Sonntag19. Oktober 2025

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Pharmahersteller stehen unter Beschuss

Pharmahersteller stehen unter Beschuss
(dpa-Archiv)

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LUXEMBURG - Am Montag drehte sich beim sogenannten CHL-Prozess gegen sechs Ärzte und sechs Krankenpfleger des CHL die Verhandlung um die Rolle der Pharmahersteller.

Die Sitzung begann mit der Zeugenaussage eines belgischen Mitarbeiters der pharmazeutischen Industrie. Zum beanstandeten Medikament Diprivan sagte er aus, dass man nach einer vier Jahre dauernden Prozedur im November 2004 die beiliegende Notiz dahingehend änderte, dass es nicht mehr an Kinder abgegeben werden sollte.

Diese Änderung wurde auf Initiative der europäischen Behörden vorgenommen, so der Zeuge. Sie würden mit einer pharmakologischen Kommission mit Sitz in London in sogenannten Fünf-Jahres-Plänen die Entwicklung der Medikamente auf dem Markt kontrollieren. Danach werden die nationalen Gesundheitsbehörden informiert.

Wurde Information verschleppt?

Es entstand eine Diskussion zwischen Me Assa und dem Zeugen über eine im Jahre 2001 an die belgische Ärzteschaft gesendete „Doctor Letter“ zum Propofol-Infusionssydrom. Der Anwalt wollte wissen, ob diese Notiz auch an Luxemburg adressiert wurde, was der Zeuge nicht gleich beantworten konnte. Ihm wurde daraufhin von der Vorsitzenden und der Staatanwaltschaft aufgetragen, diesen Brief und seine Adressaten dem Gericht vorzulegen. Me Dupong, die einen Intensivmediziner vertritt, beklagte, dass die Information über die Nebenwirkungen des Propofol bei Kindern zwischen 2001 und 2004 in London und in Belgien verschleppt wurde.

Der Zeuge vertrat dann die Meinung, dass das Produkt heute noch und nur im professionellen Umfeld gebraucht und seine Wirkung bei Erwachsenen keinesfalls in Frage gestellt wird, auch wenn die Pop-Ikone Michael Jackson daran starb.

Nur der verantwortungsvolle Umgang mit dem Medikament stehe hier zur Diskussion.

Me Penning legte dann einen Brief der US-amerikanischen Niederlassung des Herstellers vom 26. März 2001 vor, der auf die Nebenwirkungen von Propofol hinwies. Der Anwalt bedauerte, dass dieses Verbot sechs Jahre brauchte, um bei den Luxemburger Ärzten anzukommen, was aber laut Zeugen, der in die Enge getrieben schien, nicht dem Produzenten anzuhängen ist.

Neue Dokumente tauchen auf

Bei der Befragung einer Kinder-Kardiologin, die das Kind kurz vor seinem Transfer nach Brüssel gesehen hat, konfrontierte Me Dupong die Zeugin mit ihren eigenen Dokumenten, die aber zum Erstaunen der Staatsanwaltschaft nicht in der offiziellen Krankenakte figurieren, die den Ermittlern von den CHL-Verantwortlichen ausgehändigt wurde.

Es trat dann der Neurochirurg in den Zeugenstand, der dem verunfallten Kind am ersten Abend und am kommenden Morgen je eine Scanneruntersuchung verschrieben hatte, bei denen lediglich eine leichte Prellung festzustellen war, die keine weitere Therapie erforderte, wie er anhand der vor Gericht projizierten Bilder der Scanneruntersuchung belegte.

Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, ob er bei diesem Befund die Ruhigstellung des Kindes über längere Zeit befürwortet hätte, meinte der Neurochirurg, er hätte die Sedierung vorsichtshalber noch bis zum Samstagabend, also einen Tag nach dem Unfall, aufrecht erhalten. Nota bene: Das Kind wurde am fünften Tag nach dem Unfall nach Brüssel verlegt, wo es starb, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.