Noch dieses Jahr will das Gesundheitsministerium eine Studie über die Vor- und Nachteile eines Entschädigungssystems für Opfer eines „aléa thérapeutique“ anfertigen lassen. Diese Studie soll bis Ende dieses Jahres vorliegen. Das sagte Gesundheitsminister Mars di Bartolomeo gestern als Reaktion auf einen kürzlichen Richterspruch des Kassationsgerichts, der die Rechtsprechung im medizinischen Bereich verändern könnte.
Bereits am Dienstag berichtete das Tageblatt, dass das Kassationsgericht ein Urteil des Berufungsgerichts aufhob, demzufolge ein Patient im Falle einer Klage beweisen müsse, dass seine Infektion auf einen Fehler des Krankenhauses zurückzuführen sei. Das Kassationsgericht sieht nun die Krankenhäuser in einer Ergebnispflicht („obligation de résultat“). Das Berufungsgericht hatte 2011 eine Klage von Eltern abgelehnt, deren Kind im Krankenhaus infiziert wurde.
Rechte der Patienten gestärkt
Di Bartolomeo zeigte sich dem Tageblatt gegenüber erfreut über die Entscheidung des Kassationsgerichts. Es sei immer positiv, wenn die Rechte von Patienten, die ohne ihr eigenes Zutun krank würden, gestärkt werden. Leider sei es aber so, dass nicht jede Infektion vermieden werden könne.
Körperlich schwache Patienten seien eher der Gefahr einer Infektion ausgesetzt als gesunde. Man müsse aber wissen, betonte der Minister, dass lange nicht jede nosokomiale Infektion Schäden hinterlasse.
Wendung durch Richterspruch
Justizsprecher Henri Eippers zufolge „kritt dat Ganzt elo eng aner Nues“. Das Entscheidende bei dem Richterspruch sei die Wendung von einer „obligation de moyen“ zu einer „obligation de sécurité de résultat“ für die Krankenhäuser. Früher seien Krankenhäuser als „bon père de famille“ verpflichtet gewesen, alles Mögliche für den Patienten zu tun.
Das Kassationsgericht geht nun aber von einer Ergebnispflicht aus („obligation de sécurité résultat“); d.h. das Krankenhaus sei dafür verantwortlich, dass der Patient wieder heil und gesund nach Hause geht. Der Patient müsse nun nicht mehr beweisen, dass dem Krankenhaus ein Fehler unterlaufen war, sondern das Krankenhaus müsse beweisen, dass bei der Infektion entweder höhere Gewalt vorliege oder aber der Patient schon infiziert gewesen sei, ehe er ins Krankenhaus kam.
Ausländischen Schätzungen zufolge könnten 30 Prozent der nosokomialen Infektionen vermieden werden, sagt der Gesundheitsminister. Allerdings zu einem hohen Preis: Der Patient müsse quasi in Einzelhaft genommen werden, so dass er keinen Kontakt zur Außenwelt mehr habe.
Keine Zahlen
In den vorigen zwölf Jahren hätten die Krankenhäuser große Anstrengungen in dem Bereich gemacht. So stellten Spitäler Hygienefachkräfte ein, um das Infektionsrisiko zu senken.
Offizielle Zahlen über Krankenhausinfektionen gibt es in Luxemburg so gut wie keine. Erst im November vorigen Jahres hatte die Uniklinik Jena eine Studie zu dem Thema vorgestellt, derzufolge 4,3 Prozent aller Patienten, deren Daten untersucht wurden, sich eine nosokomiale Infektion zugezogen haben.
Hierzulande gibt es weder ein nationales Register für Krankenhausinfektionen noch eine Meldepflicht für die Krankenhäuser. Der Idee einer Meldepflicht für nosokomiale Infektionen steht der Minister allerdings positiv gegenüber.
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