Am Montag haben sich Oppositionelle in Damaskus erstmals seit Jahrzehnten zu einer Konferenz getroffen, mit Duldung der Regierung. Bei diesem Treffen, das für einiges Aufsehen sorgte, zirkulierte offenbar eine „Roadmap“, die es den syrischen Behörden ermöglichen will, einen „sicheren und friedlichen Übergang zu einer zivilen Demokratie“ einzuleiten, ohne dass Präsident Baschar al Assad seinen Stuhl räumen muss.
Unterzeichnet wurde das Papier von Louay Hussein und Maan Abdelsalam, zwei säkularen Intellektuellen, die dem so genannten Nationalen Aktionskomitee vorstehen, das die Konferenz vom Montag durchgeführt hat. Pikant ist, dass das Dokument offenbar die Unterstützung der USA genießt, wie der britische „Guardian“, der die Roadmap publik gemacht hat, mit Berufung auf syrische Oppositionsquellen berichtet.
US-Regierung dementiert
Offiziell streitet Washington dies ab. „Wir ermutigen Opposition und Regime zu einem ernsthaften Dialog, aber wir unterstützen gar nichts“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Diese Zurückhaltung dürfte taktisch bedingt sein, denn die USA wollen den Eindruck einer direkten Einmischung in Syrien vermeiden. Dennoch macht eine Unterstützung des Reformplans Sinn: Die US-Regierung hat Baschar al Assad aufgefordert, Reformen einzuleiten oder zurückzutreten, aber nicht direkt zu seinem Sturz aufgerufen.
Der Grund dafür ist einfach: Die USA wollen ein demokratisches Syrien, sie fürchten aber auch Instabilität in einem Vielvölkerstaat, der sich in einem geopolitisch heiklen Umfeld befindet. Die Roadmap verlangt unter anderem eine strengere Kontrolle der Sicherheitskräfte, eine Entschädigung für die Familien der Protestopfer, das Recht auf friedliche Demonstrationen, eine umfassende Medienfreiheit und die Einsetzung einer Übergangsversammlung, in der die regierende Ba’ath-Partei 30 von 100 Sitzen einnehmen würde.
Erstmals Proteste in Aleppo
Fragt sich nur, ob es für einen solchen Reformplan nicht zu spät ist. Radwan Ziadeh, ein führendes Mitglied der Opposition im Exil, ist davon überzeugt, wie er dem „Guardian“ erklärte: „Man verlangt, dass Baschar den Übergang zur Demokratie anführt. Das ist für die Protestierenden nicht akzeptabel.“ Ein weiterer, namentlich nicht genannter Oppositioneller meinte, der Präsident spiele auf Zeit: „Wie kann ich Baschar al Assad Legitimität verleihen, wenn eine Million Menschen auf den Straßen seine Absetzung fordern?“
Tatsächlich haben sich die Proteste auf das im Nordwesten Syriens gelegene Aleppo ausgeweitet, die zweitgrößte Stadt und das wirtschaftliche Herz des Landes. Dort war vom Aufstand bislang kaum etwas zu spüren. Am Donnerstag jedoch haben hunderte Menschen gegen die Regierung demonstriert. Zu den Protesten hatte eine Oppositionsgruppe auf Facebook aufgerufen. Die Sicherheitskräfte seien mit Gewalt gegen die Proteste vorgegangen und mehrere Menschen verletzt worden, hiess es aus Oppositionskreisen.
Opposition: Elf Dorfbewohner getötet
Unterdessen setzte die Armee nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London ihren Vormarsch gegen mehrere Dörfer in der Provinz Idleb fort. Auch in der Provinz Dschabal al Sawija an der Grenze zur Türkei nahmen Soldaten nach Angaben von Aktivisten Dörfer ein. Dabei seien am Mittwoch und am Donnerstag elf Menschen getötet worden, sagte Menschenrechtsaktivist Mustafa Osso. Die Streitkräfte versuchen, den Flüchtlingsstrom in die benachbarte Türkei zu unterbinden.
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können