Die EU-Staaten streiten mitten in der Wirtschaftskrise über den Königsweg für mehr Wachstum. Der britische Premierminister David Cameron beschwerte sich beim EU-Gipfel darüber, dass ein von ihm gemeinsam mit elf weiteren Staatenlenkern verfasster Plan für mehr Wachstum und Beschäftigung ignoriert worden sei. Stattdessen werde ein von Frankreich und Deutschland entworfenes Papier favorisiert. Das berichteten Diplomaten am Donnerstagabend am Rande des Spitzentreffens in Brüssel.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten den Brief der Zwölf nicht unterschrieben. Cameron sei frustriert, hieß es. Der Brite, der niederländische Regierungschef Mark Rutte und andere hatten unter anderem gefordert, den Markt für Dienstleistungen in der EU stärker als bisher zu öffnen und einen gemeinsamen Digitalmarkt zu schaffen. Der konservative Cameron sagte zum Auftakt des Treffens: „Europa steht nicht nur vor einer Schuldenkrise, Europa steht auch vor einer Wachstumskrise.“
Geldflut
Die EZB hatte am Vortag zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate zinsgünstige Kredite von über einer halben Billion Euro an die Banken vergeben, um eine gefährliche Kreditklemme zu verhindern. Wackelkandidaten wie Italien und Spanien können sich zu vergleichsweise günstigen Zinsen neues Geld beschaffen.
Die „Chefs“ beschlossen einstimmig, dass der Belgier Herman Van Rompuy für weitere zweieinhalb Jahre Chef der EU-Gipfel bleibt. Van Rompuy ist als ständiger EU-Ratspräsident für die Einberufung, Moderation und Organisation von Gipfeltreffen zuständig. In Zukunft soll er auch die regelmäßigen Treffen der Eurozonen-Länder leiten.
Hilfszahlungen
In der Schuldenkrise gibt es vorsichtigen Optimismus. Die Euro-Finanzminister einigten sich unmittelbar vor Beginn des Gipfels darauf, dass Schuldensünder Griechenland schon in der kommenden Woche mit der Freigabe des zweiten Hilfspakets in Höhe von 130 Milliarden Euro rechnen könne. Beschlüsse zu den Rettungsschirmen sollen noch im März fallen. Bisher soll der ständige Rettungsfonds ESM einen Umfang von 500 Milliarden Euro haben; in der Debatte ist eine Erhöhung auf eine Billion Euro oder mehr. Mit einer besseren Ausstattung sollen die Ansteckungsgefahren im Eurogebiet sinken.
Unmittelbar vor Beginn des Gipfels gab Rumänien nach langem Tauziehen seinen Widerstand gegen die Annäherung Serbiens an die EU auf. Zuvor hatte Belgrad im Streit um die rumänischsprachige Minderheit der Walachen (Vlachen) eingelenkt. Mit der Einigung war das letzte Hindernis für Serbien ausgeräumt – damit ein Land Beitrittskandidat werden kann, müssen alle EU-Staaten zustimmen.
De Maart

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