Dienstag28. Oktober 2025

Demaart De Maart

Droht bald die Explosion?

Droht bald die Explosion?
(AFP)

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Muammar al-Gaddafi soll mit seiner Familie auf dem Weg nach Algerien sein. In blutigen Kämpfen setzten die Rebellen zur Eroberung von Tripolis an. Tausende Menschen gehen auf die Straße und riskieren ihr Leben.

In mehreren Vierteln von Tripolis haben am Sonntag Tausende gegen Machthaber Muammar Gaddafi demonstriert. Sie trotzten dabei auch der Gefahr durch auf Dächern postierten Scharfschützen.

Die Nato hat ihre Kampfeinsätze am Samstag auf Libyens Hauptstadt konzentriert. Die Kampfjets der internationalen Truppen hätten alleine in Tripolis 22 Ziele angegriffen, berichtete die Nato am Sonntag in Brüssel.

Attackiert wurden den Angaben zufolge mehrere Militäreinrichtungen, Lagerhallen, gepanzerte Fahrzeuge, Raketen und Raketenwerfer sowie Radarsysteme. Schon am Freitag hatte die Nato 14 Ziele in der Hauptstadt angegriffen. Insgesamt seien am Samstag 36 Kampfeinsätze über Libyen geflogen worden. Neben Tripolis griff das Bündnis auch Ziele in Sirte, Al-Brega und Slitan an. (dpa)

Kampftruppen der Rebellen rückten derweil von Westen bis auf 25 Kilometer an die Hauptstadt heran, meldete die Nachrichtenagentur AP. Schweres Maschinengewehrfeuer und Explosionen waren zu hören.

Gaddafi auf der Flucht?

Nach dem Aufstand der Regimegegner in Tripolis soll Muammar al-Gaddafi die Hauptstadt in Richtung algerische Grenze verlassen haben. Aus gut informierten Kreisen in Tripolis verlautete am Sonntag, der Staatschef und seine Familie hielten sich in einer Region unweit der Grenze auf. Dort würden sie von Angehörigen des Al-Orban-Stammes beschützt.

Ihr Plan sei es möglicherweise, über die Grenze nach Algerien zu flüchten. Eine Bestätigung für diese Nachricht vonseiten der Rebellen gab es zunächst nicht.

Eine Bestätigung für die Nachricht von der Flucht Gaddafis aus Tripolis gab es zunächst aber nicht – weder von den Rebellen noch von algerischer Seite. Ein Beamter des Außenministeriums in Algier sagte auf Anfrage, Gaddafi halte sich derzeit nicht in Algerien auf.

Erbitterter Kampf

Ein halbes Jahr nach Beginn des Aufstandes in Libyen hat augenscheinlich der Kampf um Tripolis begonnen. Bei blutigen Kämpfen brachten die Rebellen in der Nacht zum Sonntag nach eigener Darstellung Teile der Hauptstadt unter ihre Kontrolle. „Die Rebellen in Tripolis haben sich erhoben“, sagte ein Mitglied des nationalen Übergangsrats der Aufständischen dem Nachrichtensender Al-Dschasira.

Der zuletzt immer stärker bedrängte Machthaber Muammar al-Gaddafi meldete sich während der Gefechte mit einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Audiobotschaft zu Wort. Er bezeichnete die Rebellen als „Verräter“ und „Ratten“ und beschuldigte sie, Libyen zerstören zu wollen. Gaddafi-Sohn Saif al-Islam erklärte in einer aufgezeichneten Rede, die am frühen Sonntagmorgen vom libyschen Fernsehen verbreitet wurde, sie würden nicht aufgeben.

Gaddafi unter Druck

Die Rebellen belagerten am Sonntag nach eigenen Angaben den Gebäudekomplex von Gaddafi in Tripolis. Der arabische Fernsehsender Al Arabija berichtete, die Aufständischen hätten Dutzende von Soldaten Gaddafis gefangen genommen. Doch auch die Aufständischen erlitten hohe Verluste.

Allein bei den Gefechten im Stadtviertel Tadschura kamen nach Angaben eines Rebellenführers laut Al-Dschasira mindestens 123 Aufständische ums Leben. Auch in anderen Teilen von Tripolis soll es Tote gegeben haben. Neben Tadschura kontrollierten die Regimegegner nach eignen Angaben auch das Viertel Souk al-Dschumaa.

Koordinierte Rebellen-Aktionen

Wie ein Rebellensender berichtete, hätten die Kämpfer auch die Kontrolle über ein Waffendepot und den Internationalen Flughafen von Tripolis übernommen. Der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, sagte Al-Dschasira, dass alle Aktionen vorbereitet und koordiniert seien.

Der Sprecher der libyschen Regierung, Mussa Ibrahim, bestätigte die Zusammenstöße in der Hauptstadt. Sie seien jedoch nach etwa einer halben Stunde unter Kontrolle gebracht worden. „Tripolis ist friedlich und vollständig unter Kontrolle der Armee“, sagte er laut Al-Dschasira gegen Mitternacht (Ortszeit).

Diktator will Gegenangriff

Gaddafi rief seine Anhänger auf, in Massen die monatelange Rebellion zu beenden. Er betonte, dass die Rede nicht aufgezeichnet war, sondern live gehalten wurde und nannte als Beweis dafür das aktuelle Datum und die Uhrzeit. Die europäischen Länder bezichtigte er, hinter dem libyschen Öl her zu sein. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy „will unser Öl“, sagte Gaddafi.

Der Übergangsrat der Rebellen hatte in den vergangenen Monaten mehrfach erklärt, für die Eroberung von Tripolis setzte man auf den „Kollaps des Regimes“ und die Unterstützung durch „geheime Zellen“ von Sympathisanten in Tripolis. In den vergangenen Tagen hatten die Rebellen auf ihrem Vormarsch nach Tripolis große Geländegewinne erzielt. Im Osten stehen ihre Truppen rund 40 Kilometer von der Hauptstadt entfernt.

Libyen ohne Geld

Auch wirtschaftlich zeigen die internationalen Sanktionen gegen Libyen und das Vordringen der Rebellen auf die Hauptstadt Wirkung. Den Banken in Tripolis geht das Geld aus. Staatsangestellte bekommen derzeit keine Gehälter mehr ausgezahlt. „Seit Donnerstag haben wir kein Geld mehr und wir wissen auch nicht, wann sich das ändern wird“, sagte ein Bankangestellter in Tripolis am Samstag der dpa. Treibstoff und andere Güter sind schon länger knapp.