Politik scheint dabei zu einer Art Mikadospiel zu verkommen. Nach dem Motto, wer sich zuerst bewegt, lies eine schlechte Nachricht kommuniziert, hat in der öffentlichen Meinung verloren.
Offiziell bestätigen wollte die Information keiner der Politiker, die wir am Montag kontaktierten, Tageblatt-Informationen zufolge laufen auf Koalitionsebene derzeit aber intensive Diskussionen darüber, wie das Ziel, bis 2014 zu einem ausgeglichenen Staatshaushalt zu kommen, angesichts des drohenden Nullwachstums im laufenden Jahr erreicht werden kann. CSV-Nationalpräsident Michel Wolter hat am Samstag die Gerüchteküche vollends zum Überkochen gebracht, nachdem Finanzminister Luc Frieden sie zwei Wochen zuvor bereits angeheizt hatte.
Vor dem Nationalkongress der CSJ, der Jugendorganisation der Christlich-Sozialen, erinnerte Wolter nachdrücklich daran, dass Luxemburg seinen Staatshaushalt „bis Ende 2014 ins Gleichgewicht bringen muss“. Das Land gebe jährlich zehn Prozent mehr aus, als es einnehme. Diese Milliarde belaste künftige Generationen. Für die zweite Hälfte der Legislaturperiode stünden „einschneidende Entscheidungen an“, so Wolter. Was genau diese Einschnitte sein könnten, das allerdings verriet er nicht.
Spekulationen?
Nichts als Spekulationen demnach? Wohl nicht ganz. Immerhin hatte Finanzminister Luc Frieden bereits Ende Januar die guten Zahlen des Jahres 2011 mit einem schlechten Ausblick auf 2012 verbunden. 2011 werde „voraussichtlich mit einem leichten Defizit abschließen“, hatte Frieden bei der Vorstellung der provisorischen Zahlen bemerkt.
Um seine skeptische Einstellung zu untermauern, hatte Frieden damals allerdings die Finanzsituation des Staates schlechtgeredet. „Weil die Einnahmen fast komplett sind, aber noch Ausgaben bis zum 31. März auf das Haushaltsjahr 2011 verbucht werden“ – so hatte er vor der Presse den Überschuss von 180 Millionen Euro erklärt.
Staatshaushalt 2014
Dass der luxemburgische Staatshaushalt entsprechend dem Diktat der EU-Kommission bis Ende 2014 ins Gleichgewicht gebracht werden soll, hinter diesem Ziel stand und steht auch der Koalitionspartner LSAP. Da gibt es kein neues Moment in der Diskussion, meint Fraktionschef Lucien Lux. Dieses Ziel sei in den vergangenen Wochen nochmals bekräftigt worden. Aufgrund der definitiven Zahlen für das Jahr 2011 und der ersten provisorischen Zahlen für das erste Trimester 2012 müsse man sehen, welche Anstrengungen notwendig seien, um dieses Ziel zu erreichen. Für Lux gibt es drei mögliche Ansatzpunkte: Kürzungen bei den Ausgaben, neue Einnahmequellen und Neuausrichtung der öffentlichen Investitionen.
Dass es 2012 zu einer Überprüfung des luxemburgischen Stabilitätsprogramms kommt, ist Teil des 2010 getroffenen Kompromisses zwischen den Koalitionsparteien. Finanzminister Luc Frieden hatte damals alle mit einem strengen Austeritätskurs überrumpelt und damit für erhebliche Verwerfungen innerhalb der Koalition gesorgt. Am Ende wurde sich darauf geeinigt, das Sparprogramm des Finanzministers in einer ersten Phase nur teilweise umzusetzen und es nach zwei Jahren einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.
Bei dieser Überprüfung werden dann auch andere Elemente wieder auf den Tisch kommen.
Die Versuchsballons des Gilles Roth
Eine Reihe von Pisten hatte Budgetberichterstatter Gilles Roth von der CSV bereits Ende Dezember 2011 aufgezeigt. Etwa die Anhebung der TVA (Mehrwertsteuer) von derzeit 15 auf 18 Prozent. Oder die Wiedereinführung der Krisensteuer. Das müsse technisch nicht mal auf den 1. Januar erfolgen, sondern könne auch während des Jahrs stattfinden, hatte er vermerkt.
Die Überlegungen Roths waren bei den Debatten allerdings etwas untergegangen. Alex Bodry sind sie allerdings noch in guter Erinnerung. „Indirekte Steuern sind immer sozial ungerecht“, gibt er zu bedenken. In dieser Diskussion wird es neben der Krisensteuer auch wieder um Dinge wie den Spitzensteuersatz und den Index gehen, meint er.
Wobei dieser letzte Punkt in der Zwischenzeit allerdings politisch entschärft wurde. Zumindest teilweise mit der bis Ende 2014 laufenden Begrenzung auf maximal eine Tranche pro Jahr. Was die Zusammensetzung des Index-Warenkorbs angeht, so „wird es keine Änderung ohne den Segen der Gewerkschaften geben“, betont Bodry.
Orientierungsdebatte
In der letzten Märzwoche dürfen auch die Abgeordneten im Rahmen einer Orientierungsdebatte ihre Ideen vorbringen. Zu dem Zeitpunkt wird das aktualisierte Stabilitätsprogramm der Regierung aber wohl schon weitgehend stehen. Es muss bis zum 15. April bei der EU-Kommission eingereicht werden.
Die 13 LSAP-Abgeordneten müssen sich zuvor, am 25. März allerdings noch einem Parteikongress stellen.
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