Montag27. Oktober 2025

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Der Dunst der Verführung

Der Dunst der Verführung
(dpa-Archiv)

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Zigaretten mit buntem Rauch oder Zigaretten, die beim Abnehmen helfen: In Belgien sollen Zigarettenhersteller die Zulassung für neue Zusatzstoffe beantragt haben. Die Zielgruppe der umstrittenen Produkte sind vor allem jugendliche Raucher.

Das berichtete jüngst die belgische Tageszeitung „Le Soir“. Das Tageblatt hat nachgefragt, ob solche Produkte auch in Luxemburg geplant sind.

Werbeverbote, Gesundheitskampagnen sowie Rauchverbote in Restaurants und öffentlichen Einrichtungen machen der Zigarettenindustrie schwer zu schaffen. Nicht überraschend ist demnach, dass die Zigarettenhersteller mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, neue Märkte zu erschließen.

Leicht beeinflussbar: Jugendliche

Eine bevorzugte weil kaufkräftige, gleichzeitig leicht zu beeinflussende Zielgruppe sind Jugendliche. Mit modernen Slogans, bunten Verpackungen und poppigen Gadgets versuchen die Zigarettenhersteller die jungen Leute anzusprechen. Ganz in diesem Sinne soll in Belgien, wie die belgische Tageszeitung „Le Soir“ jüngst meldete, nun ein Hersteller die Entwicklung von Zigaretten, die beim Verbrennen blauen Rauch entwickeln, planen. Außerdem sollen diese Zigaretten mittels eines weiteren Zusatzstoffes weniger bitter als herkömmliche Zigaretten schmecken und somit zum tieferen Inhalieren animieren.

Der gleiche Konzern, so „Le Soir“, wolle ebenfalls eine Zigarette auf den Markt bringen, die den Raucher beim Abnehmen unterstützt. Die Anträge für die Anwendung der jeweiligen Zusatzstoffe (E133, MCT, E418, vgl. Kasten „Zusatzstoffe“) lägen, wie die belgische Zeitung schreibt, dem zuständigen „ministère fédéral des Affaires sociales et de la Santé publique“ vor. Gesundheitsexperten, Patientorganisationen, teilweise auch die Politik zeigten sich in unserem Nachbarland empört.

„Prachtstück von Desinformation“

Die ganze Aufregung sei aber umsonst, wie uns der Leiter des Labors für Forschung und Entwicklung beim luxemburgischen Zigarettenhersteller Heintz van Landewyck, Dr. Marc Scharfe, erklärte. Bei dem ihm bekannten „Le Soir“-Artikel handele es sich nämlich um ein „Prachtstück von Desinformation“, das von einer „erschreckenden Unkenntnis“ zeuge. In der Tat habe ein Zigarettenhersteller – es handele sich, so Scharfe, um die „British American Tobacco“-Gruppe, den weltweit zweitgrößten privatwirtschaftlichen Tabakkonzern – ein neues Produkt entwickeln wollen. Es habe sich allerdings nicht um Zigaretten mit blauem Rauch oder mit Appetitzüglern gehandelt. Vielmehr sollen die angesprochenen Zigaretten im Filter eine Art Kapsel enthalten, die, einmal vom Raucher zerbissen, ein bestimmtes Aroma freisetzt.

Der inkriminierte Farbstoff sei lediglich dazu da, die angesprochene Kapsel maschinell richtig zu positionieren. „Völliger Quatsch“ sei auch, dass BAT eine Zigarette entwickeln wolle, die beim Abnehmen helfe. Diesen Effekt durch die Zugabe eines bestimmten Stoffes (MCT in diesem Fall) zu erreichen, wäre praktisch sprich physiologisch gar nicht möglich. Auch Michel Yegels, Toxikologe im „Laboratoire national de santé“, äußerte sich ohne die belgische Situation genau zu kennen dahingehend, dass es aus physikalisch-chemischer Sicht extrem schwierig sei, über den Weg des Rauchens eine gewichtsreduzierende Wirkung zu erzielen. Hinsichtlich der erforderlichen Stabilität der erforderlichen Substanzen sei eine brennende Zigarette nicht unbedingt das günstigste Umfeld.

Aber welche Stoffe dürfen in Zigaretten enthalten sein? Das Gesetz regelt lediglich den maximal zugelassenen Anteil an Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid. Was die anderen Stoffe angeht, sind die Bestimmungen vage.

Kein gemeinsamer Nenner

Es laufen seit geraumer Zeit schon Bestrebungen auf europäischer Ebene, eine gemeinsame Liste von Inhaltsstoffen zusammenzustellen; Bemühungen, die bis dato allerdings noch nicht gefruchtet haben. Wollen einige Länder eine positive Liste, d.h. eine Liste mit erlaubten Inhaltsstoffen, wünschen andere Länder hingegen eine Negativliste, d.h. eine Auflistung von verbotenen Inhaltsstoffen. Befürworter eines Verbots von verschiedenen Geschmacksstoffen argumentieren, dass Jugendliche so weniger in Versuchung geführt werden, mit dem Rauchen anzufangen.

Die Gegner einer solchen Regulierung sagen, dass Zusatzstoffe keinen Einfluss auf die Gewohnheiten von Jugendlichen hätten. Zudem würde eine Regulierung einige Marken gegenüber anderen benachteiligen.

Industrie vs. Regeriungen

Regierungsvertreter sind eher für eine Reglementierung, die Industrie steht der Sache eher negativ gegenüber. Eine Ausnahme bildet die Pharmaindustrie, welche für eine Liste mit erlaubten Substanzen eintritt. Auf einen gemeinsamen Nenner ist man bisher nicht gekommen.

Momentan wird die Frage der Inhaltsstoffe auf nationaler Ebene gehandhabt. Produzenten sind lediglich vom Gesetz her dazu verpflichtet, dem Gesundheitsministerium eine Liste der Stoffe mitzuteilen, welche sie in ihren Produkten verwenden, zusammen mit einer toxikologischen Analyse der einzelnen Stoffe. Das Antitabakgesetz aus dem Jahr 2006 schreibt außerdem vor, dass jeder Bürger auf Anfrage hin Informationen zu den Inhaltsstoffen bestimmter Tabakprodukte erhalten kann. Diese Informationen muss er allerdings beim Gesundheitsministerium anfordern.