Viele Tote und Verletzte bei zwei blutigen Terroranschlägen in Norwegen: Mindestens sieben Menschen kamen am Freitag ums Leben, 15 weitere wurden verletzt, als im Regierungsviertel der Hauptstadt Oslo eine Bombe explodierte. Wenige Stunden später erschoss ein als Polizist verkleideter Mann in einem sozialdemokratischen Jugend-Ferienlager mehrere Menschen. Bei den Schüssen im Ferienlager auf der norwegischen Insel Utøya sind neun oder zehn Menschen getötet worden, so ein Polizeisprecher in Oslo. Ein Zeuge berichtet von 20 Toten. Andere berichten von 30 Toten. Die Polizei nahm einen Verdächtigen fest und rief dazu auf, große Menschenansammlungen zu meiden und das Osloer Zentrum zu verlassen.
Die Osloer Polizei glaubt nicht an internationalen Terrorismus. Wahrscheinlicher sei eine lokale Variante, die sich gegen das derzeitige politische System wende, meldete die Nachrichtenagentur NTB am Freitagabend. Die Polizei kenne das Milieu, in dem sich der auf der Ferieninsel festgenommene Mann aufhalte.
Die Wucht der Detonation im Zentrum Oslos verwüstete mehrere Gebäude, darunter den Sitz von Ministerpräsident Jens Stoltenberg. Der Regierungschef wurde jedoch nicht verletzt. „Die Situation ist sehr ernst“, sagte der 52-jährige Sozialdemokrat in einem TV-Interview – aus Sicherheitsgründen wurde sein Aufenthaltsort geheim gehalten. Bislang war Norwegen von Terroranschlägen verschont geblieben.
Zusammenhang zwischen beiden Anschlägen
Wenige Stunden nach dem Attentat in Oslo kamen bei der Schießerei auf der Insel Utøya in einem See nahe der Hauptstadt nach Angaben von Rettungskräften ebenfalls mehrere Menschen ums Leben. Ein TV-Sender zitierte einen Zeugen, der von 20 Leichen sprach, allerdings gab es dafür keine offizielle Bestätigung. Ein Polizeisprecher berichtete von neun oder zehn Toten im Ferienlager. Bei dem fünftägigen Camp sollte auch Ministerpräsident Stoltenberg einen Gastauftritt haben. Ob es sich bei den festgenommenen Mann um einen Norweger handelte, wollten die Ermittler nicht sagen. Nach Erkenntnissen der Polizei bestand zwischen dem Bombenanschlag und der Schießerei ein Zusammenhang.
Die Lage in dem von 560 Mitgliedern der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF besuchten Lager wurde als „chaotisch“ beschrieben. Polizisten einer Anti-Terror-Einheit mit schusssicheren Westen eilten zum Tatort. Laut Medienberichten brach unter den Jugendlichen in dem Lager Panik aus. Mehrere Mädchen und Jungen seien von der Insel aus ins Wasser gesprungen und an Land geschwommen. Die Insel ist rund eine Autostunde von Oslo entfernt.
Wer dahinter steckt, ist noch unklar
Über den Hintergrund der Attacken wurde zunächst nichts bekannt. Auch Hinweise auf die Täter gab es anfangs nicht. Der Ministerpräsident sagte, er wolle nicht spekulieren, ob der Einsatz seines Landes in Libyen mit dem Anschlag zusammenhängen könnte. Stoltenberg sagt, auch alle anderen Regierungsmitglieder seien wohlauf. Zugleich kündigte er eine Krisentreffen des Kabinetts an.
Einige Augenzeugen sprachen von einer Autobombe in Oslo, andere von mehreren Explosionen. Die Ermittler bestätigten jedoch lediglich, dass es sich um einen Sprengsatz gehandelt habe, berichtete die Nachrichtenagentur NTB. Auch die Zentrale der Boulevardzeitung «VG» wurde durch die Explosion teilweise zerstört und dann evakuiert.
Hauptbahnhof geräumt, Handys verboten
In Oslo wurde der Hauptbahnhof geräumt. Auch zwei Einkaufszentren sowie die Büros der Medien „VG“, „NTB“, „Aftenposten“ und der Fernsehsender „TV2“ seien evakuiert worden. Dort sei eine verdächtige Tasche gefunden worden. Die Polizei rief auch dazu auf, die Mobiltelefone nicht zu benutzen, weil das Netz überlastet sei.
„Die Leute stehen unter Schock, viele wurden ins Krankenhaus gebracht“, sagte der Organist des Osloer Doms, Magne Draagen, der Nachrichtenagentur dpa.
Öl- und Energieministerium als Ziel?
Die Zeitung „Dagbladet“ berichtete online, die Ermittler gingen davon aus, dass das Öl- und Energieministerium (OED) das Ziel des Attentats war. „Es sieht aus, als ob es direkt vor unseren Büros passierte“, sagt Håkon Smith-Isaksen vom OED.
Gegen 15.30 Uhr hatte ein großer Knall die Bürger Oslos aufgeschreckt. „Das ganze Gebäude wurde erschüttert, wir glaubten, es sei ein Erdbeben“, sagte ein NRK-Reporter, der sich neben dem 17 Stockwerke hohen Regierungsgebäude befand. Das Fernsehen zeigte Bilder von einer völlig zerstörten Hausfassade, aus der Rauch aufstieg. Der Boden war mit Glassplittern zerstörter Fensterscheiben und Trümmerteilen übersät.
Mitarbeiter der Tageszeitung „Aftenposten“ berichteten von Opfern, die blutend auf der Straße lagen. Bilder der NRK-Homepage zeigten, wie sich Sanitäter um Verletzte auf dem Bürgersteig kümmerten. Rettungskräfte brachten eine Frau in Sicherheit, deren blondes Haar blutverschmiert war. Passanten beugten sich über Verletzte und leisteten ebenfalls Erste Hilfe.
De Maart
























Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können