„Es hat sich sehr gut angefühlt, aber gleichzeitig hat es auch furchtbar wehgetan. Ich konnte beinahe nicht aufhören zu weinen.“ So beschrieb Rakel Birkeli, 17, eine Überlebende des Massakers auf der Ferieninsel Utøya, die offizielle Trauerzeremonie am Sonntag in Oslo.
Norwegen versucht, über das Trauma des 22. Juli hinwegzukommen. Der Bombenanschlag in der Osloer Innenstadt und die anschließende Schießerei im Jugendlager auf Utøya haben zusammen 77 Todesopfer gefordert. Für das skandinavische Land ist es das blutigste Ereignis seit dem zweiten Weltkrieg.
„Unersetzbares verloren“
Birkeli nahm mit ihren Eltern an der Zeremonie teil. Am Vortag besuchte sie mit ihrer Mutter Utøya und zeigte ihr, wo sie sich vor gut vier Wochen vor dem Todesschützen Anders Behring versteckte. Die Zeremonie sei „sehr bedeutsam“ gewesen und könne helfen, den Schmerz zu überwinden, sagte ihr Vater, Morten Ruud.
„Heute halten wir inne, um der Toten zu gedenken. Wir tun dies als eine Nation, zusammen haben wir verloren, was nicht ersetzbar ist“, sagte Ministerpräsident Jens Stoltenberg vor den 6700 Gästen in der Oslo Spektrum Arena. Stoltenberg und auch König Harald V. betonten, dass die Trauernden weiterhin Hilfe und Unterstützung brauchen werden, auch wenn das Land wieder zum Alltag zurückkehrt.
Den Schmerz „erahnen“
Die Feier, bei der auch Mitarbeitern der Rettungskräfte Tribut gezollt wurde, bildete den Abschluss der offiziellen Trauerperiode. Trauer habe viele Gesichter, sagte König Harald. Als „Vater, Großvater und Ehemann“ könne er den Schmerz der Hinterbliebenen nur erahnen.
Stoltenberg sagte nach dem Ende der zweistündigen Veranstaltung, er sei sehr gerührt gewesen, als die Namen der Opfer vorgelesen wurden. Es sei ein „sehr starkes Gefühl“ gewesen, die Fotos der Toten zu sehen und eine „greifbare Erinnerung“ an das Ausmaß der Tragödie zu haben. Zuhörer im Publikum brachen in Tränen aus, andere standen auf, um den Opfern ihren Respekt zu erweisen.
Die ergreifende Darbietung der Sängerin Sillel Kyrkebo bildete den Abschluss der Zeremonie. Das Gedicht „Für die Jugend“, geschrieben im Jahr 1936 vom norwegischen Journalisten Nordal Grieg während des Spanischen Bürgerkriegs, ist eine Art inoffizielle Hymne, aufgeführt bei Trauerfeiern und Beerdigungen.
Nach dem Ende der Feier standen viele Menschen in kleinen Gruppen vor der Arena. Manche umarmten sich, andere hatten Tränen in den Augen.
Er hoffe nun, das aus der Tragödie entstandene Gefühl der Zusammengehörigkeit im Land erhalten zu können, sagte der Ministerpräsident.
Alltag in Norwegen
An diesem Montag beginnt in vielen Schulen das Herbstsemester. Rakel Birkeli wird das Schuljahr in einer neuen Schule im Norden des Landes beginnen. Der Schulanfang sei „spannend aber schwierig“, meinte die 17-Jährige.
Stoltenberg hingegen muss sich auf seinen ersten Wahlkampfauftritt vorbereiten. Am 12. September finden Regionalwahlen statt. Die Parteien hatten den Wahlkampf sofort nach den Anschlägen unterbrochen.
Der Attentäter Breivik, der seine Taten gestanden hat, bleibt in Haft. Die Ermittlungen werden vermutlich noch Monate andauern.
De Maart

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