Freitag31. Oktober 2025

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Kritik und Begeisterung nach Aufnahme

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Die Aufnahme Palästinas in die Unesco sorgt international für große Aufregung. Die USA stoppen ihre Zahlungen für die UN-Organisation. Israel befürchtet Rückenwind für die Palästinenser auf dem Weg zur UN-Vollmitgliedschaft.

Die Aufnahme Palästinas in die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) hat international ein geteiltes Echo ausgelöst. Auf der einen Seite gab es heftige Kritik, auf der anderen herrschte Begeisterung. Die USA als größter Beitragszahler stoppten als Reaktion auf das Votum ihre Zahlungen für die Organisation. Israel drohte mit Konsequenzen. Die Palästinenser reagierten begeistert. Die Opposition in Deutschland kritisierte die Bundesregierung und ihr Abstimmungsverhalten. Dieses habe Europa gespalten.

Die Unesco hatte am Montag in Paris als erste Organisation der Vereinten Nationen Palästina als eigenständigen Staat und Vollmitglied aufgenommen. In der Generalkonferenz der Unesco stimmten 107 Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, dafür. Von den drei größten Geldgebern votierten die USA und Deutschland dagegen. Japan enthielt sich der Stimme.

Geldhahn zugedreht

Die US-Regierung stoppte als Reaktion auf die Abstimmung ihre Zahlungen an die Unesco, schloss aber nicht aus, ihren Beitrag später wieder zu bezahlen. Washington bestreitet 22 Prozent des Unesco-Etats. Der Zahlungsstopp stellt die Finanzierung der Organisation infrage. Nach Angaben von US-Außenministerin Hillary Clinton ist es der US-Regierung gesetzlich verboten, Organisationen zu finanzieren, die die Palästinenser als Mitglied akzeptieren.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Unesco-Mitglieder auf, praktische Lösungen zu finden, um den Haushalt der Organisation zu sichern. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax bei einem Besuch in Abu Dhabi: „Ich hoffe, Washington wird diese Entschidung überdenken.“

Folgen für Friedensprozess

Sowohl die USA als auch Deutschland begründeten ihr Nein bei der Abstimmung über die palästinensische Unesco-Mitgliedschaft mit möglichen negativen Folgen für den Nahost-Friedensprozess. Das Votum sei „bedauernswert, voreilig und untergräbt unser gemeinsames Ziel eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten“, sagte US-Außenministeriumssprecherin Victoria Nuland in Washington. Der Antrag könne die erst kürzlich unter Vermittlung des Nahost-Quartetts begonnenen, ohnehin schon schwierigen indirekten Gespräche zusätzlich belasten, heiß es aus Berlin.

Die Entscheidung für die Aufnahme Palästinas kam nach Informationen aus der Unesco nicht überraschend. Es gebe schon lange eine große Mehrheit von Ländern, die die Sache der Palästinenser unterstützten, hieß es. Schwellenländer hegten zudem die Hoffnung, dass China den Ausfall der US-Mittel ersetzen werde.

Israel empört

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf den Palästinensern vor, sie wollten einen Staat bekommen, ohne einen Friedensvertrag mit Israel zu schließen. „Weder ich noch irgendein verantwortungsvoller Politiker kann dem zustimmen“, sagte er. Das israelische Außenministerium teilte mit, man werde die weitere Kooperation mit der Unesco neu überdenken. Einen möglichen Austritt Israels aus der UN-Organisation bewertete ein israelischer Repräsentant am Dienstag skeptisch. „Dann lassen sie uns vielleicht nie wieder rein.“ Mehrere Stätten in Israel stehen auf der Liste des Weltkulturerbes, ein wichtiger Punkt für den Tourismus.

Israel sieht die Entscheidung der Unesco als mögliche Generalprobe für die Abstimmung des UN-Sicherheitsrats über die Vollmitgliedschaft eines Palästinenserstaates. Die Palästinenser hatten Ende September dafür bereits einen Antrag gestellt. Es gilt als sicher, dass er wegen des Veto-Rechts der USA im UN-Sicherheitsrat nicht durchkommt.

Die palästinensische Autonomiebehörde in Ramallah reagierte begeistert auf die Unesco-Abstimmung. Ein Berater des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas sprach von einem „Tag des Jubels“. „Dies ist ein historischer Tag für die Palästinenser“, sagte Sabri Saidan der Nachrichtenagentur dpa. Die Entscheidung sei eine weitere „politische Säule“ im Kampf um palästinensische Selbstbestimmung. „Wir sind näher an der Unabhängigkeit als je zuvor“, sagte Saidan.