Montag1. Dezember 2025

Demaart De Maart

Gaddafi-Sohn verspricht Reformen

Gaddafi-Sohn verspricht Reformen

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die blutigen Unruhen in Libyen zeigen Wirkung. Das Regime schickt Präsidentensohn Saif al Islam al Gaddafi vor die Kameras und verspricht Reformen, warnt aber auch vor einem Bürgerkrieg.

Nach tagelangen blutigen Unruhen in Libyen hat Saif al Islam Gaddafi, Sohn des Staatschefs Muammar al-Gaddafi, Reformen versprochen und zugleich vor einem Bürgerkrieg gewarnt. Er sagte in der Nacht zum Montag im Staatsfernsehen eine schnelle Umsetzung bedeutender demokratischer Reformen zu. Muammar al Gaddafi ist seit 1969 an der Macht und führt das Land mit eiserner Hand.

EU und USA protestieren einhellig gegen die Eskalation der Gewalt in Libyen. „Wir verurteilen die Unterdrückung von friedlichen Demonstranten und beklagen die Gewalt sowie den Tod von Zivilpersonen“, erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Sonntagabend in Brüssel nach Beratungen mit den EU-Außenministern. Die Europäische Union dringe auf ein sofortiges Ende der Gewalt und die Aufnahme eines politischen Dialogs in dem Land. Die EU-Außenamtschefs wollen am Montag in der belgischen Hauptstadt bei ihrem regulären Februar-Treffen weiter über die Lage in den Krisenländern der arabischen Welt beraten. In Washington unterstrich US-Außenamtssprecher Philip Crowley am Sonntag ebenfalls, dass die USA gegen die staatliche Gewalt gegen Demonstranten in Libyen protestieren.

Libyens Staatschef al-Gaddafi war schon immer ein Freund kompromissloser Vorgehensweisen. 2008 hatte das nordafrikanische Land hat seine Öllieferungen (2,5 Millionen Tonnen – etwa 20 Prozent des Bedarfs) in die Schweiz teilweise eingestellt – und zwei Schweizer Manager angeklagt weil die eidgenössischen Behörden es gewagt hatten den Sohn des Diktators wegen der angeblichen Misshandlung von zwei Hotelangestellten festzunehmen.
Die zwei Schweizer Geschäftsleute wurden indes beschuldigt, gegen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen verstoßen zu haben. Beide Manager wurden inhaftiert und erst letztes Jahr wieder auf freien Fuß gesetzt.
Libyen verlangte eine Entschuldigung der Schweiz. Zudem dürften alle Schiffe mit Schweizer Gütern ihre Ladung in Libyen nicht mehr löschen. Am Rande des G8-Gipfels im Juli 2009 in Italien bezeichnete Gaddafi die Schweiz sogar als Helferin des Terrorismus und schlug vor, die Schweiz zu zerschlagen.

Das Parlament, der Allgemeine Volkskongress, werde schon am Montag zusammenkommen und über eine Reihe von Reformen beraten. Der Präsidentensohn, der als Nachfolger der Präsidenten gehandelt wird, wandte sich erstmals seit Ausbruch der Unruhen im Staatsfernsehen an die Bevölkerung.

Achtung, Bürgerkrieg!

Angesichts der schweren Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Regimegegnern warnte der Präsidentensohn vor einem Bürgerkrieg in dem nordafrikanischen Land. Ein solcher würde den Ölreichtum des Landes verbrennen. Die separatistischen Unruhen würden die Sicherheit des Landes bedrohen und könnten es in Teilstaaten zersplittern.

Ein Experte des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira sprach von einer „verzweifelten“ Rede eines verzweifelten Diktatorensohns, der keine offizielle Rolle im Land spiele; der davor warne, dass es zu einem Blutbad kommen könne. Ein Dissident sagte dem Sender, der Gaddafi-Sohn versuche bei den Menschen Angst zu schüren. Der US-Nachrichtensender CNN berichtete am Montagmorgen, am Telefon hätten Dissidenten erklärt, sie glaubten dem Regime nicht.

Armee steht hinder Gaddafi

Die Armee stehe hinter seinem Vater, der sich weiterhin in Libyen aufhalte, warnte Gaddafis Sohn. Er wies damit Gerüchte zurück, Muammar al Gaddafi habe das Land verlassen.

Er gab zugleich zu, dass Regimegegner die Kontrolle über einige Militärbasen und Panzer übernommen hätten. Al-Dschasira meldete, in der Hauptstadt Tripolis sei es zu Zusammenstößen zwischen Gegnern und Anhängern von Gaddafi gekommen. Ein Bewohner von Tripolis sagte bei CNN am frühen Montagmorgen, die Lage in der Hauptstadt sei relativ ruhig. Es seien jedoch weiter Schüsse zu hören. Im britischen Sender BBC und bei CNN hieß es, die zweitgrößte Stadt des Landes, Bengasi, sei offensichtlich unter der Kontrolle von Regimegegnern.

Fehler zugegeben

Die Armee habe bei ihrem harten Durchgreifen gegen die Protestierenden Fehler gemacht, da sie nicht für den Einsatz bei Demonstrationen ausgebildet sei, sagte der Gaddafi-Sohn. Die in ausländischen Medien genannten Opferzahlen bei der Niederschlagung der Proteste im Land wies er als übertrieben zurück.

Menschenrechtsgruppen hatten von etwa 150 Toten bei den tagelangen Aufständen gesprochen. Ärzte und Oppositionskreise nannten sogar die Zahl von 200 Toten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nannte am Sonntag die Zahl von mindestens 233 Toten.

Von unabhängiger Seite ließen sich diese Informationen jedoch nicht verifizieren. In Libyen gibt es kaum ausländische Journalisten. Daneben wurden die meisten Internet-Verbindungen gekappt.

Ruhe vor dem Sturm?

An den übrigen Brennpunkten in der islamischen Welt herrschte am Sonntag gespannte Ruhe. Lediglich in Teheran kam es zu neuen Zusammenstößen der Opposition mit der Polizei. Dabei wurde ein Demonstrant getötet.

Auch im Golfstaat Bahrain blieb es nach tagelangen Unruhen ruhig. Nach dem Rückzug der Armee in die Kasernen hatten mehrere tausend Regierungsgegner am Samstag den zentralen Lulu-Platz wieder besetzt und dort Lager aufgeschlagen. Kronprinz Scheich Salman bin Hamad al-Chalifa bedauerte in einem Fernsehinterview den Tod von mindestens vier Demonstranten innerhalb der vergangenen Tage.

Auf Weisung seines Vaters, König Hamad bin Issa al-Chalifa, nahm er erste Kontakte zur Opposition auf. Oppositionsgruppen forderten für den angebotenen nationalen Dialog allerdings zunächst die Freilassung aller politischen Gefangenen.