten“. Gemeinsam mit der Opposition müsse eine Strategie für einen geordneten Übergang zur Demokratie entwickelt werden.
Biden nannte dafür vier Bedingungen: Die Aussetzung des Kriegsrechts, ein sofortiges Ende der Verhaftungen und Mißhandlungen von Journalisten sowie Aktivisten aus Politik und Zivilgesellschaft, eine breitere Beteiligung der Opposition am nationalen Dialog sowie an der Entwicklung eines Zeitplans für den Übergang.
De Maart

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